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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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33.
Es sind zwölf stunden kaum, seit eine räuberschaar
Amanden mir entriß, mir, der am ödsten strande
Allein mit ihr und unbewafnet war.
Sie führen sie vielleicht in diese lande,
Nach Maroc oder Fez, gewiß nach einem plaz
Wo hoffnung ist, sie theuer zu verkaufen:
Allein kein Harem soll mir meinen höchsten schaz
Entziehen, sollt ich auch die ganze Welt durchlaufen.
34.
Der Alte sinnt der sache schweigend nach.
"Die Gegend, wo ihr euch mit Rezia befunden,
Ist also wohl nur wenig stunden
Von hier entfernt?" -- Nicht daß ich wüßte, sprach
Der junge Fürst; vielleicht sinds tausend stunden:
Mich trug, unendlich schnell, ich weiß nicht wer,
(Doch wohl ein Geist) aus einem Wald hieher,
Wo mich das räubervolk an einen Baum gebunden.
35.
Das hat, ruft jener aus, kein andrer Arm gethan
Als Oberon's. Ich selber, spricht der Ritter
Ich trau ihm's zu, und nehm's als ein Versprechen an,
Er werde mehr noch thun. So bitter
Die Trennung ist, so schreckenvoll das bild
Des holden Weibs in wilden räuberklauen;
Dies neue Wunder, Freund, erfüllt
Mein neubelebtes herz mit hoffnung und vertrauen.
36. Der
33.
Es ſind zwoͤlf ſtunden kaum, ſeit eine raͤuberſchaar
Amanden mir entriß, mir, der am oͤdſten ſtrande
Allein mit ihr und unbewafnet war.
Sie fuͤhren ſie vielleicht in dieſe lande,
Nach Maroc oder Fez, gewiß nach einem plaz
Wo hoffnung iſt, ſie theuer zu verkaufen:
Allein kein Harem ſoll mir meinen hoͤchſten ſchaz
Entziehen, ſollt ich auch die ganze Welt durchlaufen.
34.
Der Alte ſinnt der ſache ſchweigend nach.
„Die Gegend, wo ihr euch mit Rezia befunden,
Iſt alſo wohl nur wenig ſtunden
Von hier entfernt?“ — Nicht daß ich wuͤßte, ſprach
Der junge Fuͤrſt; vielleicht ſinds tauſend ſtunden:
Mich trug, unendlich ſchnell, ich weiß nicht wer,
(Doch wohl ein Geiſt) aus einem Wald hieher,
Wo mich das raͤubervolk an einen Baum gebunden.
35.
Das hat, ruft jener aus, kein andrer Arm gethan
Als Oberon's. Ich ſelber, ſpricht der Ritter
Ich trau ihm's zu, und nehm's als ein Verſprechen an,
Er werde mehr noch thun. So bitter
Die Trennung iſt, ſo ſchreckenvoll das bild
Des holden Weibs in wilden raͤuberklauen;
Dies neue Wunder, Freund, erfuͤllt
Mein neubelebtes herz mit hoffnung und vertrauen.
36. Der
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[0257] 33. Es ſind zwoͤlf ſtunden kaum, ſeit eine raͤuberſchaar Amanden mir entriß, mir, der am oͤdſten ſtrande Allein mit ihr und unbewafnet war. Sie fuͤhren ſie vielleicht in dieſe lande, Nach Maroc oder Fez, gewiß nach einem plaz Wo hoffnung iſt, ſie theuer zu verkaufen: Allein kein Harem ſoll mir meinen hoͤchſten ſchaz Entziehen, ſollt ich auch die ganze Welt durchlaufen. 34. Der Alte ſinnt der ſache ſchweigend nach. „Die Gegend, wo ihr euch mit Rezia befunden, Iſt alſo wohl nur wenig ſtunden Von hier entfernt?“ — Nicht daß ich wuͤßte, ſprach Der junge Fuͤrſt; vielleicht ſinds tauſend ſtunden: Mich trug, unendlich ſchnell, ich weiß nicht wer, (Doch wohl ein Geiſt) aus einem Wald hieher, Wo mich das raͤubervolk an einen Baum gebunden. 35. Das hat, ruft jener aus, kein andrer Arm gethan Als Oberon's. Ich ſelber, ſpricht der Ritter Ich trau ihm's zu, und nehm's als ein Verſprechen an, Er werde mehr noch thun. So bitter Die Trennung iſt, ſo ſchreckenvoll das bild Des holden Weibs in wilden raͤuberklauen; Dies neue Wunder, Freund, erfuͤllt Mein neubelebtes herz mit hoffnung und vertrauen. 36. Der

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/257>, abgerufen am 10.11.2024.