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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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II. 6. Trittyen und demen.
in zehn teilen den phylen zuwies; die demen dachte Herodot als vor
Kleisthenes bereits vorhanden. das wusste die Atthis, wie natürlich,
besser; aber die einfache wahrheit zu sagen konnte sie sich nicht mehr
entschliessen. wir sehen, dass Kleisthenes teils wirkliche dörfer mit orts-
namen zu demen machte, Aixone, Rhamnus, Acharnai, teils alte geschlechter-
namen für gemeinden wählte, gewiss weil dort angehörige der geschlechter
wohnten oder gewohnt hatten, Kothokidai Aithalidai Ionidai, dies sogar
in einzelnen fällen trotzdem, dass die geschlechter einen ortsnamen neben
sich hatten, wie Paionia neben Paionidai, Kropeia neben Kropidai.10) in
diesen letzteren fällen war eine feste siedelung vielleicht sehr oft nicht
vorhanden; die gemeinde, demos, verlangt sie so wenig wie die kome.
dafür war ein eponymer ahnherr des geschlechtes im namen gegeben,
wenn auch sehr oft ein fictiver. die alten dörfer hatten vielfach einen
längst zu einer wirklichen person ausgebildeten eponymos, wie Kephale
Melite Gargettos, andere wie Rhamnus oder Halimus schwerlich, 'Dorn'
und 'Stranddistel' passen dazu recht schlecht. als sie zu gemeinden
wurden, bedurften sie eines gemeinsamen cultes. der träger des re-
ligiös gefassten gefühles der zusammengehörigkeit war der eros ktistes,
und da diese gemeinschaft so sehr bedeutend ward, ist auch der heros
an bedeutung gewachsen; doch war es zu spät, als dass die sage noch
kräftig wucherte, und in Rhamnus z. b. hat er es nicht einmal zu einem
wirklichen namen gebracht.11) so sehen wir die dinge an. aber weder
der glaube noch der rationalismus konnte das tun. für sie alle beide war
der heros uralt, hatte längst vor Kleisthenes gelebt und die gemeinde
gegründet; wenn Kleisthenes notorisch sie nicht mehr als existirend vor-
gefunden hatte, so hatte er sie doch nur restituirt. es traf sich dafür
gut, dass die neugründungen meistens gentilicische namen trugen, so

autous . . eis tous demous kai tas phulas dekakha. Lolling, der nur die gramma-
tische bildung (os trikha tetrakha) verkannte, gebührt das verdienst der emendation.
10) Die alten römischen tribus können uns am besten lehren, wie ein ge-
schlecht und ein stück der flur homonym sein können. in Attika sind selbst-
verständlich gar nicht alle solche localgentilicischen namen zu gemeinden geworden,
z. b. die Ekhelidai, so wenig wie alle dörfer, Mounikhia, Brauron, oder fluren,
Akademeia, die einen heros besassen. bei den stattlicheren dörfern, wie den beiden
genannten, fragen wir natürlich nach dem grunde und finden ihn auch, da die er-
klärung in der kleisthenischen zeit selbst gesucht werden muss.
11) ClA II 1191, inschrift eines sesselpares iereus ero arkhegetou. so war in
Daulis ein heiligtum eines eros arkhegetes, den man sich bewaffnet dachte wie alle
heroen, aber unbenannt gelassen hatte. dann kamen die mythographen und suchten
nach einem namen, Pausan. X 4, 10.

II. 6. Trittyen und demen.
in zehn teilen den phylen zuwies; die demen dachte Herodot als vor
Kleisthenes bereits vorhanden. das wuſste die Atthis, wie natürlich,
besser; aber die einfache wahrheit zu sagen konnte sie sich nicht mehr
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diesen letzteren fällen war eine feste siedelung vielleicht sehr oft nicht
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dafür war ein eponymer ahnherr des geschlechtes im namen gegeben,
wenn auch sehr oft ein fictiver. die alten dörfer hatten vielfach einen
längst zu einer wirklichen person ausgebildeten eponymos, wie Kephale
Melite Gargettos, andere wie Rhamnus oder Halimus schwerlich, ‘Dorn’
und ‘Stranddistel’ passen dazu recht schlecht. als sie zu gemeinden
wurden, bedurften sie eines gemeinsamen cultes. der träger des re-
ligiös gefaſsten gefühles der zusammengehörigkeit war der ἥϱως κτίστης,
und da diese gemeinschaft so sehr bedeutend ward, ist auch der heros
an bedeutung gewachsen; doch war es zu spät, als daſs die sage noch
kräftig wucherte, und in Rhamnus z. b. hat er es nicht einmal zu einem
wirklichen namen gebracht.11) so sehen wir die dinge an. aber weder
der glaube noch der rationalismus konnte das tun. für sie alle beide war
der heros uralt, hatte längst vor Kleisthenes gelebt und die gemeinde
gegründet; wenn Kleisthenes notorisch sie nicht mehr als existirend vor-
gefunden hatte, so hatte er sie doch nur restituirt. es traf sich dafür
gut, daſs die neugründungen meistens gentilicische namen trugen, so

αὐτοὺς . . εἰς τοὺς δήμους καὶ τὰς φυλὰς δέκαχα. Lolling, der nur die gramma-
tische bildung (ὡς τϱίχα τέτϱαχα) verkannte, gebührt das verdienst der emendation.
10) Die alten römischen tribus können uns am besten lehren, wie ein ge-
schlecht und ein stück der flur homonym sein können. in Attika sind selbst-
verständlich gar nicht alle solche localgentilicischen namen zu gemeinden geworden,
z. b. die Ἐχελίδαι, so wenig wie alle dörfer, Μουνιχία, Βϱαυϱών, oder fluren,
Ἀκαδήμεια, die einen heros besaſsen. bei den stattlicheren dörfern, wie den beiden
genannten, fragen wir natürlich nach dem grunde und finden ihn auch, da die er-
klärung in der kleisthenischen zeit selbst gesucht werden muſs.
11) ClA II 1191, inschrift eines sesselpares ἱεϱεύς ἥϱω ἀϱχηγέτου. so war in
Daulis ein heiligtum eines ἥϱως ἀϱχηγέτης, den man sich bewaffnet dachte wie alle
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[150/0160] II. 6. Trittyen und demen. in zehn teilen den phylen zuwies; die demen dachte Herodot als vor Kleisthenes bereits vorhanden. das wuſste die Atthis, wie natürlich, besser; aber die einfache wahrheit zu sagen konnte sie sich nicht mehr entschlieſsen. wir sehen, daſs Kleisthenes teils wirkliche dörfer mit orts- namen zu demen machte, Aixone, Rhamnus, Acharnai, teils alte geschlechter- namen für gemeinden wählte, gewiſs weil dort angehörige der geschlechter wohnten oder gewohnt hatten, Kothokidai Aithalidai Ionidai, dies sogar in einzelnen fällen trotzdem, daſs die geschlechter einen ortsnamen neben sich hatten, wie Paionia neben Paionidai, Kropeia neben Kropidai. 10) in diesen letzteren fällen war eine feste siedelung vielleicht sehr oft nicht vorhanden; die gemeinde, δῆμος, verlangt sie so wenig wie die κώμη. dafür war ein eponymer ahnherr des geschlechtes im namen gegeben, wenn auch sehr oft ein fictiver. die alten dörfer hatten vielfach einen längst zu einer wirklichen person ausgebildeten eponymos, wie Kephale Melite Gargettos, andere wie Rhamnus oder Halimus schwerlich, ‘Dorn’ und ‘Stranddistel’ passen dazu recht schlecht. als sie zu gemeinden wurden, bedurften sie eines gemeinsamen cultes. der träger des re- ligiös gefaſsten gefühles der zusammengehörigkeit war der ἥϱως κτίστης, und da diese gemeinschaft so sehr bedeutend ward, ist auch der heros an bedeutung gewachsen; doch war es zu spät, als daſs die sage noch kräftig wucherte, und in Rhamnus z. b. hat er es nicht einmal zu einem wirklichen namen gebracht. 11) so sehen wir die dinge an. aber weder der glaube noch der rationalismus konnte das tun. für sie alle beide war der heros uralt, hatte längst vor Kleisthenes gelebt und die gemeinde gegründet; wenn Kleisthenes notorisch sie nicht mehr als existirend vor- gefunden hatte, so hatte er sie doch nur restituirt. es traf sich dafür gut, daſs die neugründungen meistens gentilicische namen trugen, so 9) 10) Die alten römischen tribus können uns am besten lehren, wie ein ge- schlecht und ein stück der flur homonym sein können. in Attika sind selbst- verständlich gar nicht alle solche localgentilicischen namen zu gemeinden geworden, z. b. die Ἐχελίδαι, so wenig wie alle dörfer, Μουνιχία, Βϱαυϱών, oder fluren, Ἀκαδήμεια, die einen heros besaſsen. bei den stattlicheren dörfern, wie den beiden genannten, fragen wir natürlich nach dem grunde und finden ihn auch, da die er- klärung in der kleisthenischen zeit selbst gesucht werden muſs. 11) ClA II 1191, inschrift eines sesselpares ἱεϱεύς ἥϱω ἀϱχηγέτου. so war in Daulis ein heiligtum eines ἥϱως ἀϱχηγέτης, den man sich bewaffnet dachte wie alle heroen, aber unbenannt gelassen hatte. dann kamen die mythographen und suchten nach einem namen, Pausan. X 4, 10. 9) αὐτοὺς . . εἰς τοὺς δήμους καὶ τὰς φυλὰς δέκαχα. Lolling, der nur die gramma- tische bildung (ὡς τϱίχα τέτϱαχα) verkannte, gebührt das verdienst der emendation.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/160>, abgerufen am 24.11.2024.