Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.20000 kostgänger des Reiches. die abholung der tribute. wir haben bisher den fehler gemacht, an dentransport dieser hohen summen gar nicht zu denken, da sie, wie sich gebührte, von gesandtschaften der städte in Athen an die hellenotamien gezahlt wurden. das war gedankenlos; denn mit 10 talenten im koffer reist ein gesandter unsicher, und die talente mit ihm auch nicht immer sicher. es entspricht der tüchtigen Reichsverwaltung, dass sie, wenn im frühjahre das meer aufgieng, ein par kriegsschiffe mobil machte und in die provinzen schickte um die gesandtschaften sammt den fälligen tributen zu holen. das erscheinen des schiffes beförderte ohne frage die geneigt- heit zu zahlen, verspätungen und unglücksfälle des transportes wurden vermieden, und es machte sich noch dazu sehr vornehm, wenn die ge- sandten auf den galeeren des vororts befördert wurden. ihre anwesen- heit an den städtischen Dionysien und die procession, bei der die gelder selbst als ein zwar profanes aber sehr eindrucksvolles stück paradirten, gehört in die selbe richtungslinie der politik. was trotzdem an tributen rückständig blieb, ward im laufe des sommers durch nees argurologoi eingetrieben, was denn schon den minder freundlichen charakter der execution trug. Die zahl dieser schiffe ist schon von einer lücke in der handschrift 7) Ganz verwerflich ist die conjectur nees ai tous phrourous (für phorous)
agousai tous apo tou kuamou diskhilious andras. denn sie renkt den satz zwar ein, aber sinn gibt sie schlechterdings nicht. da die phrouroi an den ort gehören, den sie bewachen, so könnten dieses nur transportschiffe sein, von denen also nur die schiffsmannschaft gerechnet werden könnte, die phrouroi sind ja in den 2500 hopliten vorher enthalten. was soll also ihre zahl hier, und wo bleiben die schiffsmannschaften in der berechnung? zu dem transporte der phrouroi, z. b. nach Byzantion, eignen sich trieren schlecht, da die soldaten, weil sie nicht heimkehren, nicht selbst rudern können. wie soll aber überhaupt neben den wachtschiffen, die als solche in rech- nung gestellt sind, ein posten stehn, der zwar schiffe nennt, aber nicht rechnet, und dafür leute rechnet, die nur gelegentlich, als auf jenen schiffen überfahrend, erwähnt werden? 20000 kostgänger des Reiches. die abholung der tribute. wir haben bisher den fehler gemacht, an dentransport dieser hohen summen gar nicht zu denken, da sie, wie sich gebührte, von gesandtschaften der städte in Athen an die hellenotamien gezahlt wurden. das war gedankenlos; denn mit 10 talenten im koffer reist ein gesandter unsicher, und die talente mit ihm auch nicht immer sicher. es entspricht der tüchtigen Reichsverwaltung, daſs sie, wenn im frühjahre das meer aufgieng, ein par kriegsschiffe mobil machte und in die provinzen schickte um die gesandtschaften sammt den fälligen tributen zu holen. das erscheinen des schiffes beförderte ohne frage die geneigt- heit zu zahlen, verspätungen und unglücksfälle des transportes wurden vermieden, und es machte sich noch dazu sehr vornehm, wenn die ge- sandten auf den galeeren des vororts befördert wurden. ihre anwesen- heit an den städtischen Dionysien und die procession, bei der die gelder selbst als ein zwar profanes aber sehr eindrucksvolles stück paradirten, gehört in die selbe richtungslinie der politik. was trotzdem an tributen rückständig blieb, ward im laufe des sommers durch νῆες ἀϱγυϱολόγοι eingetrieben, was denn schon den minder freundlichen charakter der execution trug. Die zahl dieser schiffe ist schon von einer lücke in der handschrift 7) Ganz verwerflich ist die conjectur νῆες αἱ τοὺς φϱουϱοὺς (für φόϱους)
ἄγουσαι τοὺς ἀπὸ τοῦ κυάμου δισχιλίους ἄνδϱας. denn sie renkt den satz zwar ein, aber sinn gibt sie schlechterdings nicht. da die φϱουϱοί an den ort gehören, den sie bewachen, so könnten dieses nur transportschiffe sein, von denen also nur die schiffsmannschaft gerechnet werden könnte, die φϱουϱοί sind ja in den 2500 hopliten vorher enthalten. was soll also ihre zahl hier, und wo bleiben die schiffsmannschaften in der berechnung? zu dem transporte der φϱουϱοί, z. b. nach Byzantion, eignen sich trieren schlecht, da die soldaten, weil sie nicht heimkehren, nicht selbst rudern können. wie soll aber überhaupt neben den wachtschiffen, die als solche in rech- nung gestellt sind, ein posten stehn, der zwar schiffe nennt, aber nicht rechnet, und dafür leute rechnet, die nur gelegentlich, als auf jenen schiffen überfahrend, erwähnt werden? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0215" n="205"/><fw place="top" type="header">20000 kostgänger des Reiches.</fw><lb/> die abholung der tribute. wir haben bisher den fehler gemacht, an den<lb/> transport dieser hohen summen gar nicht zu denken, da sie, wie sich<lb/> gebührte, von gesandtschaften der städte in Athen an die hellenotamien<lb/> gezahlt wurden. das war gedankenlos; denn mit 10 talenten im koffer<lb/> reist ein gesandter unsicher, und die talente mit ihm auch nicht immer<lb/> sicher. es entspricht der tüchtigen Reichsverwaltung, daſs sie, wenn im<lb/> frühjahre das meer aufgieng, ein par kriegsschiffe mobil machte und in<lb/> die provinzen schickte um die gesandtschaften sammt den fälligen tributen<lb/> zu holen. das erscheinen des schiffes beförderte ohne frage die geneigt-<lb/> heit zu zahlen, verspätungen und unglücksfälle des transportes wurden<lb/> vermieden, und es machte sich noch dazu sehr vornehm, wenn die ge-<lb/> sandten auf den galeeren des vororts befördert wurden. ihre anwesen-<lb/> heit an den städtischen Dionysien und die procession, bei der die gelder<lb/> selbst als ein zwar profanes aber sehr eindrucksvolles stück paradirten,<lb/> gehört in die selbe richtungslinie der politik. was trotzdem an tributen<lb/> rückständig blieb, ward im laufe des sommers durch νῆες ἀϱγυϱολόγοι<lb/> eingetrieben, was denn schon den minder freundlichen charakter der<lb/> execution trug.</p><lb/> <p>Die zahl dieser schiffe ist schon von einer lücke in der handschrift<lb/> verschlungen, und es folgte ein accusativ, der schlechterdings nicht con-<lb/> struirt werden kann<note place="foot" n="7)">Ganz verwerflich ist die conjectur νῆες αἱ τοὺς φϱουϱοὺς (für φόϱους)<lb/> ἄγουσαι τοὺς ἀπὸ τοῦ κυάμου δισχιλίους ἄνδϱας. denn sie renkt den satz zwar ein,<lb/> aber sinn gibt sie schlechterdings nicht. da die φϱουϱοί an den ort gehören, den<lb/> sie bewachen, so könnten dieses nur transportschiffe sein, von denen also nur die<lb/> schiffsmannschaft gerechnet werden könnte, die φϱουϱοί sind ja in den 2500 hopliten<lb/> vorher enthalten. was soll also ihre zahl hier, und wo bleiben die schiffsmannschaften<lb/> in der berechnung? zu dem transporte der φϱουϱοί, z. b. nach Byzantion, eignen<lb/> sich trieren schlecht, da die soldaten, weil sie nicht heimkehren, nicht selbst rudern<lb/> können. wie soll aber überhaupt neben den wachtschiffen, die als solche in rech-<lb/> nung gestellt sind, ein posten stehn, der zwar schiffe nennt, aber nicht rechnet,<lb/> und dafür leute rechnet, die nur gelegentlich, als auf jenen schiffen überfahrend,<lb/> erwähnt werden?</note>, 2000 ausgeloste bürger. die erlosung ist für mili-<lb/> tärische verwendung seltsam; andererseits müſste man eine sehr beträcht-<lb/> liche lücke annehmen, wenn die 2000 nicht mehr unter die militärischen<lb/> institutionen fallen sollten, und man möchte auch neben 2500 hopliten<lb/> eine entsprechende beteiligung von theten erwarten. wenn die phyle oder<lb/> ihre demen für 200 stellen, deren obliegenheiten keine besondere mili-<lb/> tärische ausbildung forderten, candidaten präsentirten, aus denen dann die<lb/> losung vorgenommen ward, wie später für ratsherren und wächter, so<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [205/0215]
20000 kostgänger des Reiches.
die abholung der tribute. wir haben bisher den fehler gemacht, an den
transport dieser hohen summen gar nicht zu denken, da sie, wie sich
gebührte, von gesandtschaften der städte in Athen an die hellenotamien
gezahlt wurden. das war gedankenlos; denn mit 10 talenten im koffer
reist ein gesandter unsicher, und die talente mit ihm auch nicht immer
sicher. es entspricht der tüchtigen Reichsverwaltung, daſs sie, wenn im
frühjahre das meer aufgieng, ein par kriegsschiffe mobil machte und in
die provinzen schickte um die gesandtschaften sammt den fälligen tributen
zu holen. das erscheinen des schiffes beförderte ohne frage die geneigt-
heit zu zahlen, verspätungen und unglücksfälle des transportes wurden
vermieden, und es machte sich noch dazu sehr vornehm, wenn die ge-
sandten auf den galeeren des vororts befördert wurden. ihre anwesen-
heit an den städtischen Dionysien und die procession, bei der die gelder
selbst als ein zwar profanes aber sehr eindrucksvolles stück paradirten,
gehört in die selbe richtungslinie der politik. was trotzdem an tributen
rückständig blieb, ward im laufe des sommers durch νῆες ἀϱγυϱολόγοι
eingetrieben, was denn schon den minder freundlichen charakter der
execution trug.
Die zahl dieser schiffe ist schon von einer lücke in der handschrift
verschlungen, und es folgte ein accusativ, der schlechterdings nicht con-
struirt werden kann 7), 2000 ausgeloste bürger. die erlosung ist für mili-
tärische verwendung seltsam; andererseits müſste man eine sehr beträcht-
liche lücke annehmen, wenn die 2000 nicht mehr unter die militärischen
institutionen fallen sollten, und man möchte auch neben 2500 hopliten
eine entsprechende beteiligung von theten erwarten. wenn die phyle oder
ihre demen für 200 stellen, deren obliegenheiten keine besondere mili-
tärische ausbildung forderten, candidaten präsentirten, aus denen dann die
losung vorgenommen ward, wie später für ratsherren und wächter, so
7) Ganz verwerflich ist die conjectur νῆες αἱ τοὺς φϱουϱοὺς (für φόϱους)
ἄγουσαι τοὺς ἀπὸ τοῦ κυάμου δισχιλίους ἄνδϱας. denn sie renkt den satz zwar ein,
aber sinn gibt sie schlechterdings nicht. da die φϱουϱοί an den ort gehören, den
sie bewachen, so könnten dieses nur transportschiffe sein, von denen also nur die
schiffsmannschaft gerechnet werden könnte, die φϱουϱοί sind ja in den 2500 hopliten
vorher enthalten. was soll also ihre zahl hier, und wo bleiben die schiffsmannschaften
in der berechnung? zu dem transporte der φϱουϱοί, z. b. nach Byzantion, eignen
sich trieren schlecht, da die soldaten, weil sie nicht heimkehren, nicht selbst rudern
können. wie soll aber überhaupt neben den wachtschiffen, die als solche in rech-
nung gestellt sind, ein posten stehn, der zwar schiffe nennt, aber nicht rechnet,
und dafür leute rechnet, die nur gelegentlich, als auf jenen schiffen überfahrend,
erwähnt werden?
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