Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.II. 11. Timemata parekhomenoi. ausdruck ist ein anderer. dass in jener schweren zeit die directe steuer,die eisphora, oft erhoben worden war, also die grenzlinie zwischen dem der das eingeschätzte leistete oder leisten konnte und den theten eine effective bedeutung hatte, also auch die berechtigung constatirt werden konnte, ist durchaus glaublich. dennoch wundert man sich über die veränderte terminologie, die unmöglich bloss in dem worte bestehen kann, und wundert sich über ein solches tribunal. Aufklärung verschaffen uns nicht die dürftigen geschichtlichen be- Das erste ist die zwölfte rede des Lysias, die wir nach der hand- "Mir wird es nicht schwer mit meiner anklage anzufangen, aber 2) Diodor 14, 33 und Nepos im Thrasybul geben nur das schliessliche resultat,
obwol ihre worte noch den anschluss an das versöhnungsdecret zeigen. Xenophon Hell. 2, 4, 38--43 hat auch die hauptbestimmungen der amnestie vor augen (38 ist zu schreiben ei de tines phobointo ton ex asteos, edosan autois Eleusina katoi- kiein; überliefert ist edoxen für edosan), aber er hat es für wirkungsvoll gehalten, dem Thrasybulos eine schöne versöhnungsrede zu geben, in der er den städtern ihren mangel an dikaiosune andreia und gnome zu gemüte führt, den demos mahnt die eide zu halten. das ist eine sehr wenig versöhnliche rede, die überhaupt mehr für Xenophons Kyros passt. dann folgt als erzählung, dass sie die altangestammten gesetze bewahrten, beamte wählten und also verfassungsmässig und einträchtig lebten. das sind redensarten. er hat die Dreissig gehasst und Thrasybulos verehrt; das war ganz brav, aber gewusst hat er herzlich wenig, und hier beherrscht selbst ihn die demokratische phrase. II. 11. Τιμήματα παϱεχόμενοι. ausdruck ist ein anderer. daſs in jener schweren zeit die directe steuer,die εἰσφοϱά, oft erhoben worden war, also die grenzlinie zwischen dem der das eingeschätzte leistete oder leisten konnte und den theten eine effective bedeutung hatte, also auch die berechtigung constatirt werden konnte, ist durchaus glaublich. dennoch wundert man sich über die veränderte terminologie, die unmöglich bloſs in dem worte bestehen kann, und wundert sich über ein solches tribunal. Aufklärung verschaffen uns nicht die dürftigen geschichtlichen be- Das erste ist die zwölfte rede des Lysias, die wir nach der hand- “Mir wird es nicht schwer mit meiner anklage anzufangen, aber 2) Diodor 14, 33 und Nepos im Thrasybul geben nur das schlieſsliche resultat,
obwol ihre worte noch den anschluſs an das versöhnungsdecret zeigen. Xenophon Hell. 2, 4, 38—43 hat auch die hauptbestimmungen der amnestie vor augen (38 ist zu schreiben εἰ δέ τινες φοβοῖντο τῶν ἐξ ἄστεως, ἔδοσαν αὐτοῖς Ἐλευσῖνα κατοι- κιεῖν; überliefert ist ἔδοξεν für ἔδοσαν), aber er hat es für wirkungsvoll gehalten, dem Thrasybulos eine schöne versöhnungsrede zu geben, in der er den städtern ihren mangel an δικαιοσύνη ἀνδϱεία und γνώμη zu gemüte führt, den demos mahnt die eide zu halten. das ist eine sehr wenig versöhnliche rede, die überhaupt mehr für Xenophons Kyros paſst. dann folgt als erzählung, daſs sie die altangestammten gesetze bewahrten, beamte wählten und also verfassungsmäſsig und einträchtig lebten. das sind redensarten. er hat die Dreiſsig gehaſst und Thrasybulos verehrt; das war ganz brav, aber gewuſst hat er herzlich wenig, und hier beherrscht selbst ihn die demokratische phrase. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0228" n="218"/><fw place="top" type="header">II. 11. Τιμήματα παϱεχόμενοι.</fw><lb/> ausdruck ist ein anderer. daſs in jener schweren zeit die directe steuer,<lb/> die εἰσφοϱά, oft erhoben worden war, also die grenzlinie zwischen dem<lb/> der das eingeschätzte leistete oder leisten konnte und den theten eine<lb/> effective bedeutung hatte, also auch die berechtigung constatirt werden<lb/> konnte, ist durchaus glaublich. dennoch wundert man sich über die<lb/> veränderte terminologie, die unmöglich bloſs in dem worte bestehen kann,<lb/> und wundert sich über ein solches tribunal.</p><lb/> <p>Aufklärung verschaffen uns nicht die dürftigen geschichtlichen be-<lb/><note place="left">Lysias<lb/> wider<lb/> Erato-<lb/> sthenes.</note>richte<note place="foot" n="2)">Diodor 14, 33 und Nepos im Thrasybul geben nur das schlieſsliche resultat,<lb/> obwol ihre worte noch den anschluſs an das versöhnungsdecret zeigen. Xenophon<lb/> Hell. 2, 4, 38—43 hat auch die hauptbestimmungen der amnestie vor augen (38 ist zu<lb/> schreiben εἰ δέ τινες φοβοῖντο τῶν ἐξ ἄστεως, ἔδοσαν αὐτοῖς Ἐλευσῖνα κατοι-<lb/> κιεῖν; überliefert ist ἔδοξεν für ἔδοσαν), aber er hat es für wirkungsvoll gehalten,<lb/> dem Thrasybulos eine schöne versöhnungsrede zu geben, in der er den städtern<lb/> ihren mangel an δικαιοσύνη ἀνδϱεία und γνώμη zu gemüte führt, den demos mahnt<lb/> die eide zu halten. das ist eine sehr wenig versöhnliche rede, die überhaupt mehr<lb/> für Xenophons Kyros paſst. dann folgt als erzählung, daſs sie die altangestammten<lb/> gesetze bewahrten, beamte wählten und also verfassungsmäſsig und einträchtig lebten.<lb/> das sind redensarten. er hat die Dreiſsig gehaſst und Thrasybulos verehrt; das war<lb/> ganz brav, aber gewuſst hat er herzlich wenig, und hier beherrscht selbst ihn die<lb/> demokratische phrase.</note>; eine übergangszeit, die für die radicale demokratie wenig rühm-<lb/> lich war, ward sehr rasch und gern vergessen. aber zum glücke sind<lb/> eine anzahl documente erhalten, eben aus jener übergangszeit, die durch<lb/> den hinzutritt der neuen urkunde erst vollkommen verständlich werden.</p><lb/> <p>Das erste ist die zwölfte rede des Lysias, die wir nach der hand-<lb/> schrift κατ̕ Ἐϱατοσϑένους τοῦ γενομένου τῶν τϱιάκοντα nennen, für<lb/> die aber Pseudoplutarch den titel κατὰ τῶν τϱιάκοντα angibt. es ist<lb/> über die zeit der rede und den rechtsfall sehr viel geschrieben worden;<lb/> die sache lieſs sich in der tat bisher nicht erledigen, nun aber brauchen<lb/> wir nur noch die rede selbst zu verhören.</p><lb/> <p>“Mir wird es nicht schwer mit meiner anklage anzufangen, aber<lb/> wol aufzuhören: so schwer und so zahlreich sind ihre verbrechen”. wer<lb/> so anhebt, richtet sich gegen viele, nicht gegen einen, und die er an-<lb/> greift sind nicht zur stelle, sonst würde das pronomen οὗτος stehn,<lb/> nicht αὐτοῖς. der paragraph 21 zählt in einer durch die endreime der<lb/> glieder gorgianisch geschmückten periode die schandtaten der Dreiſsig<lb/> auf, und darauf geht es weiter καὶ εἰς τοσοῦτόν εἰσι τόλμης ἀφιγ-<lb/> μένοι ὥσϑ̕ ἥκουσιν ἀπολογησόμενοι καὶ λέγουσιν ὡς οὐδὲν κακὸν<lb/> οὐδ̕ αἰσχϱὸν εἰϱγασμένοι εἰσίν. da stimmt die mehrzahl, aber sie<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [218/0228]
II. 11. Τιμήματα παϱεχόμενοι.
ausdruck ist ein anderer. daſs in jener schweren zeit die directe steuer,
die εἰσφοϱά, oft erhoben worden war, also die grenzlinie zwischen dem
der das eingeschätzte leistete oder leisten konnte und den theten eine
effective bedeutung hatte, also auch die berechtigung constatirt werden
konnte, ist durchaus glaublich. dennoch wundert man sich über die
veränderte terminologie, die unmöglich bloſs in dem worte bestehen kann,
und wundert sich über ein solches tribunal.
Aufklärung verschaffen uns nicht die dürftigen geschichtlichen be-
richte 2); eine übergangszeit, die für die radicale demokratie wenig rühm-
lich war, ward sehr rasch und gern vergessen. aber zum glücke sind
eine anzahl documente erhalten, eben aus jener übergangszeit, die durch
den hinzutritt der neuen urkunde erst vollkommen verständlich werden.
Lysias
wider
Erato-
sthenes.
Das erste ist die zwölfte rede des Lysias, die wir nach der hand-
schrift κατ̕ Ἐϱατοσϑένους τοῦ γενομένου τῶν τϱιάκοντα nennen, für
die aber Pseudoplutarch den titel κατὰ τῶν τϱιάκοντα angibt. es ist
über die zeit der rede und den rechtsfall sehr viel geschrieben worden;
die sache lieſs sich in der tat bisher nicht erledigen, nun aber brauchen
wir nur noch die rede selbst zu verhören.
“Mir wird es nicht schwer mit meiner anklage anzufangen, aber
wol aufzuhören: so schwer und so zahlreich sind ihre verbrechen”. wer
so anhebt, richtet sich gegen viele, nicht gegen einen, und die er an-
greift sind nicht zur stelle, sonst würde das pronomen οὗτος stehn,
nicht αὐτοῖς. der paragraph 21 zählt in einer durch die endreime der
glieder gorgianisch geschmückten periode die schandtaten der Dreiſsig
auf, und darauf geht es weiter καὶ εἰς τοσοῦτόν εἰσι τόλμης ἀφιγ-
μένοι ὥσϑ̕ ἥκουσιν ἀπολογησόμενοι καὶ λέγουσιν ὡς οὐδὲν κακὸν
οὐδ̕ αἰσχϱὸν εἰϱγασμένοι εἰσίν. da stimmt die mehrzahl, aber sie
2) Diodor 14, 33 und Nepos im Thrasybul geben nur das schlieſsliche resultat,
obwol ihre worte noch den anschluſs an das versöhnungsdecret zeigen. Xenophon
Hell. 2, 4, 38—43 hat auch die hauptbestimmungen der amnestie vor augen (38 ist zu
schreiben εἰ δέ τινες φοβοῖντο τῶν ἐξ ἄστεως, ἔδοσαν αὐτοῖς Ἐλευσῖνα κατοι-
κιεῖν; überliefert ist ἔδοξεν für ἔδοσαν), aber er hat es für wirkungsvoll gehalten,
dem Thrasybulos eine schöne versöhnungsrede zu geben, in der er den städtern
ihren mangel an δικαιοσύνη ἀνδϱεία und γνώμη zu gemüte führt, den demos mahnt
die eide zu halten. das ist eine sehr wenig versöhnliche rede, die überhaupt mehr
für Xenophons Kyros paſst. dann folgt als erzählung, daſs sie die altangestammten
gesetze bewahrten, beamte wählten und also verfassungsmäſsig und einträchtig lebten.
das sind redensarten. er hat die Dreiſsig gehaſst und Thrasybulos verehrt; das war
ganz brav, aber gewuſst hat er herzlich wenig, und hier beherrscht selbst ihn die
demokratische phrase.
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