Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.4. DIE SOLONISCHEN GEDICHTE. Die elegie 1) Der eingang wird nur citirt, gewissermassen als überschrift des gedichtes,
damit man es identificiren könne, also ist es unberechtigt, einen vollständigen ge- danken zu fordern. mich dünkt der dahin zielende versuch von. Blass auch sehr unglücklich, und was ich auf dem facsimile sehen kann stimmt schlecht zu seiner lesung. insbesondere muss damit gerechnet werden, dass hinter den solonischen worten sicherlich ein freier raum war. 4. DIE SOLONISCHEN GEDICHTE. Die elegie 1) Der eingang wird nur citirt, gewissermaſsen als überschrift des gedichtes,
damit man es identificiren könne, also ist es unberechtigt, einen vollständigen ge- danken zu fordern. mich dünkt der dahin zielende versuch von. Blaſs auch sehr unglücklich, und was ich auf dem facsimile sehen kann stimmt schlecht zu seiner lesung. insbesondere muſs damit gerechnet werden, daſs hinter den solonischen worten sicherlich ein freier raum war. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0314" n="[304]"/> <div n="2"> <head>4.<lb/><hi rendition="#b">DIE SOLONISCHEN GEDICHTE.</hi></head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p><note place="left">Die elegie<lb/> γινώσκω<lb/> καί μοι.</note>Aristoteles hat uns gelehrt, daſs Solon in einer elegie die grund-<lb/> sätze dargelegt hatte, zu deren durchführung ihm seine wahl zum archon<lb/> die macht gab. das gedicht gieng von einer selbstbetrachtung aus ‘ich<lb/> erkenne mit schmerzen, daſs die älteste Ionierstadt — dem abgrunde<lb/> zutreibt’, nicht anders können wir den schwer verständlichen gedanken des<lb/> ersten distichons ergänzen.<note place="foot" n="1)">Der eingang wird nur citirt, gewissermaſsen als überschrift des gedichtes,<lb/> damit man es identificiren könne, also ist es unberechtigt, einen vollständigen ge-<lb/> danken zu fordern. mich dünkt der dahin zielende versuch von. Blaſs auch sehr<lb/> unglücklich, und was ich auf dem facsimile sehen kann stimmt schlecht zu seiner<lb/> lesung. insbesondere muſs damit gerechnet werden, daſs hinter den solonischen<lb/> worten sicherlich ein freier raum war.</note> wir erfahren weiter, daſs im eingange des<lb/> gedichtes Solon ‘habsucht und übermut’ der herrschenden classe geiſselte<lb/> und später diese direct anredete: ‘bescheidet euch; denn wir dulden das<lb/> nicht mehr, und nicht alles wird euch gefüge sein’. da in der allge-<lb/> meinen charakteristik gesagt wird, daſs Solon ‘für beide wider beide<lb/> stritt’, erschlieſsen wir, daſs er in entsprechender weise auch die besitz-<lb/> losen und ihre begehrlichkeit in directer ansprache gegeiſselt hat. das<lb/> ganze war also eine volksrede in versen. wer elegie und iambos sich<lb/> genauer ansieht, wird allerorten die directe ansprache vorfinden und<lb/> dem entsprechend bemerken, daſs die führer des volkes oder kleinerer<lb/> kreise in Ionien die dichter sind. in Sparta redet der repraesentant<lb/> des standes zu dem heere: das ist der charakter der tyrtaeischen verse,<lb/> auf deren verfasser also nichts ankommt. für das verständnis der ionischen<lb/> poesie ist die anerkennung der persönlichen ansprache durch die als<lb/> solche bedeutende person die wichtigste vorbedingung.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[304]/0314]
4.
DIE SOLONISCHEN GEDICHTE.
Aristoteles hat uns gelehrt, daſs Solon in einer elegie die grund-
sätze dargelegt hatte, zu deren durchführung ihm seine wahl zum archon
die macht gab. das gedicht gieng von einer selbstbetrachtung aus ‘ich
erkenne mit schmerzen, daſs die älteste Ionierstadt — dem abgrunde
zutreibt’, nicht anders können wir den schwer verständlichen gedanken des
ersten distichons ergänzen. 1) wir erfahren weiter, daſs im eingange des
gedichtes Solon ‘habsucht und übermut’ der herrschenden classe geiſselte
und später diese direct anredete: ‘bescheidet euch; denn wir dulden das
nicht mehr, und nicht alles wird euch gefüge sein’. da in der allge-
meinen charakteristik gesagt wird, daſs Solon ‘für beide wider beide
stritt’, erschlieſsen wir, daſs er in entsprechender weise auch die besitz-
losen und ihre begehrlichkeit in directer ansprache gegeiſselt hat. das
ganze war also eine volksrede in versen. wer elegie und iambos sich
genauer ansieht, wird allerorten die directe ansprache vorfinden und
dem entsprechend bemerken, daſs die führer des volkes oder kleinerer
kreise in Ionien die dichter sind. in Sparta redet der repraesentant
des standes zu dem heere: das ist der charakter der tyrtaeischen verse,
auf deren verfasser also nichts ankommt. für das verständnis der ionischen
poesie ist die anerkennung der persönlichen ansprache durch die als
solche bedeutende person die wichtigste vorbedingung.
Die elegie
γινώσκω
καί μοι.
1) Der eingang wird nur citirt, gewissermaſsen als überschrift des gedichtes,
damit man es identificiren könne, also ist es unberechtigt, einen vollständigen ge-
danken zu fordern. mich dünkt der dahin zielende versuch von. Blaſs auch sehr
unglücklich, und was ich auf dem facsimile sehen kann stimmt schlecht zu seiner
lesung. insbesondere muſs damit gerechnet werden, daſs hinter den solonischen
worten sicherlich ein freier raum war.
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