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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.

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I. 3. Solon.
"an dem steine", der hier gar nicht näher bezeichnet wird. ein othen
eti kai nun outos omnuousi gesteht in wahrheit zu, dass der noch
gegenwärtig geltende gebrauch den solonischen erst hat erschliessen
lassen.8) aber den schluss hat nicht erst der hier so kurz redende schrift-
steller gezogen. und es wird deutlich, dass er wirklich eine ausführ-
lichere vorlage kürzt, wenn man sieht, dass in dem darstellenden teile
die ceremonien und locale viel genauer geschildert werden.9) finden

so genannt, sondern es ist schliesslich gleich stele, im verhältnisse zu dem fels-
boden, über den sich ein hoher beschriebener stein erhebt. man nennt ja auch eine
einzelne felskuppe akroterion, und manche trägt eine archaische inschrift. Apol-
lodoros hat schon ganz richtig etymologisirt und erklärt. die Korybanten tragen den
namen, wie ihre vettern die Kureten, von der hartracht; sind diese die geschornen,
so tragen jene den hohen wulst, eine kurbis kurbasia, den man auch keras nannte;
Aristoteles selbst hat kera aglaos L 385 so verstanden.
8) Also sind wir nicht verbunden die feierliche vereidigung der archonten und
die formel ihres eides für solonisch zu halten. sie galt nur noch, war also von Solon
auch vorgeschrieben, stand sogar vielleicht in seinen gesetzen. aber hier war einmal
ein fall, wo der stifter der attischen demokratie für etwas verantwortlich gemacht
war, was nicht jünger sondern älter war. denn der schwur, des amtes so zu walten
wie unter Akastos, ist vorgeschrieben, als man von Akastos noch etwas wusste. die
busse besteht nicht in geld, sondern in der weihung einer 'männerstatue' (andrias:
das femininum dazu ist kore CIA IV p. 179. so müssen wir die 'Apollonstatuen'
und die 'tanten' von der burg nennen: das bedeuten sie, nichts anderes) an den
delphischen gott. auch das ist deutlich vorsolonisch. er würde gesagt haben, euthu-
nestho muriasi drakhmesi. aber es gab noch kein geld, als dieser schwur eingeführt
ward, mit dem der adel seine executivbeamten band, die unumschränkt wie die
magistrate Roms neben dem rate des Areshügels standen. Solon stellte neben sie
die gerichte, über sie euthuna in verschiedner weise, vor allem durch den rat: er
hatte keine veranlassung sie durch bloss moralische mittel zu bändigen, vielmehr
schuf er materielle bande für ihre begehrlichkeit, weil die moralischen nicht genügt
hatten.
9) 55, 5. erst hier erfahren wir die doppelte vereidigung, auf dem markt und
auf der burg (hier haben auch die strategen geschworen, Deinarch. 3, 2, vielleicht
auch andere). dann wird der stein beschrieben als der "unter dem sich die schwur-
opfer befinden." damit ist ein bestimmter ort bezeichnet; Aristoteles hat die bei
Pollux erhaltene genauere angabe "neben der königshalle" fortgelassen. dann sind
das also nicht die schwuropfer für den jedesmal zu leistenden eid, sonst könnte
man sie ja unter jeden stein legen. auch könnte das nicht ta tomi estin heissen,
was vielmehr ihre dauernde anwesenheit fordert. dauernd können keine fleischstücke
auf einem stein liegen, folglich ist die lesart uph o die richtige (Aristoteles würde
auch nimmermehr eph o ta tomi estin eph ou kai neben einander gestellt haben).
die tomia sind also ganz bestimmte, die einmal zur ewigen bekräftigung auf dem
markte unter einem steine vergraben sind, der ihr mal ist. das ist geschehen, als der
eid zum ersten male geschworen ward, als die beamten sich der gemeinde gegenüber

I. 3. Solon.
“an dem steine”, der hier gar nicht näher bezeichnet wird. ein ὅϑεν
ἔτι καὶ νῦν οὕτως ὀμνύουσι gesteht in wahrheit zu, daſs der noch
gegenwärtig geltende gebrauch den solonischen erst hat erschlieſsen
lassen.8) aber den schluſs hat nicht erst der hier so kurz redende schrift-
steller gezogen. und es wird deutlich, daſs er wirklich eine ausführ-
lichere vorlage kürzt, wenn man sieht, daſs in dem darstellenden teile
die ceremonien und locale viel genauer geschildert werden.9) finden

so genannt, sondern es ist schlieſslich gleich στήλη, im verhältnisse zu dem fels-
boden, über den sich ein hoher beschriebener stein erhebt. man nennt ja auch eine
einzelne felskuppe ἀκϱωτήϱιον, und manche trägt eine archaische inschrift. Apol-
lodoros hat schon ganz richtig etymologisirt und erklärt. die Korybanten tragen den
namen, wie ihre vettern die Kureten, von der hartracht; sind diese die geschornen,
so tragen jene den hohen wulst, eine κύϱβις κυϱβασία, den man auch κέϱας nannte;
Aristoteles selbst hat κέϱᾳ ἀγλαός Λ 385 so verstanden.
8) Also sind wir nicht verbunden die feierliche vereidigung der archonten und
die formel ihres eides für solonisch zu halten. sie galt nur noch, war also von Solon
auch vorgeschrieben, stand sogar vielleicht in seinen gesetzen. aber hier war einmal
ein fall, wo der stifter der attischen demokratie für etwas verantwortlich gemacht
war, was nicht jünger sondern älter war. denn der schwur, des amtes so zu walten
wie unter Akastos, ist vorgeschrieben, als man von Akastos noch etwas wuſste. die
buſse besteht nicht in geld, sondern in der weihung einer ‘männerstatue’ (ἀνδϱιάς:
das femininum dazu ist κόϱη CIA IV p. 179. so müssen wir die ‘Apollonstatuen’
und die ‘tanten’ von der burg nennen: das bedeuten sie, nichts anderes) an den
delphischen gott. auch das ist deutlich vorsolonisch. er würde gesagt haben, εὐϑυ-
νέσϑω μυϱίασι δϱαχμῇσι. aber es gab noch kein geld, als dieser schwur eingeführt
ward, mit dem der adel seine executivbeamten band, die unumschränkt wie die
magistrate Roms neben dem rate des Areshügels standen. Solon stellte neben sie
die gerichte, über sie εὔϑυνα in verschiedner weise, vor allem durch den rat: er
hatte keine veranlassung sie durch bloſs moralische mittel zu bändigen, vielmehr
schuf er materielle bande für ihre begehrlichkeit, weil die moralischen nicht genügt
hatten.
9) 55, 5. erst hier erfahren wir die doppelte vereidigung, auf dem markt und
auf der burg (hier haben auch die strategen geschworen, Deinarch. 3, 2, vielleicht
auch andere). dann wird der stein beschrieben als der “unter dem sich die schwur-
opfer befinden.” damit ist ein bestimmter ort bezeichnet; Aristoteles hat die bei
Pollux erhaltene genauere angabe “neben der königshalle” fortgelassen. dann sind
das also nicht die schwuropfer für den jedesmal zu leistenden eid, sonst könnte
man sie ja unter jeden stein legen. auch könnte das nicht τὰ τόμι̕ ἐστίν heiſsen,
was vielmehr ihre dauernde anwesenheit fordert. dauernd können keine fleischstücke
auf einem stein liegen, folglich ist die lesart ὑφ̕ ᾧ die richtige (Aristoteles würde
auch nimmermehr ἐφ̕ ᾧ τὰ τόμι̕ ἐστὶν ἐφ̕ οὗ καί neben einander gestellt haben).
die τόμια sind also ganz bestimmte, die einmal zur ewigen bekräftigung auf dem
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[46/0060] I. 3. Solon. “an dem steine”, der hier gar nicht näher bezeichnet wird. ein ὅϑεν ἔτι καὶ νῦν οὕτως ὀμνύουσι gesteht in wahrheit zu, daſs der noch gegenwärtig geltende gebrauch den solonischen erst hat erschlieſsen lassen. 8) aber den schluſs hat nicht erst der hier so kurz redende schrift- steller gezogen. und es wird deutlich, daſs er wirklich eine ausführ- lichere vorlage kürzt, wenn man sieht, daſs in dem darstellenden teile die ceremonien und locale viel genauer geschildert werden. 9) finden 7) 8) Also sind wir nicht verbunden die feierliche vereidigung der archonten und die formel ihres eides für solonisch zu halten. sie galt nur noch, war also von Solon auch vorgeschrieben, stand sogar vielleicht in seinen gesetzen. aber hier war einmal ein fall, wo der stifter der attischen demokratie für etwas verantwortlich gemacht war, was nicht jünger sondern älter war. denn der schwur, des amtes so zu walten wie unter Akastos, ist vorgeschrieben, als man von Akastos noch etwas wuſste. die buſse besteht nicht in geld, sondern in der weihung einer ‘männerstatue’ (ἀνδϱιάς: das femininum dazu ist κόϱη CIA IV p. 179. so müssen wir die ‘Apollonstatuen’ und die ‘tanten’ von der burg nennen: das bedeuten sie, nichts anderes) an den delphischen gott. auch das ist deutlich vorsolonisch. er würde gesagt haben, εὐϑυ- νέσϑω μυϱίασι δϱαχμῇσι. aber es gab noch kein geld, als dieser schwur eingeführt ward, mit dem der adel seine executivbeamten band, die unumschränkt wie die magistrate Roms neben dem rate des Areshügels standen. Solon stellte neben sie die gerichte, über sie εὔϑυνα in verschiedner weise, vor allem durch den rat: er hatte keine veranlassung sie durch bloſs moralische mittel zu bändigen, vielmehr schuf er materielle bande für ihre begehrlichkeit, weil die moralischen nicht genügt hatten. 9) 55, 5. erst hier erfahren wir die doppelte vereidigung, auf dem markt und auf der burg (hier haben auch die strategen geschworen, Deinarch. 3, 2, vielleicht auch andere). dann wird der stein beschrieben als der “unter dem sich die schwur- opfer befinden.” damit ist ein bestimmter ort bezeichnet; Aristoteles hat die bei Pollux erhaltene genauere angabe “neben der königshalle” fortgelassen. dann sind das also nicht die schwuropfer für den jedesmal zu leistenden eid, sonst könnte man sie ja unter jeden stein legen. auch könnte das nicht τὰ τόμι̕ ἐστίν heiſsen, was vielmehr ihre dauernde anwesenheit fordert. dauernd können keine fleischstücke auf einem stein liegen, folglich ist die lesart ὑφ̕ ᾧ die richtige (Aristoteles würde auch nimmermehr ἐφ̕ ᾧ τὰ τόμι̕ ἐστὶν ἐφ̕ οὗ καί neben einander gestellt haben). die τόμια sind also ganz bestimmte, die einmal zur ewigen bekräftigung auf dem markte unter einem steine vergraben sind, der ihr mal ist. das ist geschehen, als der eid zum ersten male geschworen ward, als die beamten sich der gemeinde gegenüber 7) so genannt, sondern es ist schlieſslich gleich στήλη, im verhältnisse zu dem fels- boden, über den sich ein hoher beschriebener stein erhebt. man nennt ja auch eine einzelne felskuppe ἀκϱωτήϱιον, und manche trägt eine archaische inschrift. Apol- lodoros hat schon ganz richtig etymologisirt und erklärt. die Korybanten tragen den namen, wie ihre vettern die Kureten, von der hartracht; sind diese die geschornen, so tragen jene den hohen wulst, eine κύϱβις κυϱβασία, den man auch κέϱας nannte; Aristoteles selbst hat κέϱᾳ ἀγλαός Λ 385 so verstanden.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles01_1893/60>, abgerufen am 21.11.2024.