sein mag, die aber dem schärferen und geübteren Blick in ihrer ganzen Breite und Tiefe nicht ent¬ geht. Dies auszuführen wird meine heutige Auf¬ gabe sein.
Es ist schwer, mit einigen Worten diesen Unterschied anzugeben; derselbe liegt nicht allein in der Natur der ausgesprochenen Ansichten, na¬ mentlich in der größeren Freiheit der politischen, sondern im verborgenen Räderwerk des Geistes, im Schwung, in der Konzentration der Gedanken nach einer gewissen Richtung, in der Wahl des Ausdrucks, im Bau der Periode, selbst in schein¬ baren Kleinigkeiten, wie Absätze, Punkte und Kommata sind. Dennoch bringt es unsere Auf¬ gabe mit sich, wenigstens den Versuch zu machen, uns über das Charakteristische des Sonst und Jetzt in der Prosa so gut, als es geschehen kann, aufs Reine zu bringen.
Gewiß, meine Herren, Sie werden sich kei¬ nen größeren Unterschied in der Schreibart denken können, als zwischen der Goethischen und der von Jean Paul, obgleich man doch Beide als Zeitgenossen zu betrachten hat; eben so auffallend wird Ihnen die Heinesche Schreibart von der des edeln Börne abzustechen scheinen. Dennoch wird ein der Geschichte kundiger, geistreicher Mann, der nach hundert Jahren die frühere und jetzige
ſein mag, die aber dem ſchaͤrferen und geuͤbteren Blick in ihrer ganzen Breite und Tiefe nicht ent¬ geht. Dies auszufuͤhren wird meine heutige Auf¬ gabe ſein.
Es iſt ſchwer, mit einigen Worten dieſen Unterſchied anzugeben; derſelbe liegt nicht allein in der Natur der ausgeſprochenen Anſichten, na¬ mentlich in der groͤßeren Freiheit der politiſchen, ſondern im verborgenen Raͤderwerk des Geiſtes, im Schwung, in der Konzentration der Gedanken nach einer gewiſſen Richtung, in der Wahl des Ausdrucks, im Bau der Periode, ſelbſt in ſchein¬ baren Kleinigkeiten, wie Abſaͤtze, Punkte und Kommata ſind. Dennoch bringt es unſere Auf¬ gabe mit ſich, wenigſtens den Verſuch zu machen, uns uͤber das Charakteriſtiſche des Sonſt und Jetzt in der Proſa ſo gut, als es geſchehen kann, aufs Reine zu bringen.
Gewiß, meine Herren, Sie werden ſich kei¬ nen groͤßeren Unterſchied in der Schreibart denken koͤnnen, als zwiſchen der Goethiſchen und der von Jean Paul, obgleich man doch Beide als Zeitgenoſſen zu betrachten hat; eben ſo auffallend wird Ihnen die Heineſche Schreibart von der des edeln Boͤrne abzuſtechen ſcheinen. Dennoch wird ein der Geſchichte kundiger, geiſtreicher Mann, der nach hundert Jahren die fruͤhere und jetzige
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ſein mag, die aber dem ſchaͤrferen und geuͤbteren
Blick in ihrer ganzen Breite und Tiefe nicht ent¬
geht. Dies auszufuͤhren wird meine heutige Auf¬
gabe ſein.
Es iſt ſchwer, mit einigen Worten dieſen
Unterſchied anzugeben; derſelbe liegt nicht allein
in der Natur der ausgeſprochenen Anſichten, na¬
mentlich in der groͤßeren Freiheit der politiſchen,
ſondern im verborgenen Raͤderwerk des Geiſtes,
im Schwung, in der Konzentration der Gedanken
nach einer gewiſſen Richtung, in der Wahl des
Ausdrucks, im Bau der Periode, ſelbſt in ſchein¬
baren Kleinigkeiten, wie Abſaͤtze, Punkte und
Kommata ſind. Dennoch bringt es unſere Auf¬
gabe mit ſich, wenigſtens den Verſuch zu machen,
uns uͤber das Charakteriſtiſche des Sonſt und
Jetzt in der Proſa ſo gut, als es geſchehen kann,
aufs Reine zu bringen.
Gewiß, meine Herren, Sie werden ſich kei¬
nen groͤßeren Unterſchied in der Schreibart denken
koͤnnen, als zwiſchen der Goethiſchen und der
von Jean Paul, obgleich man doch Beide als
Zeitgenoſſen zu betrachten hat; eben ſo auffallend
wird Ihnen die Heineſche Schreibart von der des
edeln Boͤrne abzuſtechen ſcheinen. Dennoch wird
ein der Geſchichte kundiger, geiſtreicher Mann,
der nach hundert Jahren die fruͤhere und jetzige
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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/306>, abgerufen am 18.12.2024.
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