Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
51.
Angst, freude, lieb und schmerz, mahlt, während Fatme spricht,
Sich wechselsweis in Hüons angesicht.
Daß es Amande sey, scheint ihm, je mehr er denket,
Je minder zweifelhaft. Es zeigt sich sonnenklar,
Daß Oberon, wiewohl noch unsichtbar,
Die zügel seines schiksals wieder lenket.
Wohlan dann, Freunde, spricht er, rathet nun,
Was meynet ihr? Was ist nunmehr zu thun?
52.
Dem Sultan mit gewalt Amanden zu entreißen,
Das würde Roland selbst kaum wagen gutzuheißen,
Erwiedert Scherasmin; wiewohl es rathsam ist,
Uns ingeheim, auf alles was geschehen
Und nicht geschehen kann, mit waffen zu versehen.
Doch, vor der hand, versuchen wirs mit list!
Wie, wenn ihr, da ihr euch doch nicht des grabens schämet,
Beym Ibrahim als gärtner dienste nähmet?
53.
Gesezt, der Alte macht auch anfangs schwierigkeit,
Er sieht euch schärfer an, und schüttelt
Sein weises haupt; mir ist dafür nicht leid;
Ein schöner diamant hat manches schon vermittelt.
Laßt diese sorge mir, Herr Ritter! Zwischen heut
Und morgen sehn wir euch, troz aller schwierigkeit,
Zum nettsten gärtnerschurz betittelt;
Das weitre überlaßt dem Himmel und der zeit.
54. Der
R
51.
Angſt, freude, lieb und ſchmerz, mahlt, waͤhrend Fatme ſpricht,
Sich wechſelsweis in Huͤons angeſicht.
Daß es Amande ſey, ſcheint ihm, je mehr er denket,
Je minder zweifelhaft. Es zeigt ſich ſonnenklar,
Daß Oberon, wiewohl noch unſichtbar,
Die zuͤgel ſeines ſchikſals wieder lenket.
Wohlan dann, Freunde, ſpricht er, rathet nun,
Was meynet ihr? Was iſt nunmehr zu thun?
52.
Dem Sultan mit gewalt Amanden zu entreißen,
Das wuͤrde Roland ſelbſt kaum wagen gutzuheißen,
Erwiedert Scherasmin; wiewohl es rathſam iſt,
Uns ingeheim, auf alles was geſchehen
Und nicht geſchehen kann, mit waffen zu verſehen.
Doch, vor der hand, verſuchen wirs mit liſt!
Wie, wenn ihr, da ihr euch doch nicht des grabens ſchaͤmet,
Beym Ibrahim als gaͤrtner dienſte naͤhmet?
53.
Geſezt, der Alte macht auch anfangs ſchwierigkeit,
Er ſieht euch ſchaͤrfer an, und ſchuͤttelt
Sein weiſes haupt; mir iſt dafuͤr nicht leid;
Ein ſchoͤner diamant hat manches ſchon vermittelt.
Laßt dieſe ſorge mir, Herr Ritter! Zwiſchen heut
Und morgen ſehn wir euch, troz aller ſchwierigkeit,
Zum nettſten gaͤrtnerſchurz betittelt;
Das weitre uͤberlaßt dem Himmel und der zeit.
54. Der
R
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0263"/>
            <lg n="51">
              <head> <hi rendition="#c">51.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">A</hi>ng&#x017F;t, freude, lieb und &#x017F;chmerz, mahlt, wa&#x0364;hrend Fatme &#x017F;pricht,</l><lb/>
              <l>Sich wech&#x017F;elsweis in Hu&#x0364;ons ange&#x017F;icht.</l><lb/>
              <l>Daß es Amande &#x017F;ey, &#x017F;cheint ihm, je mehr er denket,</l><lb/>
              <l>Je minder zweifelhaft. Es zeigt &#x017F;ich &#x017F;onnenklar,</l><lb/>
              <l>Daß Oberon, wiewohl noch un&#x017F;ichtbar,</l><lb/>
              <l>Die zu&#x0364;gel &#x017F;eines &#x017F;chik&#x017F;als wieder lenket.</l><lb/>
              <l>Wohlan dann, Freunde, &#x017F;pricht er, rathet nun,</l><lb/>
              <l>Was meynet ihr? Was i&#x017F;t nunmehr zu thun?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="52">
              <head> <hi rendition="#c">52.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">D</hi>em Sultan mit gewalt Amanden zu entreißen,</l><lb/>
              <l>Das wu&#x0364;rde Roland &#x017F;elb&#x017F;t kaum wagen gutzuheißen,</l><lb/>
              <l>Erwiedert Scherasmin; wiewohl es rath&#x017F;am i&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Uns ingeheim, auf alles was ge&#x017F;chehen</l><lb/>
              <l>Und nicht ge&#x017F;chehen kann, mit waffen zu ver&#x017F;ehen.</l><lb/>
              <l>Doch, vor der hand, ver&#x017F;uchen wirs mit li&#x017F;t!</l><lb/>
              <l>Wie, wenn ihr, da ihr euch doch nicht des grabens &#x017F;cha&#x0364;met,</l><lb/>
              <l>Beym Ibrahim als ga&#x0364;rtner dien&#x017F;te na&#x0364;hmet?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="53">
              <head> <hi rendition="#c">53.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">G</hi>e&#x017F;ezt, der Alte macht auch anfangs &#x017F;chwierigkeit,</l><lb/>
              <l>Er &#x017F;ieht euch &#x017F;cha&#x0364;rfer an, und &#x017F;chu&#x0364;ttelt</l><lb/>
              <l>Sein wei&#x017F;es haupt; mir i&#x017F;t dafu&#x0364;r nicht leid;</l><lb/>
              <l>Ein &#x017F;cho&#x0364;ner diamant hat manches &#x017F;chon vermittelt.</l><lb/>
              <l>Laßt die&#x017F;e &#x017F;orge mir, Herr Ritter! Zwi&#x017F;chen heut</l><lb/>
              <l>Und morgen &#x017F;ehn wir euch, troz aller &#x017F;chwierigkeit,</l><lb/>
              <l>Zum nett&#x017F;ten ga&#x0364;rtner&#x017F;churz betittelt;</l><lb/>
              <l>Das weitre u&#x0364;berlaßt dem Himmel und der zeit.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">R</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">54. Der</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0263] 51. Angſt, freude, lieb und ſchmerz, mahlt, waͤhrend Fatme ſpricht, Sich wechſelsweis in Huͤons angeſicht. Daß es Amande ſey, ſcheint ihm, je mehr er denket, Je minder zweifelhaft. Es zeigt ſich ſonnenklar, Daß Oberon, wiewohl noch unſichtbar, Die zuͤgel ſeines ſchikſals wieder lenket. Wohlan dann, Freunde, ſpricht er, rathet nun, Was meynet ihr? Was iſt nunmehr zu thun? 52. Dem Sultan mit gewalt Amanden zu entreißen, Das wuͤrde Roland ſelbſt kaum wagen gutzuheißen, Erwiedert Scherasmin; wiewohl es rathſam iſt, Uns ingeheim, auf alles was geſchehen Und nicht geſchehen kann, mit waffen zu verſehen. Doch, vor der hand, verſuchen wirs mit liſt! Wie, wenn ihr, da ihr euch doch nicht des grabens ſchaͤmet, Beym Ibrahim als gaͤrtner dienſte naͤhmet? 53. Geſezt, der Alte macht auch anfangs ſchwierigkeit, Er ſieht euch ſchaͤrfer an, und ſchuͤttelt Sein weiſes haupt; mir iſt dafuͤr nicht leid; Ein ſchoͤner diamant hat manches ſchon vermittelt. Laßt dieſe ſorge mir, Herr Ritter! Zwiſchen heut Und morgen ſehn wir euch, troz aller ſchwierigkeit, Zum nettſten gaͤrtnerſchurz betittelt; Das weitre uͤberlaßt dem Himmel und der zeit. 54. Der R

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/263
Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/263>, abgerufen am 29.05.2024.