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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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II. 7. Der athenische name.
ist allerdings nur ein privatbesitz, der den staat als solchen nicht kümmert.
wollte aber jemand sich das demotikon beilegen, ohne den nachweis der
berechtigung führen zu können, so durfte jeder Athener klagen, denn
darin lag die anmassung des bürgerrechts, die der staat so bestrafte, dass
er den schuldigen als sich verfallen betrachtete und als sclaven verkaufte.

Der name
im ge-
schlechter-
staate.
Das führt zu der unabweisbaren frage, wie denn der volle athe-
nische name vor Kleisthenes gelautet habe. patrothen allein reicht un-
möglich aus, weil dann gerade das distinctivum des bürgerrechtes fehlt: der
vater bezeichnet nur den freien mann. wir haben bisher alle teile des
römischen namens angetroffen, nur den wichtigsten nicht, den gentil-
namen, dem zu liebe die Römer den eigennamen völlig haben verkommen
lassen, wie die Athener ihrerseits den gentilnamen. was entspricht dem
M. Tullius M. f.?25) der demokratie geht der adelsstaat vorher, dessen
ordnung Rom bewahrt hat; die phyle, das kunstproduct, erwarten wir
auch in ihm nicht, aber wol wie in Rom das geschlecht. patrothen ek
genees erwarten wir die bezeichnung, wie es in der Dolonie heisst. aber
wir finden nicht was wir suchen; wenigstens die inschriften versagen
zunächst.

Geschlechts-
namen.
Es muss erst über eines klarheit werden, die s. g. patronymika auf
-ides -ades. gewiss, Tudeides Atreides Peleides Laertiades be-
zeichnen im epos hundertmal den sohn des Tydeus u. s. w. gewiss haben
das die dichter mit dem homerischen stile tausendfach nachgebildet.
und doch zeigt der gebrauch schon des epos, dass das patronymikon
eigentlich nicht mehr gilt, sondern ein gentilicium wird. die Odyssee
feiert noch den Laertiades, die Telemachie kennt keinen Odusseides
mehr. wir sind an den Peliden gewöhnt: Purros Akhilleides gieng
schön genug in den vers; aber das ist nicht formelhaft geworden. gött-
liche väter gibt es im epos genug, aber das wird niemals mit dieser ab-
leitung bezeichnet, weil der gott kein geschlecht gründet.26) Priamides

25) Die gleichung des gentilnamens mit dem demotikon ist unzulässig, erstens
weil dieses eine junge demokratische neuerung ist, dann aber auch, weil der gentil-
name unmöglich eine örtliche bedeutung haben kann. die 20 ältesten tribus haben
nicht den geschlechtern, die in ihnen sassen, ihren namen gegeben, sondern um-
gekehrt von jenen empfangen. die tribus Fabia verhält sich zu der gens Fabia wie
der demos Boutadai zu dem geschlechte Boutadai. und Quintius kommt von
Quintus, Iulius von Iullus, Claudius von Claudus, Valerius von Valerus, ganz wie
die boeotischen patronymika Lukios von Lukios, Phillios von Phillis, Molonios
von Molon.
26) ouraniones schliesst zumeist alle götter des himmels ein, weil sie da zu
hause sind, ganz wie sie später ouranidai heissen. nur E 898 wird das geschlecht

II. 7. Der athenische name.
ist allerdings nur ein privatbesitz, der den staat als solchen nicht kümmert.
wollte aber jemand sich das demotikon beilegen, ohne den nachweis der
berechtigung führen zu können, so durfte jeder Athener klagen, denn
darin lag die anmaſsung des bürgerrechts, die der staat so bestrafte, daſs
er den schuldigen als sich verfallen betrachtete und als sclaven verkaufte.

Der name
im ge-
schlechter-
staate.
Das führt zu der unabweisbaren frage, wie denn der volle athe-
nische name vor Kleisthenes gelautet habe. πατϱόϑεν allein reicht un-
möglich aus, weil dann gerade das distinctivum des bürgerrechtes fehlt: der
vater bezeichnet nur den freien mann. wir haben bisher alle teile des
römischen namens angetroffen, nur den wichtigsten nicht, den gentil-
namen, dem zu liebe die Römer den eigennamen völlig haben verkommen
lassen, wie die Athener ihrerseits den gentilnamen. was entspricht dem
M. Tullius M. f.?25) der demokratie geht der adelsstaat vorher, dessen
ordnung Rom bewahrt hat; die phyle, das kunstproduct, erwarten wir
auch in ihm nicht, aber wol wie in Rom das geschlecht. πατϱόϑεν ἐκ
γενεῆς erwarten wir die bezeichnung, wie es in der Dolonie heiſst. aber
wir finden nicht was wir suchen; wenigstens die inschriften versagen
zunächst.

Geschlechts-
namen.
Es muſs erst über eines klarheit werden, die s. g. patronymika auf
-ιδης -αδης. gewiſs, Τυδεΐδης Ἀτϱεΐδης Πηλεΐδης Λαεϱτιάδης be-
zeichnen im epos hundertmal den sohn des Tydeus u. s. w. gewiſs haben
das die dichter mit dem homerischen stile tausendfach nachgebildet.
und doch zeigt der gebrauch schon des epos, daſs das patronymikon
eigentlich nicht mehr gilt, sondern ein gentilicium wird. die Odyssee
feiert noch den Λαεϱτιάδης, die Telemachie kennt keinen Ὀδυσσεΐδης
mehr. wir sind an den Peliden gewöhnt: Πύϱϱος Ἀχιλλεΐδης gieng
schön genug in den vers; aber das ist nicht formelhaft geworden. gött-
liche väter gibt es im epos genug, aber das wird niemals mit dieser ab-
leitung bezeichnet, weil der gott kein geschlecht gründet.26) Πϱιαμίδης

25) Die gleichung des gentilnamens mit dem demotikon ist unzulässig, erstens
weil dieses eine junge demokratische neuerung ist, dann aber auch, weil der gentil-
name unmöglich eine örtliche bedeutung haben kann. die 20 ältesten tribus haben
nicht den geschlechtern, die in ihnen saſsen, ihren namen gegeben, sondern um-
gekehrt von jenen empfangen. die tribus Fabia verhält sich zu der gens Fabia wie
der demos Βουτάδαι zu dem geschlechte Βουτάδαι. und Quintius kommt von
Quintus, Iulius von Iullus, Claudius von Claudus, Valerius von Valerus, ganz wie
die boeotischen patronymika Λύκιος von Λύκιος, Φίλλιος von Φίλλις, Μολώνιος
von Μόλων.
26) οὐϱανίωνες schlieſst zumeist alle götter des himmels ein, weil sie da zu
hause sind, ganz wie sie später οὐϱανίδαι heiſsen. nur E 898 wird das geschlecht
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[180/0190] II. 7. Der athenische name. ist allerdings nur ein privatbesitz, der den staat als solchen nicht kümmert. wollte aber jemand sich das demotikon beilegen, ohne den nachweis der berechtigung führen zu können, so durfte jeder Athener klagen, denn darin lag die anmaſsung des bürgerrechts, die der staat so bestrafte, daſs er den schuldigen als sich verfallen betrachtete und als sclaven verkaufte. Das führt zu der unabweisbaren frage, wie denn der volle athe- nische name vor Kleisthenes gelautet habe. πατϱόϑεν allein reicht un- möglich aus, weil dann gerade das distinctivum des bürgerrechtes fehlt: der vater bezeichnet nur den freien mann. wir haben bisher alle teile des römischen namens angetroffen, nur den wichtigsten nicht, den gentil- namen, dem zu liebe die Römer den eigennamen völlig haben verkommen lassen, wie die Athener ihrerseits den gentilnamen. was entspricht dem M. Tullius M. f.? 25) der demokratie geht der adelsstaat vorher, dessen ordnung Rom bewahrt hat; die phyle, das kunstproduct, erwarten wir auch in ihm nicht, aber wol wie in Rom das geschlecht. πατϱόϑεν ἐκ γενεῆς erwarten wir die bezeichnung, wie es in der Dolonie heiſst. aber wir finden nicht was wir suchen; wenigstens die inschriften versagen zunächst. Der name im ge- schlechter- staate. Es muſs erst über eines klarheit werden, die s. g. patronymika auf -ιδης -αδης. gewiſs, Τυδεΐδης Ἀτϱεΐδης Πηλεΐδης Λαεϱτιάδης be- zeichnen im epos hundertmal den sohn des Tydeus u. s. w. gewiſs haben das die dichter mit dem homerischen stile tausendfach nachgebildet. und doch zeigt der gebrauch schon des epos, daſs das patronymikon eigentlich nicht mehr gilt, sondern ein gentilicium wird. die Odyssee feiert noch den Λαεϱτιάδης, die Telemachie kennt keinen Ὀδυσσεΐδης mehr. wir sind an den Peliden gewöhnt: Πύϱϱος Ἀχιλλεΐδης gieng schön genug in den vers; aber das ist nicht formelhaft geworden. gött- liche väter gibt es im epos genug, aber das wird niemals mit dieser ab- leitung bezeichnet, weil der gott kein geschlecht gründet. 26) Πϱιαμίδης Geschlechts- namen. 25) Die gleichung des gentilnamens mit dem demotikon ist unzulässig, erstens weil dieses eine junge demokratische neuerung ist, dann aber auch, weil der gentil- name unmöglich eine örtliche bedeutung haben kann. die 20 ältesten tribus haben nicht den geschlechtern, die in ihnen saſsen, ihren namen gegeben, sondern um- gekehrt von jenen empfangen. die tribus Fabia verhält sich zu der gens Fabia wie der demos Βουτάδαι zu dem geschlechte Βουτάδαι. und Quintius kommt von Quintus, Iulius von Iullus, Claudius von Claudus, Valerius von Valerus, ganz wie die boeotischen patronymika Λύκιος von Λύκιος, Φίλλιος von Φίλλις, Μολώνιος von Μόλων. 26) οὐϱανίωνες schlieſst zumeist alle götter des himmels ein, weil sie da zu hause sind, ganz wie sie später οὐϱανίδαι heiſsen. nur E 898 wird das geschlecht

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/190>, abgerufen am 27.11.2024.