Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.1. Chronologie. feiern können. mit recht hat Bergk so geschlossen. dass die Pindar-scholien die Pythiade, von der aus sie rechnen, auf 49, 3 setzen, so dass die vollkommenste harmonie herrscht, hat Boeckh wenigstens zu- gegeben, trotzdem er die rechnung für falsch hielt, und seine nach- folger geben es erst recht zu, da sie schliesslich dabei gestrandet sind, gerade das zeugnis der scholien, welches allein ausdrücklich eine glei- chung zwischen Olympiaden und Pythiaden ausspricht, zu ändern. 17) lässt man stehn was steht, so ist der ausgangspunkt das jahr des Dama- sias, eben das jahr, welches es, wie Aristoteles und die parische chronik bezeugen, wirklich war. man darf aber auch umgekehrt schliessen. wenn für dasselbe factum delphischer geschichte in zwei einander nirgend widersprechenden berichten dieselben attischen beamten genannt sind, so ist davon auszugehn, dass das zwei fassungen desselben berichtes sind, dass die archonten dieselben jahre bezeichnen. beide fassungen sind somit zunächst zu vereinigen, und was herauskommt, darf als ihre gemeinsame vorlage gelten: in diesem falle ist also anzuerkennen, dass wir einen genau datirten ziemlich ausführlichen bericht über den heiligen krieg spätestens aus dem ersten drittel des dritten jahrhunderts haben. selbstverständlich kann deswegen der bericht falsch, der chronologische ansatz irrig sein, und kann demnach die wahre zählung der Pythiaden einen andern ausgangspunkt haben, wie das Boeckh angenommen hat: der meister hat keinen posten der rechnung verschleiert oder zu seinen gunsten misdeutet. Boeckh würde nichts neues durch den ansatz Damasias II = ol. 49, 3 = 582/1 lernen; aber seine nachfolger in der Pindar- exegese müssen nun aufhören, die grundlagen der rechnung zu gunsten von Boeckhs hypothesen zu verschieben. Auf das jahr des Damasias (welches, bleibt unbekannt) hat Deme- 17) Pyth. 3, 1 kathistatai Ieron basileus kata ten ebdomekosten ekten olumpiada, tes eikostes ogdoes Puthiados te prokeimene olumpiadi sugkhronou ouses, oste pantos te kai pante meta ten usteron Puthiada (es waren Pyth. 26 und 27 erwähnt) etis gegone peri ten ebdomekosten ekten Olumpiada (Pyth. 28 = ol. 76, 3) suntetakhthai ton epinikon. der scholiast nahm an, genau wie Boeckh, dass ein pythisches gedicht an einer pythischen feier, wenn auch nicht derselben, an der der sieg erfochten war, verfasst und aufgeführt wäre. zerstörung des scholions (nach einer Sitzlerschen conjectur) L. Schmidt, index lectionum von Marburg, sommer 1887. 18) Diogen. I, 22 Thales protos sophos onomasthe arkhontos Athenesi Damasiou
1. Chronologie. feiern können. mit recht hat Bergk so geschlossen. daſs die Pindar-scholien die Pythiade, von der aus sie rechnen, auf 49, 3 setzen, so daſs die vollkommenste harmonie herrscht, hat Boeckh wenigstens zu- gegeben, trotzdem er die rechnung für falsch hielt, und seine nach- folger geben es erst recht zu, da sie schlieſslich dabei gestrandet sind, gerade das zeugnis der scholien, welches allein ausdrücklich eine glei- chung zwischen Olympiaden und Pythiaden ausspricht, zu ändern. 17) läſst man stehn was steht, so ist der ausgangspunkt das jahr des Dama- sias, eben das jahr, welches es, wie Aristoteles und die parische chronik bezeugen, wirklich war. man darf aber auch umgekehrt schlieſsen. wenn für dasselbe factum delphischer geschichte in zwei einander nirgend widersprechenden berichten dieselben attischen beamten genannt sind, so ist davon auszugehn, daſs das zwei fassungen desselben berichtes sind, daſs die archonten dieselben jahre bezeichnen. beide fassungen sind somit zunächst zu vereinigen, und was herauskommt, darf als ihre gemeinsame vorlage gelten: in diesem falle ist also anzuerkennen, daſs wir einen genau datirten ziemlich ausführlichen bericht über den heiligen krieg spätestens aus dem ersten drittel des dritten jahrhunderts haben. selbstverständlich kann deswegen der bericht falsch, der chronologische ansatz irrig sein, und kann demnach die wahre zählung der Pythiaden einen andern ausgangspunkt haben, wie das Boeckh angenommen hat: der meister hat keinen posten der rechnung verschleiert oder zu seinen gunsten misdeutet. Boeckh würde nichts neues durch den ansatz Damasias II = ol. 49, 3 = 582/1 lernen; aber seine nachfolger in der Pindar- exegese müssen nun aufhören, die grundlagen der rechnung zu gunsten von Boeckhs hypothesen zu verschieben. Auf das jahr des Damasias (welches, bleibt unbekannt) hat Deme- 17) Pyth. 3, 1 καϑίσταται Ἱέϱων βασιλεὺς κατὰ τὴν ἑβδομηκοστὴν ἕκτην ὀλυμπιάδα, τῆς εἰκοστῆς ὀγδόης Πυϑιάδος τῇ πϱοκειμένῃ ὀλυμπιάδι συγχϱόνου οὔσης, ὥστε πάντως τε καὶ πάντη μετὰ τὴν ὕστεϱον Πυϑιάδα (es waren Pyth. 26 und 27 erwähnt) ἥτις γέγονε πεϱὶ τὴν ἑβδομηκοστὴν ἕκτην Ὀλυμπιάδα (Pyth. 28 = ol. 76, 3) συντετάχϑαι τὸν ἐπίνικον. der scholiast nahm an, genau wie Boeckh, daſs ein pythisches gedicht an einer pythischen feier, wenn auch nicht derselben, an der der sieg erfochten war, verfaſst und aufgeführt wäre. zerstörung des scholions (nach einer Sitzlerschen conjectur) L. Schmidt, index lectionum von Marburg, sommer 1887. 18) Diogen. I, 22 Thales πϱῶτος σοφὸς ὠνομάσϑη ἄϱχοντος Ἀϑήνησι Δαμασίου
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1. Chronologie.
feiern können. mit recht hat Bergk so geschlossen. daſs die Pindar-
scholien die Pythiade, von der aus sie rechnen, auf 49, 3 setzen, so
daſs die vollkommenste harmonie herrscht, hat Boeckh wenigstens zu-
gegeben, trotzdem er die rechnung für falsch hielt, und seine nach-
folger geben es erst recht zu, da sie schlieſslich dabei gestrandet sind,
gerade das zeugnis der scholien, welches allein ausdrücklich eine glei-
chung zwischen Olympiaden und Pythiaden ausspricht, zu ändern. 17)
läſst man stehn was steht, so ist der ausgangspunkt das jahr des Dama-
sias, eben das jahr, welches es, wie Aristoteles und die parische chronik
bezeugen, wirklich war. man darf aber auch umgekehrt schlieſsen.
wenn für dasselbe factum delphischer geschichte in zwei einander nirgend
widersprechenden berichten dieselben attischen beamten genannt sind,
so ist davon auszugehn, daſs das zwei fassungen desselben berichtes
sind, daſs die archonten dieselben jahre bezeichnen. beide fassungen
sind somit zunächst zu vereinigen, und was herauskommt, darf als ihre
gemeinsame vorlage gelten: in diesem falle ist also anzuerkennen, daſs
wir einen genau datirten ziemlich ausführlichen bericht über den heiligen
krieg spätestens aus dem ersten drittel des dritten jahrhunderts haben.
selbstverständlich kann deswegen der bericht falsch, der chronologische
ansatz irrig sein, und kann demnach die wahre zählung der Pythiaden
einen andern ausgangspunkt haben, wie das Boeckh angenommen hat:
der meister hat keinen posten der rechnung verschleiert oder zu seinen
gunsten misdeutet. Boeckh würde nichts neues durch den ansatz Damasias
II = ol. 49, 3 = 582/1 lernen; aber seine nachfolger in der Pindar-
exegese müssen nun aufhören, die grundlagen der rechnung zu gunsten
von Boeckhs hypothesen zu verschieben.
Auf das jahr des Damasias (welches, bleibt unbekannt) hat Deme-
trios von Phaleron die sieben weisen und demnach auch den Thales an-
gesetzt. 18) weshalb er, der erste bekannte sammler der sprüche der sieben
17) Pyth. 3, 1 καϑίσταται Ἱέϱων βασιλεὺς κατὰ τὴν ἑβδομηκοστὴν ἕκτην
ὀλυμπιάδα, τῆς εἰκοστῆς ὀγδόης Πυϑιάδος τῇ πϱοκειμένῃ ὀλυμπιάδι συγχϱόνου
οὔσης, ὥστε πάντως τε καὶ πάντη μετὰ τὴν ὕστεϱον Πυϑιάδα (es waren Pyth. 26
und 27 erwähnt) ἥτις γέγονε πεϱὶ τὴν ἑβδομηκοστὴν ἕκτην Ὀλυμπιάδα (Pyth. 28 =
ol. 76, 3) συντετάχϑαι τὸν ἐπίνικον. der scholiast nahm an, genau wie Boeckh,
daſs ein pythisches gedicht an einer pythischen feier, wenn auch nicht derselben,
an der der sieg erfochten war, verfaſst und aufgeführt wäre. zerstörung des
scholions (nach einer Sitzlerschen conjectur) L. Schmidt, index lectionum von Marburg,
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