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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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9.
Der zweyte morgen war dem sehnlichen verlangen
Der Haremskönigin nun endlich aufgegangen;
Goldlockicht, schön und rosenathmend stieg
Er, wie der Herold, auf, der ihr den schönsten sieg
Verkündigte: schon säuselt durch die Myrten
Die, dicht verwebt, der Grotten schönste gürten,
Ein leichter morgenwind, und tausendstimmig schallt
Der vögel frühes chor im nahgelegnen wald:
10.
Doch um die grotte her ist unterm myrtenlaube
In ew'ger dämmerung das heiligthum der Ruh.
Hier girret nur die sanfte Turteltaube
Dem Tauber ihre sehnsucht zu.
In diesen lieblichen gebüschen,
Dem dunkeln siz verborgner einsamkeit,
Pflegt öfters sich zur stillen morgenzeit
Almansaris mit baden zu erfrischen.
11.
Der anmutsvolle morgen rief
Den schönen Hassan auf, indeß noch alles schlief,
Die blumenkörbe voll zu pflücken,
Die er, mit jedem tag, dem Harem zuzuschicken
Verbunden war: als ihm ein Sclav entgegenlief
Und keuchend ihm befahl die grotte aufzuschmücken.
Der Neger fügt, zur eil' ihn anzuspornen, bey,
Daß eine Dame dort zu baden willens sey.
12. Ver-
9.
Der zweyte morgen war dem ſehnlichen verlangen
Der Haremskoͤnigin nun endlich aufgegangen;
Goldlockicht, ſchoͤn und roſenathmend ſtieg
Er, wie der Herold, auf, der ihr den ſchoͤnſten ſieg
Verkuͤndigte: ſchon ſaͤuſelt durch die Myrten
Die, dicht verwebt, der Grotten ſchoͤnſte guͤrten,
Ein leichter morgenwind, und tauſendſtimmig ſchallt
Der voͤgel fruͤhes chor im nahgelegnen wald:
10.
Doch um die grotte her iſt unterm myrtenlaube
In ew'ger daͤmmerung das heiligthum der Ruh.
Hier girret nur die ſanfte Turteltaube
Dem Tauber ihre ſehnſucht zu.
In dieſen lieblichen gebuͤſchen,
Dem dunkeln ſiz verborgner einſamkeit,
Pflegt oͤfters ſich zur ſtillen morgenzeit
Almanſaris mit baden zu erfriſchen.
11.
Der anmutsvolle morgen rief
Den ſchoͤnen Haſſan auf, indeß noch alles ſchlief,
Die blumenkoͤrbe voll zu pfluͤcken,
Die er, mit jedem tag, dem Harem zuzuſchicken
Verbunden war: als ihm ein Sclav entgegenlief
Und keuchend ihm befahl die grotte aufzuſchmuͤcken.
Der Neger fuͤgt, zur eil' ihn anzuſpornen, bey,
Daß eine Dame dort zu baden willens ſey.
12. Ver-
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[0291] 9. Der zweyte morgen war dem ſehnlichen verlangen Der Haremskoͤnigin nun endlich aufgegangen; Goldlockicht, ſchoͤn und roſenathmend ſtieg Er, wie der Herold, auf, der ihr den ſchoͤnſten ſieg Verkuͤndigte: ſchon ſaͤuſelt durch die Myrten Die, dicht verwebt, der Grotten ſchoͤnſte guͤrten, Ein leichter morgenwind, und tauſendſtimmig ſchallt Der voͤgel fruͤhes chor im nahgelegnen wald: 10. Doch um die grotte her iſt unterm myrtenlaube In ew'ger daͤmmerung das heiligthum der Ruh. Hier girret nur die ſanfte Turteltaube Dem Tauber ihre ſehnſucht zu. In dieſen lieblichen gebuͤſchen, Dem dunkeln ſiz verborgner einſamkeit, Pflegt oͤfters ſich zur ſtillen morgenzeit Almanſaris mit baden zu erfriſchen. 11. Der anmutsvolle morgen rief Den ſchoͤnen Haſſan auf, indeß noch alles ſchlief, Die blumenkoͤrbe voll zu pfluͤcken, Die er, mit jedem tag, dem Harem zuzuſchicken Verbunden war: als ihm ein Sclav entgegenlief Und keuchend ihm befahl die grotte aufzuſchmuͤcken. Der Neger fuͤgt, zur eil' ihn anzuſpornen, bey, Daß eine Dame dort zu baden willens ſey. 12. Ver-

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/291>, abgerufen am 22.12.2024.