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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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18.
In süßem irrthum steht er da
Und glaubt (doch nur zween Augenblicke)
So schön ist was er sieht, er sehe Rezia.
Allein, mit Recht mißtrauisch einem glücke
Das ihm ungläublich däucht, tritt er ihr näher, sieht,
Erkennt Almansaris, und wendet sich und flieht.
Er flieht, und fühlt im fliehn von zween elastischrunden
Milchweißen armen sich gefangen und umwunden.
19.
Er kämpft den schwersten kampf, den je, seit Josephs zeit,
Ein Mann gekämpft, den edeln kampf der Tugend
Und Liebestreu und feuervollen Jugend
Mit Schönheit, Reiz und heißer Ueppigkeit.
Sein Will' ist rein von sträflichem entzücken;
Allein, wie lange wird er ihrem süßen flehn,
Den küssen voller glut, dem zärtlichwilden drücken
An ihren busen, widerstehn?
20.
O Oberon, wo ist dein lilienstängel,
Wo ist dein horn in dieser fährlichkeit?
Er ruft Amanden, Oberon, alle Engel
Und Heilige zu hülf' -- Und noch zu rechter zeit
Kömmt hülf' ihm zu. Denn just, da jede Sehne
Ermatten will zu längerm widerstehn,
Und mit wollüstger wut ihn die erhizte Schöne
Fast überwältigt hat -- läßt sich Almansor sehn.
21. Gleich
18.
In ſuͤßem irrthum ſteht er da
Und glaubt (doch nur zween Augenblicke)
So ſchoͤn iſt was er ſieht, er ſehe Rezia.
Allein, mit Recht mißtrauiſch einem gluͤcke
Das ihm unglaͤublich daͤucht, tritt er ihr naͤher, ſieht,
Erkennt Almanſaris, und wendet ſich und flieht.
Er flieht, und fuͤhlt im fliehn von zween elaſtiſchrunden
Milchweißen armen ſich gefangen und umwunden.
19.
Er kaͤmpft den ſchwerſten kampf, den je, ſeit Joſephs zeit,
Ein Mann gekaͤmpft, den edeln kampf der Tugend
Und Liebestreu und feuervollen Jugend
Mit Schoͤnheit, Reiz und heißer Ueppigkeit.
Sein Will' iſt rein von ſtraͤflichem entzuͤcken;
Allein, wie lange wird er ihrem ſuͤßen flehn,
Den kuͤſſen voller glut, dem zaͤrtlichwilden druͤcken
An ihren buſen, widerſtehn?
20.
O Oberon, wo iſt dein lilienſtaͤngel,
Wo iſt dein horn in dieſer faͤhrlichkeit?
Er ruft Amanden, Oberon, alle Engel
Und Heilige zu huͤlf' — Und noch zu rechter zeit
Koͤmmt huͤlf' ihm zu. Denn juſt, da jede Sehne
Ermatten will zu laͤngerm widerſtehn,
Und mit wolluͤſtger wut ihn die erhizte Schoͤne
Faſt uͤberwaͤltigt hat — laͤßt ſich Almanſor ſehn.
21. Gleich
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[0294] 18. In ſuͤßem irrthum ſteht er da Und glaubt (doch nur zween Augenblicke) So ſchoͤn iſt was er ſieht, er ſehe Rezia. Allein, mit Recht mißtrauiſch einem gluͤcke Das ihm unglaͤublich daͤucht, tritt er ihr naͤher, ſieht, Erkennt Almanſaris, und wendet ſich und flieht. Er flieht, und fuͤhlt im fliehn von zween elaſtiſchrunden Milchweißen armen ſich gefangen und umwunden. 19. Er kaͤmpft den ſchwerſten kampf, den je, ſeit Joſephs zeit, Ein Mann gekaͤmpft, den edeln kampf der Tugend Und Liebestreu und feuervollen Jugend Mit Schoͤnheit, Reiz und heißer Ueppigkeit. Sein Will' iſt rein von ſtraͤflichem entzuͤcken; Allein, wie lange wird er ihrem ſuͤßen flehn, Den kuͤſſen voller glut, dem zaͤrtlichwilden druͤcken An ihren buſen, widerſtehn? 20. O Oberon, wo iſt dein lilienſtaͤngel, Wo iſt dein horn in dieſer faͤhrlichkeit? Er ruft Amanden, Oberon, alle Engel Und Heilige zu huͤlf' — Und noch zu rechter zeit Koͤmmt huͤlf' ihm zu. Denn juſt, da jede Sehne Ermatten will zu laͤngerm widerſtehn, Und mit wolluͤſtger wut ihn die erhizte Schoͤne Faſt uͤberwaͤltigt hat — laͤßt ſich Almanſor ſehn. 21. Gleich

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/294>, abgerufen am 22.12.2024.