schwanger von Witz und Phantasie, goß er eine Fluth von Gedanken und Gefühlen aufs Papier hin, so wie er jedesmal im Moment angeregt und aufgelegt war, ohne sich eben, zum Behuf einer konzipirten Kunstidee, viel um die Stelle zu be¬ kümmern, wo er sein Genie leuchten ließ. Mei¬ stens gibt er zu viel und erdrückt, im Laufe eines Satzes fällt ihm Hunderterlei ein, was als Pa¬ renthese oder zwischen Kommaten eingeschlossen wird und so gleichen seine Perioden dem Zickzack der Blitze und sind nicht selten, wie diese, taube Schläge, die wohl erschüttern, aber nur momen¬ tan und keine Nachwirkung zurücklassen. Börne, an Gemüth ihm ähnlich, ist ihm hierin ganz ent¬ gegengesetzt, jeder Satz ein abgeschlossener Ge¬ danke, Schlag um Schlag eine neue Behauptung, Schritt vor Schritt ein Stück Weges zurückge¬ legt, Stoß um Stoß irgend eine träge Masse von Vorurtheilen und Dummheiten verdrängt. Absicht und Kunst, wie bei Goethe, sind selten an seiner Darstellung zu merken, er drängt und fährt nur so darein und kümmert sich nicht um das, was die Leute dazu sagen. Man sollte mei¬ nen, daß Heine dies auch nur so thut, allein man würde sich irren. Vergleichen Sie den Hei¬ neschen Stil mit dem Börneschen, so werden Sie die Absichtlichkeit der Heineschen Darstellung als
ſchwanger von Witz und Phantaſie, goß er eine Fluth von Gedanken und Gefuͤhlen aufs Papier hin, ſo wie er jedesmal im Moment angeregt und aufgelegt war, ohne ſich eben, zum Behuf einer konzipirten Kunſtidee, viel um die Stelle zu be¬ kuͤmmern, wo er ſein Genie leuchten ließ. Mei¬ ſtens gibt er zu viel und erdruͤckt, im Laufe eines Satzes faͤllt ihm Hunderterlei ein, was als Pa¬ rentheſe oder zwiſchen Kommaten eingeſchloſſen wird und ſo gleichen ſeine Perioden dem Zickzack der Blitze und ſind nicht ſelten, wie dieſe, taube Schlaͤge, die wohl erſchuͤttern, aber nur momen¬ tan und keine Nachwirkung zuruͤcklaſſen. Boͤrne, an Gemuͤth ihm aͤhnlich, iſt ihm hierin ganz ent¬ gegengeſetzt, jeder Satz ein abgeſchloſſener Ge¬ danke, Schlag um Schlag eine neue Behauptung, Schritt vor Schritt ein Stuͤck Weges zuruͤckge¬ legt, Stoß um Stoß irgend eine traͤge Maſſe von Vorurtheilen und Dummheiten verdraͤngt. Abſicht und Kunſt, wie bei Goethe, ſind ſelten an ſeiner Darſtellung zu merken, er draͤngt und faͤhrt nur ſo darein und kuͤmmert ſich nicht um das, was die Leute dazu ſagen. Man ſollte mei¬ nen, daß Heine dies auch nur ſo thut, allein man wuͤrde ſich irren. Vergleichen Sie den Hei¬ neſchen Stil mit dem Boͤrneſchen, ſo werden Sie die Abſichtlichkeit der Heineſchen Darſtellung als
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ſchwanger von Witz und Phantaſie, goß er eine
Fluth von Gedanken und Gefuͤhlen aufs Papier
hin, ſo wie er jedesmal im Moment angeregt und
aufgelegt war, ohne ſich eben, zum Behuf einer
konzipirten Kunſtidee, viel um die Stelle zu be¬
kuͤmmern, wo er ſein Genie leuchten ließ. Mei¬
ſtens gibt er zu viel und erdruͤckt, im Laufe eines
Satzes faͤllt ihm Hunderterlei ein, was als Pa¬
rentheſe oder zwiſchen Kommaten eingeſchloſſen
wird und ſo gleichen ſeine Perioden dem Zickzack
der Blitze und ſind nicht ſelten, wie dieſe, taube
Schlaͤge, die wohl erſchuͤttern, aber nur momen¬
tan und keine Nachwirkung zuruͤcklaſſen. Boͤrne,
an Gemuͤth ihm aͤhnlich, iſt ihm hierin ganz ent¬
gegengeſetzt, jeder Satz ein abgeſchloſſener Ge¬
danke, Schlag um Schlag eine neue Behauptung,
Schritt vor Schritt ein Stuͤck Weges zuruͤckge¬
legt, Stoß um Stoß irgend eine traͤge Maſſe
von Vorurtheilen und Dummheiten verdraͤngt.
Abſicht und Kunſt, wie bei Goethe, ſind ſelten
an ſeiner Darſtellung zu merken, er draͤngt und
faͤhrt nur ſo darein und kuͤmmert ſich nicht um
das, was die Leute dazu ſagen. Man ſollte mei¬
nen, daß Heine dies auch nur ſo thut, allein
man wuͤrde ſich irren. Vergleichen Sie den Hei¬
neſchen Stil mit dem Boͤrneſchen, ſo werden Sie
die Abſichtlichkeit der Heineſchen Darſtellung als
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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/308>, abgerufen am 24.11.2024.
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