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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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III. 1. Die phratrie der Demotioniden.
einander, so sollte ich meinen, dass es evident sei, wie sie sich verhalten,
nicht als ergänzungen, sondern als dubletten. nach beiden findet eine
vorprüfung statt, aber Hierokles lässt sie in übereinstimmung mit der
älteren praxis dem Dekeleerhause: Nikodemos kennt das nicht, sondern
weist jeden vor seinen thiasos. das plenum, das der eine Demotionidai,
der andere apantes phrateres nennt, was nur ein anderer name ist,
hat die entscheidung nach Hierokles nur in dem falle, dass ein abge-
wiesener von dem urteile des Dekeleerhauses appellirt; Nikodemos macht
seine befragung obligatorisch. er hat eine strafe für den thiasos, wenn
er nach ansicht des plenums unrechtmässig auf zulassung erkannt hat:
dass Hierokles dem Dekeleerhause die zulassung völlig frei gibt, ist aller-
dings ein seltsamer missbrauch. dagegen ist Nikodemos in der strafe
für eine abgewiesene appellation milder, die er auf 100, Hierokles auf
1000 drachmen bemisst. letzteres ist so hoch, dass nicht leicht jemand
riskirt haben würde, von der entscheidung des Dekeleerhauses zu appel-
liren. darin stimmen endlich beide überein, dass den ausgeschlossenen,
der sich dabei beruhigt, keine strafe trifft.

Wie stehen nun beide beschlüsse zu einander? wenn sie gleich-
zeitig aufgezeichnet sind, so ist der zweite ein amendement zu dem ersten,
das er zum guten teile aufhebt. wenn Nikodemos etwas später erst auf-
getreten ist, so ist es ein verbesserungsantrag: denn mit ta men alla
kata ta protera psephismata fängt Nikodemos an. allerdings tragen
beide den vermerk, dass sie aufgeschrieben werden sollen, am schlusse,
der zweite, dass er daneben aufgeschrieben werden solle, so dass die
formen des attischen amendements nicht ganz gewahrt sind; doch be-
denke man, dass Nikodemos wirklich nicht sagen konnte ta men alla
kathaper Ierokles, da ja jener selbst das alte gesetz voraussetzte, und
er dasselbe sofort mit os eiretai citirte. es wird also wol so zu-
gegangen sein.

Als nach dem kriege, in dem Dekeleia das feindliche hauptquartier ge-
wesen war, nach den revolutionen und der einführung strenger gesetze über
das bürgerrecht die phratrie der Demotioniden sich wieder zusammen-
fand, ihr heiligtum herstellte und die acten, so weit sie noch da waren,
wieder hinauf brachte, zeigten sich sehr grosse schwierigkeiten, da es
genug brüder gab, die entweder selbst zweifelhafter herkunft waren oder
doch geneigt, solche elemente zu dulden. so zog es sich bis 396 hin:
da hatte Hierokles eine neuordnung vorbereitet, die dem priester seine
von alters herkömmlichen aber natürlich seit 412 in verfall geratenen
gefälle und seinem heiligtume das cultvorrecht wahrte, die vorherrschende

III. 1. Die phratrie der Demotioniden.
einander, so sollte ich meinen, daſs es evident sei, wie sie sich verhalten,
nicht als ergänzungen, sondern als dubletten. nach beiden findet eine
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älteren praxis dem Dekeleerhause: Nikodemos kennt das nicht, sondern
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er nach ansicht des plenums unrechtmäſsig auf zulassung erkannt hat:
daſs Hierokles dem Dekeleerhause die zulassung völlig frei gibt, ist aller-
dings ein seltsamer miſsbrauch. dagegen ist Nikodemos in der strafe
für eine abgewiesene appellation milder, die er auf 100, Hierokles auf
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riskirt haben würde, von der entscheidung des Dekeleerhauses zu appel-
liren. darin stimmen endlich beide überein, daſs den ausgeschlossenen,
der sich dabei beruhigt, keine strafe trifft.

Wie stehen nun beide beschlüsse zu einander? wenn sie gleich-
zeitig aufgezeichnet sind, so ist der zweite ein amendement zu dem ersten,
das er zum guten teile aufhebt. wenn Nikodemos etwas später erst auf-
getreten ist, so ist es ein verbesserungsantrag: denn mit τὰ μὲν ἄλλα
κατὰ τὰ πϱότεϱα ψηφίσματα fängt Nikodemos an. allerdings tragen
beide den vermerk, daſs sie aufgeschrieben werden sollen, am schlusse,
der zweite, daſs er daneben aufgeschrieben werden solle, so daſs die
formen des attischen amendements nicht ganz gewahrt sind; doch be-
denke man, daſs Nikodemos wirklich nicht sagen konnte τὰ μὲν ἄλλα
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er dasselbe sofort mit ὃς εἴϱηται citirte. es wird also wol so zu-
gegangen sein.

Als nach dem kriege, in dem Dekeleia das feindliche hauptquartier ge-
wesen war, nach den revolutionen und der einführung strenger gesetze über
das bürgerrecht die phratrie der Demotioniden sich wieder zusammen-
fand, ihr heiligtum herstellte und die acten, so weit sie noch da waren,
wieder hinauf brachte, zeigten sich sehr groſse schwierigkeiten, da es
genug brüder gab, die entweder selbst zweifelhafter herkunft waren oder
doch geneigt, solche elemente zu dulden. so zog es sich bis 396 hin:
da hatte Hierokles eine neuordnung vorbereitet, die dem priester seine
von alters herkömmlichen aber natürlich seit 412 in verfall geratenen
gefälle und seinem heiligtume das cultvorrecht wahrte, die vorherrschende

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[264/0274] III. 1. Die phratrie der Demotioniden. einander, so sollte ich meinen, daſs es evident sei, wie sie sich verhalten, nicht als ergänzungen, sondern als dubletten. nach beiden findet eine vorprüfung statt, aber Hierokles läſst sie in übereinstimmung mit der älteren praxis dem Dekeleerhause: Nikodemos kennt das nicht, sondern weist jeden vor seinen thiasos. das plenum, das der eine Δημοτιωνίδαι, der andere ἅπαντες φϱάτεϱες nennt, was nur ein anderer name ist, hat die entscheidung nach Hierokles nur in dem falle, daſs ein abge- wiesener von dem urteile des Dekeleerhauses appellirt; Nikodemos macht seine befragung obligatorisch. er hat eine strafe für den thiasos, wenn er nach ansicht des plenums unrechtmäſsig auf zulassung erkannt hat: daſs Hierokles dem Dekeleerhause die zulassung völlig frei gibt, ist aller- dings ein seltsamer miſsbrauch. dagegen ist Nikodemos in der strafe für eine abgewiesene appellation milder, die er auf 100, Hierokles auf 1000 drachmen bemiſst. letzteres ist so hoch, daſs nicht leicht jemand riskirt haben würde, von der entscheidung des Dekeleerhauses zu appel- liren. darin stimmen endlich beide überein, daſs den ausgeschlossenen, der sich dabei beruhigt, keine strafe trifft. Wie stehen nun beide beschlüsse zu einander? wenn sie gleich- zeitig aufgezeichnet sind, so ist der zweite ein amendement zu dem ersten, das er zum guten teile aufhebt. wenn Nikodemos etwas später erst auf- getreten ist, so ist es ein verbesserungsantrag: denn mit τὰ μὲν ἄλλα κατὰ τὰ πϱότεϱα ψηφίσματα fängt Nikodemos an. allerdings tragen beide den vermerk, daſs sie aufgeschrieben werden sollen, am schlusse, der zweite, daſs er daneben aufgeschrieben werden solle, so daſs die formen des attischen amendements nicht ganz gewahrt sind; doch be- denke man, daſs Nikodemos wirklich nicht sagen konnte τὰ μὲν ἄλλα καϑάπεϱ Ἱεϱοκλῆς, da ja jener selbst das alte gesetz voraussetzte, und er dasselbe sofort mit ὃς εἴϱηται citirte. es wird also wol so zu- gegangen sein. Als nach dem kriege, in dem Dekeleia das feindliche hauptquartier ge- wesen war, nach den revolutionen und der einführung strenger gesetze über das bürgerrecht die phratrie der Demotioniden sich wieder zusammen- fand, ihr heiligtum herstellte und die acten, so weit sie noch da waren, wieder hinauf brachte, zeigten sich sehr groſse schwierigkeiten, da es genug brüder gab, die entweder selbst zweifelhafter herkunft waren oder doch geneigt, solche elemente zu dulden. so zog es sich bis 396 hin: da hatte Hierokles eine neuordnung vorbereitet, die dem priester seine von alters herkömmlichen aber natürlich seit 412 in verfall geratenen gefälle und seinem heiligtume das cultvorrecht wahrte, die vorherrschende

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/274>, abgerufen am 24.11.2024.