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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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15.
Dann ruht, mit stillem liebevollen
Entzükten blik, der junge Mann auf ihr,
Und seine seele schwillt, und süße thränen rollen
Die dunkle wang' herab. Tief schweiget die begier!
Sie ist ein überirdisch Wesen
Das ihm zum trost erscheint -- er ist beglükt genug,
Daß er sie lieben darf, und o! in jedem zug,
In jedem keuschen blik, daß er geliebt ist, lesen!
16.
Oft sitzen sie, der fromme freundliche Greis
In ihrer mitt', Amanda seine rechte
In ihrer linken hand, und hören halbe nächte
Ihm zu, von seiner langen lebensreis'
Ein stük, das ihm lebendig wird, erzählen.
Vom antheil, den die warmen jungen seelen
An allem nehmen, wird's ihm selber warm dabey,
Dann werden unvermerkt aus zwoo geschichten drey.
17.
Zuweilen, um den geist des trübsinns zu beschwören,
Der, wenn die flur in dumpfer stille traurt,
Im schneegewölk mit eulenflügeln laurt,
Läßt Hüon seine kunst auf einer harfe hören,
Die er von ungefähr in einem winkel fand,
Lang ungebraucht, verstimmt, und kaum noch halb bespannt:
Doch scheint das schnarrende holz von Orfeus geist beseelet,
Sobald sich Rezia's gesang mit ihm vermählet.
18. Oft
15.
Dann ruht, mit ſtillem liebevollen
Entzuͤkten blik, der junge Mann auf ihr,
Und ſeine ſeele ſchwillt, und ſuͤße thraͤnen rollen
Die dunkle wang' herab. Tief ſchweiget die begier!
Sie iſt ein uͤberirdiſch Weſen
Das ihm zum troſt erſcheint — er iſt begluͤkt genug,
Daß er ſie lieben darf, und o! in jedem zug,
In jedem keuſchen blik, daß er geliebt iſt, leſen!
16.
Oft ſitzen ſie, der fromme freundliche Greis
In ihrer mitt', Amanda ſeine rechte
In ihrer linken hand, und hoͤren halbe naͤchte
Ihm zu, von ſeiner langen lebensreiſ'
Ein ſtuͤk, das ihm lebendig wird, erzaͤhlen.
Vom antheil, den die warmen jungen ſeelen
An allem nehmen, wird's ihm ſelber warm dabey,
Dann werden unvermerkt aus zwoo geſchichten drey.
17.
Zuweilen, um den geiſt des truͤbſinns zu beſchwoͤren,
Der, wenn die flur in dumpfer ſtille traurt,
Im ſchneegewoͤlk mit eulenfluͤgeln laurt,
Laͤßt Huͤon ſeine kunſt auf einer harfe hoͤren,
Die er von ungefaͤhr in einem winkel fand,
Lang ungebraucht, verſtimmt, und kaum noch halb beſpannt:
Doch ſcheint das ſchnarrende holz von Orfeus geiſt beſeelet,
Sobald ſich Rezia's geſang mit ihm vermaͤhlet.
18. Oft
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[0213] 15. Dann ruht, mit ſtillem liebevollen Entzuͤkten blik, der junge Mann auf ihr, Und ſeine ſeele ſchwillt, und ſuͤße thraͤnen rollen Die dunkle wang' herab. Tief ſchweiget die begier! Sie iſt ein uͤberirdiſch Weſen Das ihm zum troſt erſcheint — er iſt begluͤkt genug, Daß er ſie lieben darf, und o! in jedem zug, In jedem keuſchen blik, daß er geliebt iſt, leſen! 16. Oft ſitzen ſie, der fromme freundliche Greis In ihrer mitt', Amanda ſeine rechte In ihrer linken hand, und hoͤren halbe naͤchte Ihm zu, von ſeiner langen lebensreiſ' Ein ſtuͤk, das ihm lebendig wird, erzaͤhlen. Vom antheil, den die warmen jungen ſeelen An allem nehmen, wird's ihm ſelber warm dabey, Dann werden unvermerkt aus zwoo geſchichten drey. 17. Zuweilen, um den geiſt des truͤbſinns zu beſchwoͤren, Der, wenn die flur in dumpfer ſtille traurt, Im ſchneegewoͤlk mit eulenfluͤgeln laurt, Laͤßt Huͤon ſeine kunſt auf einer harfe hoͤren, Die er von ungefaͤhr in einem winkel fand, Lang ungebraucht, verſtimmt, und kaum noch halb beſpannt: Doch ſcheint das ſchnarrende holz von Orfeus geiſt beſeelet, Sobald ſich Rezia's geſang mit ihm vermaͤhlet. 18. Oft

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/213>, abgerufen am 26.12.2024.