Unschöne in Wort und That an sich und Andern nicht zu dulden, ihr Ohr dem Wehen des nahen Geistes nicht zu schließen und, weder gedankenlos und leichtfertig dahinlebend, noch schwermüthig brütend, die Blüthen des Lebens und der Wissen¬ schaft mit jugendlicher Unschuld und Heiterkeit zu pflücken.
Es muß anders werden, das sollte das Ge¬ fühl sein, das sich Aller bemächtigte, wir selbst sind dazu berufen, das starke Echo dieses Gefühls. Wie viel dürre Blätter wir dazu aus dem Kranze unseres Lebens herausreißen müssen, wie viel Un¬ schönes wir von uns abthun, wie viel gemeine Prosa wir für ewig in den Schlamm und Schlick der abgestandenen Zeit versenken müssen, welche neue Ansichten der Wissenschaft, der Kunst, der Poesie, der Religion, des Staats, des Lebens wir fassen und zum Eigenthum unseres Herzens machen müssen, dies Alles muß uns oft und leb¬ haft beschäftigen und das Befreundete muß sich verbinden mit dem Befreundeten, um sich gegen¬ seitig auszutauschen und zu befestigen.
Jetzt, darauf komme ich zurück, jetzt liegt Alles noch, Ansicht, Gefühl, und gar das Leben und Treiben gar zu sehr in roher Unbildung, in Verwirrung, Uneinigkeit und Zwist, und es hält schwer, wenn nicht unmöglich, für den Einzelnen,
Unſchoͤne in Wort und That an ſich und Andern nicht zu dulden, ihr Ohr dem Wehen des nahen Geiſtes nicht zu ſchließen und, weder gedankenlos und leichtfertig dahinlebend, noch ſchwermuͤthig bruͤtend, die Bluͤthen des Lebens und der Wiſſen¬ ſchaft mit jugendlicher Unſchuld und Heiterkeit zu pfluͤcken.
Es muß anders werden, das ſollte das Ge¬ fuͤhl ſein, das ſich Aller bemaͤchtigte, wir ſelbſt ſind dazu berufen, das ſtarke Echo dieſes Gefuͤhls. Wie viel duͤrre Blaͤtter wir dazu aus dem Kranze unſeres Lebens herausreißen muͤſſen, wie viel Un¬ ſchoͤnes wir von uns abthun, wie viel gemeine Proſa wir fuͤr ewig in den Schlamm und Schlick der abgeſtandenen Zeit verſenken muͤſſen, welche neue Anſichten der Wiſſenſchaft, der Kunſt, der Poeſie, der Religion, des Staats, des Lebens wir faſſen und zum Eigenthum unſeres Herzens machen muͤſſen, dies Alles muß uns oft und leb¬ haft beſchaͤftigen und das Befreundete muß ſich verbinden mit dem Befreundeten, um ſich gegen¬ ſeitig auszutauſchen und zu befeſtigen.
Jetzt, darauf komme ich zuruͤck, jetzt liegt Alles noch, Anſicht, Gefuͤhl, und gar das Leben und Treiben gar zu ſehr in roher Unbildung, in Verwirrung, Uneinigkeit und Zwiſt, und es haͤlt ſchwer, wenn nicht unmoͤglich, fuͤr den Einzelnen,
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Unſchoͤne in Wort und That an ſich und Andern
nicht zu dulden, ihr Ohr dem Wehen des nahen
Geiſtes nicht zu ſchließen und, weder gedankenlos
und leichtfertig dahinlebend, noch ſchwermuͤthig
bruͤtend, die Bluͤthen des Lebens und der Wiſſen¬
ſchaft mit jugendlicher Unſchuld und Heiterkeit zu
pfluͤcken.
Es muß anders werden, das ſollte das Ge¬
fuͤhl ſein, das ſich Aller bemaͤchtigte, wir ſelbſt
ſind dazu berufen, das ſtarke Echo dieſes Gefuͤhls.
Wie viel duͤrre Blaͤtter wir dazu aus dem Kranze
unſeres Lebens herausreißen muͤſſen, wie viel Un¬
ſchoͤnes wir von uns abthun, wie viel gemeine
Proſa wir fuͤr ewig in den Schlamm und Schlick
der abgeſtandenen Zeit verſenken muͤſſen, welche
neue Anſichten der Wiſſenſchaft, der Kunſt, der
Poeſie, der Religion, des Staats, des Lebens
wir faſſen und zum Eigenthum unſeres Herzens
machen muͤſſen, dies Alles muß uns oft und leb¬
haft beſchaͤftigen und das Befreundete muß ſich
verbinden mit dem Befreundeten, um ſich gegen¬
ſeitig auszutauſchen und zu befeſtigen.
Jetzt, darauf komme ich zuruͤck, jetzt liegt
Alles noch, Anſicht, Gefuͤhl, und gar das Leben
und Treiben gar zu ſehr in roher Unbildung, in
Verwirrung, Uneinigkeit und Zwiſt, und es haͤlt
ſchwer, wenn nicht unmoͤglich, fuͤr den Einzelnen,
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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/52>, abgerufen am 23.11.2024.
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