Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889.Der name. vermuten, dass Wiphikles der argolische name ist, welcher durch Eraklesersetzt ist, so dass die Boeoter, so lange sie sich gegen die argolische sage sträubten, den vertreter derselben ihrem Alkaios unterordneten. wie dem auch sei: selbst für die urzeit des ungeteilten volkes dürfen wir glauben, dass der träger der sage statt Frobert ein Ellenbert oder Starko aus dem geschlechte der Starkunger gewesen ist. Von natur gehen sich Hera und Herakles nichts an, ja sie mussten abbild der kampfgenossenschaft, die im ieros lokhos fortlebte. wo er in der sage auftritt, ist thebanischer einfluss sicher. man wird in ihm entweder wirklich einen führer der einwandernden Boeoter oder den vertreter eines ihrer stämme anzuerkennen haben. bedeutsam ist der namensanklang von Wiolaos an Wioleia, die tochter des Eurytos von Oichalia: aber eine verbindung lässt sich nicht erkennen. 49) Dem krebse entspricht das eingreifen des Iolaos; diese fassung ist also
thebanisch. sie beherrscht die bildende kunst seit dem ende des siebenten jahr- hunderts, wie namentlich das attische giebelrelief beweist. und die in nebendingen selbst ganz feste bildliche tradition bezeugt ein einflussreiches gedicht: schon Hesiodos selbst (theogon. 314) hat es gekannt, da er den zorn der Hera und die beteiligung des Iolaos erwähnt. Herakles führt übrigens das schwert selbst bei diesem kampfe. die vergiftung der pfeile ist also vielleicht etwas secundäres; dann also auch die gewöhnliche form der peloponnesischen Kentauromachie, welche die vergifteten pfeile voraussetzt. in diesem falle würde es nahe liegen, Stesichoros diese wendung zu- zuschreiben. Der name. vermuten, daſs Ϝιφικλῆς der argolische name ist, welcher durch Ἡρακλῆςersetzt ist, so daſs die Boeoter, so lange sie sich gegen die argolische sage sträubten, den vertreter derselben ihrem Ἀλκαῖος unterordneten. wie dem auch sei: selbst für die urzeit des ungeteilten volkes dürfen wir glauben, daſs der träger der sage statt Frobert ein Ellenbert oder Starko aus dem geschlechte der Starkunger gewesen ist. Von natur gehen sich Hera und Herakles nichts an, ja sie muſsten abbild der kampfgenossenschaft, die im ἱερὸς λόχος fortlebte. wo er in der sage auftritt, ist thebanischer einfluſs sicher. man wird in ihm entweder wirklich einen führer der einwandernden Boeoter oder den vertreter eines ihrer stämme anzuerkennen haben. bedeutsam ist der namensanklang von Ϝιόλαος an Ϝιόλεια, die tochter des Eurytos von Oichalia: aber eine verbindung läſst sich nicht erkennen. 49) Dem krebse entspricht das eingreifen des Iolaos; diese fassung ist also
thebanisch. sie beherrscht die bildende kunst seit dem ende des siebenten jahr- hunderts, wie namentlich das attische giebelrelief beweist. und die in nebendingen selbst ganz feste bildliche tradition bezeugt ein einfluſsreiches gedicht: schon Hesiodos selbst (theogon. 314) hat es gekannt, da er den zorn der Hera und die beteiligung des Iolaos erwähnt. Herakles führt übrigens das schwert selbst bei diesem kampfe. die vergiftung der pfeile ist also vielleicht etwas secundäres; dann also auch die gewöhnliche form der peloponnesischen Kentauromachie, welche die vergifteten pfeile voraussetzt. in diesem falle würde es nahe liegen, Stesichoros diese wendung zu- zuschreiben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0315" n="295"/><fw place="top" type="header">Der name.</fw><lb/> vermuten, daſs Ϝιφικλῆς der argolische name ist, welcher durch Ἡρακλῆς<lb/> ersetzt ist, so daſs die Boeoter, so lange sie sich gegen die argolische<lb/> sage sträubten, den vertreter derselben ihrem Ἀλκαῖος unterordneten.<lb/> wie dem auch sei: selbst für die urzeit des ungeteilten volkes dürfen<lb/> wir glauben, daſs der träger der sage statt Frobert ein Ellenbert oder<lb/> Starko aus dem geschlechte der Starkunger gewesen ist.</p><lb/> <p>Von natur gehen sich Hera und Herakles nichts an, ja sie muſsten<lb/> sich zunächst feindlich sein, da die Heraklesverehrer sich mit gewalt<lb/> zwischen die Heraverehrer eindrängten. deshalb gibt die argolische sage<lb/> den Herakles dem hasse Heras während seines erdenlebens preis und<lb/> stellt seine aufnahme in den himmel als eine aussöhnung mit der argo-<lb/> lischen göttin dar, die ihm ihre tochter zum weibe gibt. aber nur so<lb/> lange als hellenisch und dorisch als scharfe gegensätze von den dorischen<lb/> herren der Argolis empfunden wurden, konnten sie sich darin gefallen,<lb/> den haſs ihrer vornehmsten göttin gegen ihren vornehmsten helden aus-<lb/> zumalen. so kommt es, daſs wir zwar in der Ilias manches der art<lb/> lesen, in welche es ersichtlich durch die südasiatischen Dorer gelangt<lb/> ist, die ja aus der Argolis stammten. aber die sagen, in welchen sonst<lb/> Heras einwirkung besonders hervortritt, der kindermord, die schlangen-<lb/> würgung, die sendung des krebses im hydraabenteuer <note place="foot" n="49)">Dem krebse entspricht das eingreifen des Iolaos; diese fassung ist also<lb/> thebanisch. sie beherrscht die bildende kunst seit dem ende des siebenten jahr-<lb/> hunderts, wie namentlich das attische giebelrelief beweist. und die in nebendingen<lb/> selbst ganz feste bildliche tradition bezeugt ein einfluſsreiches gedicht: schon Hesiodos<lb/> selbst (theogon. 314) hat es gekannt, da er den zorn der Hera und die beteiligung<lb/> des Iolaos erwähnt. Herakles führt übrigens das schwert selbst bei diesem kampfe.<lb/> die vergiftung der pfeile ist also vielleicht etwas secundäres; dann also auch die<lb/> gewöhnliche form der peloponnesischen Kentauromachie, welche die vergifteten pfeile<lb/> voraussetzt. in diesem falle würde es nahe liegen, Stesichoros diese wendung zu-<lb/> zuschreiben.</note>, sind erweislich<lb/> nicht argolisch, und gerade die haupttaten, löwe, Triton, Giganto- und<lb/> Kentauromachie, Geryones und Hesperidenfahrt wissen nichts von Heras<lb/> groll. es ist das begreiflich. die neidische stiefmutter war ein sehr frucht-<lb/> bares motiv für dichterisches spiel und ist in dieser weise fortdauernd<lb/> ausgenutzt worden. aber in Argos war der feind Heras längst ‘Heras<lb/> ruhm’ geworden. es ist durchaus wahrscheinlich, daſs die ausgebildete<lb/><note xml:id="note-0315" prev="#note-0314a" place="foot" n="48)">abbild der kampfgenossenschaft, die im ἱερὸς λόχος fortlebte. wo er in der sage<lb/> auftritt, ist thebanischer einfluſs sicher. man wird in ihm entweder wirklich einen<lb/> führer der einwandernden Boeoter oder den vertreter eines ihrer stämme anzuerkennen<lb/> haben. bedeutsam ist der namensanklang von Ϝιόλαος an Ϝιόλεια, die tochter des<lb/> Eurytos von Oichalia: aber eine verbindung läſst sich nicht erkennen.</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [295/0315]
Der name.
vermuten, daſs Ϝιφικλῆς der argolische name ist, welcher durch Ἡρακλῆς
ersetzt ist, so daſs die Boeoter, so lange sie sich gegen die argolische
sage sträubten, den vertreter derselben ihrem Ἀλκαῖος unterordneten.
wie dem auch sei: selbst für die urzeit des ungeteilten volkes dürfen
wir glauben, daſs der träger der sage statt Frobert ein Ellenbert oder
Starko aus dem geschlechte der Starkunger gewesen ist.
Von natur gehen sich Hera und Herakles nichts an, ja sie muſsten
sich zunächst feindlich sein, da die Heraklesverehrer sich mit gewalt
zwischen die Heraverehrer eindrängten. deshalb gibt die argolische sage
den Herakles dem hasse Heras während seines erdenlebens preis und
stellt seine aufnahme in den himmel als eine aussöhnung mit der argo-
lischen göttin dar, die ihm ihre tochter zum weibe gibt. aber nur so
lange als hellenisch und dorisch als scharfe gegensätze von den dorischen
herren der Argolis empfunden wurden, konnten sie sich darin gefallen,
den haſs ihrer vornehmsten göttin gegen ihren vornehmsten helden aus-
zumalen. so kommt es, daſs wir zwar in der Ilias manches der art
lesen, in welche es ersichtlich durch die südasiatischen Dorer gelangt
ist, die ja aus der Argolis stammten. aber die sagen, in welchen sonst
Heras einwirkung besonders hervortritt, der kindermord, die schlangen-
würgung, die sendung des krebses im hydraabenteuer 49), sind erweislich
nicht argolisch, und gerade die haupttaten, löwe, Triton, Giganto- und
Kentauromachie, Geryones und Hesperidenfahrt wissen nichts von Heras
groll. es ist das begreiflich. die neidische stiefmutter war ein sehr frucht-
bares motiv für dichterisches spiel und ist in dieser weise fortdauernd
ausgenutzt worden. aber in Argos war der feind Heras längst ‘Heras
ruhm’ geworden. es ist durchaus wahrscheinlich, daſs die ausgebildete
48)
49) Dem krebse entspricht das eingreifen des Iolaos; diese fassung ist also
thebanisch. sie beherrscht die bildende kunst seit dem ende des siebenten jahr-
hunderts, wie namentlich das attische giebelrelief beweist. und die in nebendingen
selbst ganz feste bildliche tradition bezeugt ein einfluſsreiches gedicht: schon Hesiodos
selbst (theogon. 314) hat es gekannt, da er den zorn der Hera und die beteiligung
des Iolaos erwähnt. Herakles führt übrigens das schwert selbst bei diesem kampfe.
die vergiftung der pfeile ist also vielleicht etwas secundäres; dann also auch die
gewöhnliche form der peloponnesischen Kentauromachie, welche die vergifteten pfeile
voraussetzt. in diesem falle würde es nahe liegen, Stesichoros diese wendung zu-
zuschreiben.
48) abbild der kampfgenossenschaft, die im ἱερὸς λόχος fortlebte. wo er in der sage
auftritt, ist thebanischer einfluſs sicher. man wird in ihm entweder wirklich einen
führer der einwandernden Boeoter oder den vertreter eines ihrer stämme anzuerkennen
haben. bedeutsam ist der namensanklang von Ϝιόλαος an Ϝιόλεια, die tochter des
Eurytos von Oichalia: aber eine verbindung läſst sich nicht erkennen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |