Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.1. Chronologie. etei tetarto (22, 8), und hier darf man wieder mit zuversicht ändern, daPlutarch Arist. 8 für dieselbe sache etei trito angibt. dass nach Aristo- teles die rückberufung der landes verwiesenen nicht unter Kallias erst fällt, ist lediglich ein zeichen der besten überlieferung, die bei Herodotos sagenhaft entstellt ist: bei ihm kommt Aristeides erst unmittelbar vor der schlacht bei Salamis heim. ein solcher beschluss, der ja auch das com- plement der atimie für alle, die östlich von dem hellenischen festland blieben, d. h. zu den Persern giengen, einschloss, ist undenkbar, wenn die Athener selbst bereits ihr land verlassen wollten oder gar verlassen hatten: aber er kann auch nicht eher gefasst sein, als Hellas direct be- droht war; 480 fällt er also, aber notwendig unter einen anderen archon als die schlacht bei Salamis. Die weiteren daten lehren uns nichts neues, weil die archontenliste 1. Chronologie. ἔτει τετάϱτῳ (22, 8), und hier darf man wieder mit zuversicht ändern, daPlutarch Arist. 8 für dieselbe sache ἔτει τϱίτῳ angibt. daſs nach Aristo- teles die rückberufung der landes verwiesenen nicht unter Kallias erst fällt, ist lediglich ein zeichen der besten überlieferung, die bei Herodotos sagenhaft entstellt ist: bei ihm kommt Aristeides erst unmittelbar vor der schlacht bei Salamis heim. ein solcher beschluſs, der ja auch das com- plement der atimie für alle, die östlich von dem hellenischen festland blieben, d. h. zu den Persern giengen, einschloſs, ist undenkbar, wenn die Athener selbst bereits ihr land verlassen wollten oder gar verlassen hatten: aber er kann auch nicht eher gefaſst sein, als Hellas direct be- droht war; 480 fällt er also, aber notwendig unter einen anderen archon als die schlacht bei Salamis. 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Aristoteles konnte also den ausdruck τὰ<lb/> Μηδικά bis 478/7 erstrecken, und wenn unter Timosthenes die erste<lb/> schatzung und das ‘ewige bündnis’ der Ionier, also die gründung des<lb/> Reiches fällt, wie wir von ihm lernen, so ist das sehr wol verständlich.<lb/> aber diese neue erkenntnis bringt, wie mich dünkt, eine alte streitfrage<lb/> zum austrag. daſs der jetzige abschluſs des herodoteischen werkes nicht<lb/> vom verfasser beabsichtigt ist, liegt auf der hand oder sollte es doch<lb/> tun. mit der eroberung von Sestos möchte Herodot allenfalls schlieſsen:<lb/> mit der geschichte von dem gepökelten heros Protesilaos und einer anek-<lb/> dote aus Kyros zeit konnte er es nicht. vor allem aber ist kein buch<lb/> fertig das kein ende hat, sondern abreiſst: das des Herodotos aber hat<lb/> seine einleitung und ordnung und will ein kunstwerk sein. andererseits<lb/> ist Eduard Meyer vollkommen im rechte, wenn er bestreitet, daſs Herodot<lb/> beabsichtigt hätte, bis zur Eurymedonschlacht oder irgend einem weit<lb/> unter den winter 479/8 herabführenden ereignis fortzufahren: das lehren<lb/> seine eigenen angaben. da scheint mir die gründung des Reiches, der<lb/> eidschwur der Ionier, der winter 478/7 ein passender schluſs. da sind<lb/> die Μηδικά zu ende und ist die groſsmachtstellung Athens gegenüber<lb/> den Barbaren begründet, in der Herodotos das ziel und den höhepunkt<lb/> der geschichtlichen entwickelung sah. aber auch Thukydides hat so ge-<lb/> urteilt, wie ich es von Herodot annehme. denn er erzählt I 89—97<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0040]
1. Chronologie.
ἔτει τετάϱτῳ (22, 8), und hier darf man wieder mit zuversicht ändern, da
Plutarch Arist. 8 für dieselbe sache ἔτει τϱίτῳ angibt. daſs nach Aristo-
teles die rückberufung der landes verwiesenen nicht unter Kallias erst
fällt, ist lediglich ein zeichen der besten überlieferung, die bei Herodotos
sagenhaft entstellt ist: bei ihm kommt Aristeides erst unmittelbar vor der
schlacht bei Salamis heim. ein solcher beschluſs, der ja auch das com-
plement der atimie für alle, die östlich von dem hellenischen festland
blieben, d. h. zu den Persern giengen, einschloſs, ist undenkbar, wenn
die Athener selbst bereits ihr land verlassen wollten oder gar verlassen
hatten: aber er kann auch nicht eher gefaſst sein, als Hellas direct be-
droht war; 480 fällt er also, aber notwendig unter einen anderen
archon als die schlacht bei Salamis.
Die weiteren daten lehren uns nichts neues, weil die archontenliste
bekannt ist, und sie brauchen nicht besprochen zu werden, weil die
überlieferung nicht gestört ist. nur auf eines sei hingewiesen. 25, 1
wird die vorherrschaft des Areopags auf 17 jahre μετὰ τὰ Μηδικά an-
gegeben. der sturz des Areopags fällt unter Konon 462/1; der anfang
seiner vorherrschaft also unter Timosthenes 478/7: das ist in der tat
das letzterwähnte jahr (23, 5). Aristoteles konnte also den ausdruck τὰ
Μηδικά bis 478/7 erstrecken, und wenn unter Timosthenes die erste
schatzung und das ‘ewige bündnis’ der Ionier, also die gründung des
Reiches fällt, wie wir von ihm lernen, so ist das sehr wol verständlich.
aber diese neue erkenntnis bringt, wie mich dünkt, eine alte streitfrage
zum austrag. daſs der jetzige abschluſs des herodoteischen werkes nicht
vom verfasser beabsichtigt ist, liegt auf der hand oder sollte es doch
tun. mit der eroberung von Sestos möchte Herodot allenfalls schlieſsen:
mit der geschichte von dem gepökelten heros Protesilaos und einer anek-
dote aus Kyros zeit konnte er es nicht. vor allem aber ist kein buch
fertig das kein ende hat, sondern abreiſst: das des Herodotos aber hat
seine einleitung und ordnung und will ein kunstwerk sein. andererseits
ist Eduard Meyer vollkommen im rechte, wenn er bestreitet, daſs Herodot
beabsichtigt hätte, bis zur Eurymedonschlacht oder irgend einem weit
unter den winter 479/8 herabführenden ereignis fortzufahren: das lehren
seine eigenen angaben. da scheint mir die gründung des Reiches, der
eidschwur der Ionier, der winter 478/7 ein passender schluſs. da sind
die Μηδικά zu ende und ist die groſsmachtstellung Athens gegenüber
den Barbaren begründet, in der Herodotos das ziel und den höhepunkt
der geschichtlichen entwickelung sah. aber auch Thukydides hat so ge-
urteilt, wie ich es von Herodot annehme. denn er erzählt I 89—97
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