Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.hier städtische Polizei, mit Gewalt wird hier in Warnemünde nichts ausgerichtet. Liesbeth! sagte er und hielt sie fest. Mit dreister Vertraulichkeit legte er seinen Arm um ihre Schulter, um ihr den Raub besser zu entwinden. Doch sowie sie das fühlte, stieß sie ihn zurück. Eine andere, schwerere Hand faßte sie plötzlich am Arm, und wie ein breiter Schatten trat es zwischen die Beiden. Sie sah hin, erkannte ihren Mann, Johann Ohlerich, und stieß in der unsäglichen Ueberraschung einen halben Schrei aus. Nun ja! sagte Johann Ohlerich mit grimmigem Humor; was ist da weiter zu schreien: ich wollte nur mal wieder guten Tag sagen und ein Bischen nach dem Rechten sehen. Guten Tag auch, Herr Julius! Hier werden ja sehr hübsche Spiele gespielt -- und er sah auf den Jüngling und auf die Photographie --; da kann ich freilich nicht mitmachen: ich hab' nur schwarzen Peter und armen Schäfer gelernt! -- Warum wirst du denn roth, Liesbeth? Was ist dabei roth zu werden, wenn dein Mann, Johann Ohlerich, nach Hause kommt? Die Leute in Warnemünde sagen ja alle, du wärst meine Frau, und so werd' ich dich doch auch einmal besuchen dürfen? Du hast hier gestanden und gehorcht! stieß sie auf einmal hervor und sah ihn sehr zornig an. Hier hinterm Busch hast du gesteckt, Ohlerich, hast gehorcht wie ein Spion! Es kommt mir selber so vor, antwortete er mit bösem Lächeln; wenigstens hab' ich Allerlei gehört, das ich vordem nicht gewußt hab'. Wenn wir's richtig theilen, so krieg' ich den Jungen und du den Herrn Julius: dann wär' Alles in Ordnung! -- Goddam! Hätt' ich mich nicht in Hamburg so schnell auf den Wagen gesetzt, so hätt' ich die ganze Buschpredigt verpaßt und wär' noch der dumme Johann Ohlerich von gestern -- so ein dummer Kerl, der sich 'ne feine Frau nimmt, die viel zu gut für ihn ist! -- Nun, was stehst du da -- sag's doch gleich heraus! Wenn du dir die Sache jetzt hier städtische Polizei, mit Gewalt wird hier in Warnemünde nichts ausgerichtet. Liesbeth! sagte er und hielt sie fest. Mit dreister Vertraulichkeit legte er seinen Arm um ihre Schulter, um ihr den Raub besser zu entwinden. Doch sowie sie das fühlte, stieß sie ihn zurück. Eine andere, schwerere Hand faßte sie plötzlich am Arm, und wie ein breiter Schatten trat es zwischen die Beiden. Sie sah hin, erkannte ihren Mann, Johann Ohlerich, und stieß in der unsäglichen Ueberraschung einen halben Schrei aus. Nun ja! sagte Johann Ohlerich mit grimmigem Humor; was ist da weiter zu schreien: ich wollte nur mal wieder guten Tag sagen und ein Bischen nach dem Rechten sehen. Guten Tag auch, Herr Julius! Hier werden ja sehr hübsche Spiele gespielt — und er sah auf den Jüngling und auf die Photographie —; da kann ich freilich nicht mitmachen: ich hab' nur schwarzen Peter und armen Schäfer gelernt! — Warum wirst du denn roth, Liesbeth? Was ist dabei roth zu werden, wenn dein Mann, Johann Ohlerich, nach Hause kommt? Die Leute in Warnemünde sagen ja alle, du wärst meine Frau, und so werd' ich dich doch auch einmal besuchen dürfen? Du hast hier gestanden und gehorcht! stieß sie auf einmal hervor und sah ihn sehr zornig an. Hier hinterm Busch hast du gesteckt, Ohlerich, hast gehorcht wie ein Spion! Es kommt mir selber so vor, antwortete er mit bösem Lächeln; wenigstens hab' ich Allerlei gehört, das ich vordem nicht gewußt hab'. Wenn wir's richtig theilen, so krieg' ich den Jungen und du den Herrn Julius: dann wär' Alles in Ordnung! — Goddam! Hätt' ich mich nicht in Hamburg so schnell auf den Wagen gesetzt, so hätt' ich die ganze Buschpredigt verpaßt und wär' noch der dumme Johann Ohlerich von gestern — so ein dummer Kerl, der sich 'ne feine Frau nimmt, die viel zu gut für ihn ist! — Nun, was stehst du da — sag's doch gleich heraus! Wenn du dir die Sache jetzt <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0019"/> hier städtische Polizei, mit Gewalt wird hier in Warnemünde nichts ausgerichtet.</p><lb/> <p>Liesbeth! sagte er und hielt sie fest. Mit dreister Vertraulichkeit legte er seinen Arm um ihre Schulter, um ihr den Raub besser zu entwinden. Doch sowie sie das fühlte, stieß sie ihn zurück. Eine andere, schwerere Hand faßte sie plötzlich am Arm, und wie ein breiter Schatten trat es zwischen die Beiden. Sie sah hin, erkannte ihren Mann, Johann Ohlerich, und stieß in der unsäglichen Ueberraschung einen halben Schrei aus.</p><lb/> <p>Nun ja! sagte Johann Ohlerich mit grimmigem Humor; was ist da weiter zu schreien: ich wollte nur mal wieder guten Tag sagen und ein Bischen nach dem Rechten sehen. Guten Tag auch, Herr Julius! Hier werden ja sehr hübsche Spiele gespielt — und er sah auf den Jüngling und auf die Photographie —; da kann ich freilich nicht mitmachen: ich hab' nur schwarzen Peter und armen Schäfer gelernt! — Warum wirst du denn roth, Liesbeth? Was ist dabei roth zu werden, wenn dein Mann, Johann Ohlerich, nach Hause kommt? Die Leute in Warnemünde sagen ja alle, du wärst meine Frau, und so werd' ich dich doch auch einmal besuchen dürfen?</p><lb/> <p>Du hast hier gestanden und gehorcht! stieß sie auf einmal hervor und sah ihn sehr zornig an. Hier hinterm Busch hast du gesteckt, Ohlerich, hast gehorcht wie ein Spion!</p><lb/> <p>Es kommt mir selber so vor, antwortete er mit bösem Lächeln; wenigstens hab' ich Allerlei gehört, das ich vordem nicht gewußt hab'. Wenn wir's richtig theilen, so krieg' ich den Jungen und du den Herrn Julius: dann wär' Alles in Ordnung! — Goddam! Hätt' ich mich nicht in Hamburg so schnell auf den Wagen gesetzt, so hätt' ich die ganze Buschpredigt verpaßt und wär' noch der dumme Johann Ohlerich von gestern — so ein dummer Kerl, der sich 'ne feine Frau nimmt, die viel zu gut für ihn ist! — Nun, was stehst du da — sag's doch gleich heraus! Wenn du dir die Sache jetzt<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0019]
hier städtische Polizei, mit Gewalt wird hier in Warnemünde nichts ausgerichtet.
Liesbeth! sagte er und hielt sie fest. Mit dreister Vertraulichkeit legte er seinen Arm um ihre Schulter, um ihr den Raub besser zu entwinden. Doch sowie sie das fühlte, stieß sie ihn zurück. Eine andere, schwerere Hand faßte sie plötzlich am Arm, und wie ein breiter Schatten trat es zwischen die Beiden. Sie sah hin, erkannte ihren Mann, Johann Ohlerich, und stieß in der unsäglichen Ueberraschung einen halben Schrei aus.
Nun ja! sagte Johann Ohlerich mit grimmigem Humor; was ist da weiter zu schreien: ich wollte nur mal wieder guten Tag sagen und ein Bischen nach dem Rechten sehen. Guten Tag auch, Herr Julius! Hier werden ja sehr hübsche Spiele gespielt — und er sah auf den Jüngling und auf die Photographie —; da kann ich freilich nicht mitmachen: ich hab' nur schwarzen Peter und armen Schäfer gelernt! — Warum wirst du denn roth, Liesbeth? Was ist dabei roth zu werden, wenn dein Mann, Johann Ohlerich, nach Hause kommt? Die Leute in Warnemünde sagen ja alle, du wärst meine Frau, und so werd' ich dich doch auch einmal besuchen dürfen?
Du hast hier gestanden und gehorcht! stieß sie auf einmal hervor und sah ihn sehr zornig an. Hier hinterm Busch hast du gesteckt, Ohlerich, hast gehorcht wie ein Spion!
Es kommt mir selber so vor, antwortete er mit bösem Lächeln; wenigstens hab' ich Allerlei gehört, das ich vordem nicht gewußt hab'. Wenn wir's richtig theilen, so krieg' ich den Jungen und du den Herrn Julius: dann wär' Alles in Ordnung! — Goddam! Hätt' ich mich nicht in Hamburg so schnell auf den Wagen gesetzt, so hätt' ich die ganze Buschpredigt verpaßt und wär' noch der dumme Johann Ohlerich von gestern — so ein dummer Kerl, der sich 'ne feine Frau nimmt, die viel zu gut für ihn ist! — Nun, was stehst du da — sag's doch gleich heraus! Wenn du dir die Sache jetzt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T13:21:33Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T13:21:33Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |