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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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den geschichtlichen Wissenschaften gehört, so wird
ihm die kritische Betrachtung vorhandener Kunst¬
werke, des Lebens, der Sitten, der Zeitdichtun¬
gen und überhaupt der Produkte des Genies, den
Beschluß jener Kunstlehren bilden, wie sie in der
That auch ihren Anfang erst möglich machten.

Dieses ist in kurzen Zügen das Bild eines
Aesthetikers und einer Aesthetik, wie es mir vor¬
schwebt, vorschwebt, ohne daß ich die entfernteste
Möglichkeit sähe, wie es ein sterblicher Mensch
heut zu Tage realisiren könnte, weil Leben, Sit¬
ten, Künste, Dichtungen in einem widrigen Zwie¬
licht stehen, wie alles Charakteristische total unter¬
gegangen ist, weil noch die Zeit ihren Geist sucht,
der ihr abhanden gekommen ist, wie Peter Schle¬
mihl seinen Schatten und weil das, was man
vorläufig Zeitgeist nennt, bisher nur mehr nega¬
tive als positive Lebensäußerungen von sich gege¬
ben hat.

Was man bisher deutsche Aesthetik nannte,
war ein unästhetisches Gemengsel sogenannter ästhe¬
tischer Gesetze und Formen, woraus die Dichter
des Ramajana und Mahabarat, wonach Firdusi
und Sophokles, wonach Pindar und Horaz, Cal¬
deron, Shakspeare und Goethe, Jeder etwas und
Alle nichts hätten schöpfen können. So war auch
die Zeit zusammengemischt aus allen möglichen

den geſchichtlichen Wiſſenſchaften gehoͤrt, ſo wird
ihm die kritiſche Betrachtung vorhandener Kunſt¬
werke, des Lebens, der Sitten, der Zeitdichtun¬
gen und uͤberhaupt der Produkte des Genies, den
Beſchluß jener Kunſtlehren bilden, wie ſie in der
That auch ihren Anfang erſt moͤglich machten.

Dieſes iſt in kurzen Zuͤgen das Bild eines
Aeſthetikers und einer Aeſthetik, wie es mir vor¬
ſchwebt, vorſchwebt, ohne daß ich die entfernteſte
Moͤglichkeit ſaͤhe, wie es ein ſterblicher Menſch
heut zu Tage realiſiren koͤnnte, weil Leben, Sit¬
ten, Kuͤnſte, Dichtungen in einem widrigen Zwie¬
licht ſtehen, wie alles Charakteriſtiſche total unter¬
gegangen iſt, weil noch die Zeit ihren Geiſt ſucht,
der ihr abhanden gekommen iſt, wie Peter Schle¬
mihl ſeinen Schatten und weil das, was man
vorlaͤufig Zeitgeiſt nennt, bisher nur mehr nega¬
tive als poſitive Lebensaͤußerungen von ſich gege¬
ben hat.

Was man bisher deutſche Aeſthetik nannte,
war ein unaͤſthetiſches Gemengſel ſogenannter aͤſthe¬
tiſcher Geſetze und Formen, woraus die Dichter
des Ramajana und Mahabarat, wonach Firduſi
und Sophokles, wonach Pindar und Horaz, Cal¬
deron, Shakſpeare und Goethe, Jeder etwas und
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[132/0146] den geſchichtlichen Wiſſenſchaften gehoͤrt, ſo wird ihm die kritiſche Betrachtung vorhandener Kunſt¬ werke, des Lebens, der Sitten, der Zeitdichtun¬ gen und uͤberhaupt der Produkte des Genies, den Beſchluß jener Kunſtlehren bilden, wie ſie in der That auch ihren Anfang erſt moͤglich machten. Dieſes iſt in kurzen Zuͤgen das Bild eines Aeſthetikers und einer Aeſthetik, wie es mir vor¬ ſchwebt, vorſchwebt, ohne daß ich die entfernteſte Moͤglichkeit ſaͤhe, wie es ein ſterblicher Menſch heut zu Tage realiſiren koͤnnte, weil Leben, Sit¬ ten, Kuͤnſte, Dichtungen in einem widrigen Zwie¬ licht ſtehen, wie alles Charakteriſtiſche total unter¬ gegangen iſt, weil noch die Zeit ihren Geiſt ſucht, der ihr abhanden gekommen iſt, wie Peter Schle¬ mihl ſeinen Schatten und weil das, was man vorlaͤufig Zeitgeiſt nennt, bisher nur mehr nega¬ tive als poſitive Lebensaͤußerungen von ſich gege¬ ben hat. Was man bisher deutſche Aeſthetik nannte, war ein unaͤſthetiſches Gemengſel ſogenannter aͤſthe¬ tiſcher Geſetze und Formen, woraus die Dichter des Ramajana und Mahabarat, wonach Firduſi und Sophokles, wonach Pindar und Horaz, Cal¬ deron, Shakſpeare und Goethe, Jeder etwas und Alle nichts haͤtten ſchoͤpfen koͤnnen. So war auch die Zeit zuſammengemiſcht aus allen moͤglichen

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/146>, abgerufen am 18.12.2024.