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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.

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I. 6. Die demagogen des fünften jahrhunderts.
gestellt worden. so viel wenigstens wissen wir noch, dass aus einer
grösseren zahl von demagogen, über die scharfe persönliche worte fielen,

(17). aber es ist einleuchtend, dass die eigentliche fabel des stückes mit diesen
scenen noch gar nicht erfasst ist. die vorbereitungen eines opfers mag man noch
mit der anodos der seelen vereinigen können (22): aber wer ist der, in den sich,
als er noch jung war, die frau eines anderen verliebt hat (16)? wer ist das weib
die 'ihr bischen geld zusammenkratzt' (42)? vor allen dingen, wer ist der chor?
wir haben uns gewöhnt, ihn, entsprechend dem der 'Städte' aus den demen bestehn
zu lassen. aber wie sollten diese anders vertreten werden als durch ihre
eponyme, Keramos und Kephalos, Hekale und Leukonoe? das geht kaum an. sicher
ist nur, dass der chor die ganze kleine polis vertrat (11). aber damit ist nicht
viel geholfen; in jeder komoedie wird der chor allmählich der vertreter des
dichters und der gesammtheit, so gut wie der tragische. so ist immer noch das
nächstliegende, dass Demoi os Arkhilokhoi Kleoboulinai die 'Volkskomoedie' be-
deutet. für die ermittelung der fabel sind vielleicht am wichtigsten die iambischen
tetrameter 15, denn da redet ein alter Athener, der die gute zeit handelnd, die
schlechte gegenwart leidend erfahren hat, als strafprediger: der wäre gut zur ver-
mittelung zwischen erde und hölle. aber leider hat nur Meineke dieses bruchstück
auf die unsichere analogie des versmasses zu 16 in dieses stück gestellt. so bleibt
mir rätsel über rätsel. im einzelnen kann ich ein par dinge erläutern. fgm. 37
werden Laispodias und Damasias die 'bäume' als gegenwärtig angeredet. sie sollen
'sammt ihren waden' hinter dem redner hergehn. waden haben sie nämlich nicht;
sie haben beine dünn und gerade 'wie bäume', wir sagen 'wie stelzen'. und auf
der bühne können sie zwar sein, aber es ist nicht nötig: das 'folgen' kann ja meta-
phorisch gemeint sein, und der redner in das publicum weisen, wo die herren sitzen.
metaphorisch als 'wunderbaum' wird Kleonymos, der feige demagoge (CIA I 40, 34)
in den Vögeln 1470 beschrieben. -- der mensch mit der 'hummerfarbe' 21 ist der
dicke mysterienherold Kleokritos 36. -- 18 ist für die rhetorik wichtig, tou men
en kuklo ge pausomai logou, phraso de soi to pragma dia ton khorion. das ist
später ta kath olou und ta kata meros. khorion kenne ich aus alter zeit freilich
nur aus Thukydides, der die pentekontaetie ein khorion der Attike xuggraphe nennt
(I 96), aber Philostratos (vit. soph. I 16) gebraucht von den aphorismen des Kritias
to asundetos khorio prosbalein. offenbar gehört khorion zu topos, peripatos;
dies letztere steht in rhetorischem sinne auch nur vereinzelt, bei Aristophanes
Frö. 953. -- unter den demagogen der Demen fehlt Kimon. es gibt eine abweisende
charakteristik von ihm in schönen versen des Eupolis (Plut. Kim. 15), die Meineke
in die Städte gerückt hat, weil Didymos angibt, dass in diesen Kimon wegen
Elpinikes verhöhnt ward. das ist sehr scheinbar; aber die Demen erheben auch
einen anspruch. -- endlich verwirft man ganz Valer. Max. VII 2 ext. 7, dass
Perikles bei Aristophanes aus der unterwelt emporgestiegen über Alkibiades gesagt
hätte, man sollte keinen löwen in der stadt aufziehen. die verwechselung der
Frösche und der Demen ist unverkennbar; aber es steht in den Fröschen 1432
als ein unächter vers malista men leonta me n polei trephein, und die interpolation
ist ganz unverständlich. sie hört es auf zu sein, wenn den vers der Perikles des
Eupolis sprach, so dass er eine parallele wäre, die man beigeschrieben hätte. ich

I. 6. Die demagogen des fünften jahrhunderts.
gestellt worden. so viel wenigstens wissen wir noch, daſs aus einer
gröſseren zahl von demagogen, über die scharfe persönliche worte fielen,

(17). aber es ist einleuchtend, daſs die eigentliche fabel des stückes mit diesen
scenen noch gar nicht erfaſst ist. die vorbereitungen eines opfers mag man noch
mit der ἄνοδος der seelen vereinigen können (22): aber wer ist der, in den sich,
als er noch jung war, die frau eines anderen verliebt hat (16)? wer ist das weib
die ‘ihr bischen geld zusammenkratzt’ (42)? vor allen dingen, wer ist der chor?
wir haben uns gewöhnt, ihn, entsprechend dem der ‘Städte’ aus den demen bestehn
zu lassen. aber wie sollten diese anders vertreten werden als durch ihre
eponyme, Keramos und Kephalos, Hekale und Leukonoe? das geht kaum an. sicher
ist nur, daſs der chor die ganze κλεινὴ πόλις vertrat (11). aber damit ist nicht
viel geholfen; in jeder komoedie wird der chor allmählich der vertreter des
dichters und der gesammtheit, so gut wie der tragische. so ist immer noch das
nächstliegende, daſs Δῆμοι ὡς Ἀϱχίλοχοι Κλεοβουλῖναι die ‘Volkskomoedie’ be-
deutet. für die ermittelung der fabel sind vielleicht am wichtigsten die iambischen
tetrameter 15, denn da redet ein alter Athener, der die gute zeit handelnd, die
schlechte gegenwart leidend erfahren hat, als strafprediger: der wäre gut zur ver-
mittelung zwischen erde und hölle. aber leider hat nur Meineke dieses bruchstück
auf die unsichere analogie des versmaſses zu 16 in dieses stück gestellt. so bleibt
mir rätsel über rätsel. im einzelnen kann ich ein par dinge erläutern. fgm. 37
werden Laispodias und Damasias die ‘bäume’ als gegenwärtig angeredet. sie sollen
‘sammt ihren waden’ hinter dem redner hergehn. waden haben sie nämlich nicht;
sie haben beine dünn und gerade ‘wie bäume’, wir sagen ‘wie stelzen’. und auf
der bühne können sie zwar sein, aber es ist nicht nötig: das ‘folgen’ kann ja meta-
phorisch gemeint sein, und der redner in das publicum weisen, wo die herren sitzen.
metaphorisch als ‘wunderbaum’ wird Kleonymos, der feige demagoge (CIA I 40, 34)
in den Vögeln 1470 beschrieben. — der mensch mit der ‘hummerfarbe’ 21 ist der
dicke mysterienherold Kleokritos 36. — 18 ist für die rhetorik wichtig, τοῦ μὲν
ἐν κύκλῳ γε παύσομαι λόγου, φϱάσω δέ σοι τὸ πϱᾶγμα διὰ τῶν χωϱίων. das ist
später τὰ καϑ̕ ὅλου und τὰ κατὰ μέϱος. χωϱίον kenne ich aus alter zeit freilich
nur aus Thukydides, der die pentekontaetie ein χωϱίον der Ἀττικὴ ξυγγϱαφή nennt
(I 96), aber Philostratos (vit. soph. I 16) gebraucht von den aphorismen des Kritias
τὸ ἀσυνδέτως χωϱίῳ πϱοσβαλεῖν. offenbar gehört χωϱίον zu τόπος, πεϱίπατος;
dies letztere steht in rhetorischem sinne auch nur vereinzelt, bei Aristophanes
Frö. 953. — unter den demagogen der Demen fehlt Kimon. es gibt eine abweisende
charakteristik von ihm in schönen versen des Eupolis (Plut. Kim. 15), die Meineke
in die Städte gerückt hat, weil Didymos angibt, daſs in diesen Kimon wegen
Elpinikes verhöhnt ward. das ist sehr scheinbar; aber die Demen erheben auch
einen anspruch. — endlich verwirft man ganz Valer. Max. VII 2 ext. 7, daſs
Perikles bei Aristophanes aus der unterwelt emporgestiegen über Alkibiades gesagt
hätte, man sollte keinen löwen in der stadt aufziehen. die verwechselung der
Frösche und der Demen ist unverkennbar; aber es steht in den Fröschen 1432
als ein unächter vers μάλιστα μὲν λέοντα μὴ ̕ν πόλει τϱέφειν, und die interpolation
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[180/0194] I. 6. Die demagogen des fünften jahrhunderts. gestellt worden. so viel wenigstens wissen wir noch, daſs aus einer gröſseren zahl von demagogen, über die scharfe persönliche worte fielen, 84) 84) (17). aber es ist einleuchtend, daſs die eigentliche fabel des stückes mit diesen scenen noch gar nicht erfaſst ist. die vorbereitungen eines opfers mag man noch mit der ἄνοδος der seelen vereinigen können (22): aber wer ist der, in den sich, als er noch jung war, die frau eines anderen verliebt hat (16)? wer ist das weib die ‘ihr bischen geld zusammenkratzt’ (42)? vor allen dingen, wer ist der chor? wir haben uns gewöhnt, ihn, entsprechend dem der ‘Städte’ aus den demen bestehn zu lassen. aber wie sollten diese anders vertreten werden als durch ihre eponyme, Keramos und Kephalos, Hekale und Leukonoe? das geht kaum an. sicher ist nur, daſs der chor die ganze κλεινὴ πόλις vertrat (11). aber damit ist nicht viel geholfen; in jeder komoedie wird der chor allmählich der vertreter des dichters und der gesammtheit, so gut wie der tragische. so ist immer noch das nächstliegende, daſs Δῆμοι ὡς Ἀϱχίλοχοι Κλεοβουλῖναι die ‘Volkskomoedie’ be- deutet. für die ermittelung der fabel sind vielleicht am wichtigsten die iambischen tetrameter 15, denn da redet ein alter Athener, der die gute zeit handelnd, die schlechte gegenwart leidend erfahren hat, als strafprediger: der wäre gut zur ver- mittelung zwischen erde und hölle. aber leider hat nur Meineke dieses bruchstück auf die unsichere analogie des versmaſses zu 16 in dieses stück gestellt. so bleibt mir rätsel über rätsel. im einzelnen kann ich ein par dinge erläutern. fgm. 37 werden Laispodias und Damasias die ‘bäume’ als gegenwärtig angeredet. sie sollen ‘sammt ihren waden’ hinter dem redner hergehn. waden haben sie nämlich nicht; sie haben beine dünn und gerade ‘wie bäume’, wir sagen ‘wie stelzen’. und auf der bühne können sie zwar sein, aber es ist nicht nötig: das ‘folgen’ kann ja meta- phorisch gemeint sein, und der redner in das publicum weisen, wo die herren sitzen. metaphorisch als ‘wunderbaum’ wird Kleonymos, der feige demagoge (CIA I 40, 34) in den Vögeln 1470 beschrieben. — der mensch mit der ‘hummerfarbe’ 21 ist der dicke mysterienherold Kleokritos 36. — 18 ist für die rhetorik wichtig, τοῦ μὲν ἐν κύκλῳ γε παύσομαι λόγου, φϱάσω δέ σοι τὸ πϱᾶγμα διὰ τῶν χωϱίων. das ist später τὰ καϑ̕ ὅλου und τὰ κατὰ μέϱος. χωϱίον kenne ich aus alter zeit freilich nur aus Thukydides, der die pentekontaetie ein χωϱίον der Ἀττικὴ ξυγγϱαφή nennt (I 96), aber Philostratos (vit. soph. I 16) gebraucht von den aphorismen des Kritias τὸ ἀσυνδέτως χωϱίῳ πϱοσβαλεῖν. offenbar gehört χωϱίον zu τόπος, πεϱίπατος; dies letztere steht in rhetorischem sinne auch nur vereinzelt, bei Aristophanes Frö. 953. — unter den demagogen der Demen fehlt Kimon. es gibt eine abweisende charakteristik von ihm in schönen versen des Eupolis (Plut. Kim. 15), die Meineke in die Städte gerückt hat, weil Didymos angibt, daſs in diesen Kimon wegen Elpinikes verhöhnt ward. das ist sehr scheinbar; aber die Demen erheben auch einen anspruch. — endlich verwirft man ganz Valer. Max. VII 2 ext. 7, daſs Perikles bei Aristophanes aus der unterwelt emporgestiegen über Alkibiades gesagt hätte, man sollte keinen löwen in der stadt aufziehen. die verwechselung der Frösche und der Demen ist unverkennbar; aber es steht in den Fröschen 1432 als ein unächter vers μάλιστα μὲν λέοντα μὴ ̕ν πόλει τϱέφειν, und die interpolation ist ganz unverständlich. sie hört es auf zu sein, wenn den vers der Perikles des Eupolis sprach, so daſs er eine parallele wäre, die man beigeschrieben hätte. ich

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles01_1893/194>, abgerufen am 21.11.2024.