den, sobald sein Leben einer Menschheit angehört, die mit ihm und mit sich selbst sympathisirt und gleichsam aus einem Zeuge gewebt ist. Da denke ich mir den Aesthetiker, wie er zunächst aus dem tausendfältig Gegebenen, vermöge eines Akts poetisch divinirender Abstraktion, die einfache For¬ mel des ästhetischen Bewußtseins oder, was das¬ selbe, der zeitig lebendigen Weltanschauung auf¬ sucht. Hat sich ihm diese ahnungsvoll erschlossen, so mag er sie im Eingang seines Werkes ausspre¬ chen, als eine Definition der Schönheit, womit auch die modernen Aesthetiker den Anfang zu ma¬ chen pflegen, und daß in ihrer geschichtlosen und todten Weise der Begriff der Schönheit zur allge¬ meinen Abstraktion wird, während sie bei jenem eine konkrete Innigkeit gewinnt, da er sie aus den schönsten Blüthen der Gegenwart selbst aus¬ gesogen und eingeathmet hat. So mochte z. B. der indische Aesthetiker auftreten und sagen, die Schönheit, oder das, was gefällt, ist der Ueber¬ oder Untergang des Wirklichen und Natürlichen in Brahm, das hieße bei uns, in das Nichts; der Grieche, die Schönheit oder das, was gefällt, ist die göttliche Idee der Einheit im Mannigfalti¬ gen und Wirklichen, welche verklärt zur Erscheinung kommt; eine Absorbtion des Geistigen durch das Sinnliche; der Christ, die Schönheit oder das,
den, ſobald ſein Leben einer Menſchheit angehoͤrt, die mit ihm und mit ſich ſelbſt ſympathiſirt und gleichſam aus einem Zeuge gewebt iſt. Da denke ich mir den Aeſthetiker, wie er zunaͤchſt aus dem tauſendfaͤltig Gegebenen, vermoͤge eines Akts poetiſch divinirender Abſtraktion, die einfache For¬ mel des aͤſthetiſchen Bewußtſeins oder, was daſ¬ ſelbe, der zeitig lebendigen Weltanſchauung auf¬ ſucht. Hat ſich ihm dieſe ahnungsvoll erſchloſſen, ſo mag er ſie im Eingang ſeines Werkes ausſpre¬ chen, als eine Definition der Schoͤnheit, womit auch die modernen Aeſthetiker den Anfang zu ma¬ chen pflegen, und daß in ihrer geſchichtloſen und todten Weiſe der Begriff der Schoͤnheit zur allge¬ meinen Abſtraktion wird, waͤhrend ſie bei jenem eine konkrete Innigkeit gewinnt, da er ſie aus den ſchoͤnſten Bluͤthen der Gegenwart ſelbſt aus¬ geſogen und eingeathmet hat. So mochte z. B. der indiſche Aeſthetiker auftreten und ſagen, die Schoͤnheit, oder das, was gefaͤllt, iſt der Ueber¬ oder Untergang des Wirklichen und Natuͤrlichen in Brahm, das hieße bei uns, in das Nichts; der Grieche, die Schoͤnheit oder das, was gefaͤllt, iſt die goͤttliche Idee der Einheit im Mannigfalti¬ gen und Wirklichen, welche verklaͤrt zur Erſcheinung kommt; eine Abſorbtion des Geiſtigen durch das Sinnliche; der Chriſt, die Schoͤnheit oder das,
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den, ſobald ſein Leben einer Menſchheit angehoͤrt,
die mit ihm und mit ſich ſelbſt ſympathiſirt und
gleichſam aus einem Zeuge gewebt iſt. Da
denke ich mir den Aeſthetiker, wie er zunaͤchſt aus
dem tauſendfaͤltig Gegebenen, vermoͤge eines Akts
poetiſch divinirender Abſtraktion, die einfache For¬
mel des aͤſthetiſchen Bewußtſeins oder, was daſ¬
ſelbe, der zeitig lebendigen Weltanſchauung auf¬
ſucht. Hat ſich ihm dieſe ahnungsvoll erſchloſſen,
ſo mag er ſie im Eingang ſeines Werkes ausſpre¬
chen, als eine Definition der Schoͤnheit, womit
auch die modernen Aeſthetiker den Anfang zu ma¬
chen pflegen, und daß in ihrer geſchichtloſen und
todten Weiſe der Begriff der Schoͤnheit zur allge¬
meinen Abſtraktion wird, waͤhrend ſie bei jenem
eine konkrete Innigkeit gewinnt, da er ſie aus
den ſchoͤnſten Bluͤthen der Gegenwart ſelbſt aus¬
geſogen und eingeathmet hat. So mochte z. B.
der indiſche Aeſthetiker auftreten und ſagen, die
Schoͤnheit, oder das, was gefaͤllt, iſt der Ueber¬
oder Untergang des Wirklichen und Natuͤrlichen
in Brahm, das hieße bei uns, in das Nichts;
der Grieche, die Schoͤnheit oder das, was gefaͤllt,
iſt die goͤttliche Idee der Einheit im Mannigfalti¬
gen und Wirklichen, welche verklaͤrt zur Erſcheinung
kommt; eine Abſorbtion des Geiſtigen durch das
Sinnliche; der Chriſt, die Schoͤnheit oder das,
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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/144>, abgerufen am 21.11.2024.
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