Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite
letzte Seite

trete in unsre Marine. Zu diesen zwei Tagen hat sich viel entpuppt; ich bin eine Art von Mann geworden, Ohlerich! Ich will Admiral werden oder Kajütenjunge, mir ist Alles gleich, aber die Wasserratte will schwimmen, und ich werde schwimmen.

Leben Sie wohl, Liesbeth! -- Ich muß dir noch einmal sagen, Ohlerich, daß du ein ganzer Kerl bist. Machen Sie ihn glücklich, Liesbeth -- machen Sie ihn glücklich! Ich werde mich fassen wie ein alter Philosoph; es wird schon gehen; -- nur kann ich nicht heute Mittag mit euch Beefsteak essen! Auf Wiedersehen übers Jahr, -- wenn wir ein Jahr älter sind, einen Backenbart tragen und keine Gefühle mehr haben.

Ohlerich, ich achte dich! -- Leben Sie wohl!" -- --

Sie hatten zu Ende gelesen, Ohlerich legte das Blatt wieder zusammen. -- Ein stilles Lächeln ging ihm übers Gesicht. Und vorgestern Abend -- murmelte er -- überlegte ich mir's noch, wie ich ihm am Besten das Lebenslicht ausblasen könnte, und mir hinterdrein! -- Wo kein Humor mehr ist, da ist keine Vernunft! -- Liesbeth, ich sollte mich einen ganzen Tag lang wundern, was für ein Narr ich war.

Mein Liebster, mein Schatz bist du, Ohlerich, und weiter nichts! sagte die junge Frau, und legte ihre Lippen wieder auf seinen Mund, um ihn nicht reden zu lassen. Sie dachte an ihre eigene Narrheit, und er an die seine; und so saßen sie ganz stille da und hielten sich umschlungen.

trete in unsre Marine. Zu diesen zwei Tagen hat sich viel entpuppt; ich bin eine Art von Mann geworden, Ohlerich! Ich will Admiral werden oder Kajütenjunge, mir ist Alles gleich, aber die Wasserratte will schwimmen, und ich werde schwimmen.

Leben Sie wohl, Liesbeth! — Ich muß dir noch einmal sagen, Ohlerich, daß du ein ganzer Kerl bist. Machen Sie ihn glücklich, Liesbeth — machen Sie ihn glücklich! Ich werde mich fassen wie ein alter Philosoph; es wird schon gehen; — nur kann ich nicht heute Mittag mit euch Beefsteak essen! Auf Wiedersehen übers Jahr, — wenn wir ein Jahr älter sind, einen Backenbart tragen und keine Gefühle mehr haben.

Ohlerich, ich achte dich! — Leben Sie wohl!“ — —

Sie hatten zu Ende gelesen, Ohlerich legte das Blatt wieder zusammen. — Ein stilles Lächeln ging ihm übers Gesicht. Und vorgestern Abend — murmelte er — überlegte ich mir's noch, wie ich ihm am Besten das Lebenslicht ausblasen könnte, und mir hinterdrein! — Wo kein Humor mehr ist, da ist keine Vernunft! — Liesbeth, ich sollte mich einen ganzen Tag lang wundern, was für ein Narr ich war.

Mein Liebster, mein Schatz bist du, Ohlerich, und weiter nichts! sagte die junge Frau, und legte ihre Lippen wieder auf seinen Mund, um ihn nicht reden zu lassen. Sie dachte an ihre eigene Narrheit, und er an die seine; und so saßen sie ganz stille da und hielten sich umschlungen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="5">
        <p><pb facs="#f0066"/>
trete in unsre Marine. Zu diesen                zwei Tagen hat sich viel entpuppt; ich bin eine Art von Mann geworden, Ohlerich! Ich                will Admiral werden oder Kajütenjunge, mir ist Alles gleich, aber die Wasserratte                will schwimmen, und ich werde schwimmen.</p><lb/>
        <p>Leben Sie wohl, Liesbeth! &#x2014; Ich muß dir noch einmal sagen, Ohlerich, daß du ein                ganzer Kerl bist. Machen Sie ihn glücklich, Liesbeth &#x2014; machen Sie ihn glücklich! Ich                werde mich fassen wie ein alter Philosoph; es wird schon gehen; &#x2014; nur kann ich nicht                heute Mittag mit euch Beefsteak essen! Auf Wiedersehen übers Jahr, &#x2014; wenn wir ein                Jahr älter sind, einen Backenbart tragen und keine Gefühle mehr haben.</p><lb/>
        <p>Ohlerich, ich achte dich! &#x2014; Leben Sie wohl!&#x201C; &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Sie hatten zu Ende gelesen, Ohlerich legte das Blatt wieder zusammen. &#x2014; Ein stilles                Lächeln ging ihm übers Gesicht. Und vorgestern Abend &#x2014; murmelte er &#x2014; überlegte ich                mir's noch, wie ich ihm am Besten das Lebenslicht ausblasen könnte, und mir                hinterdrein! &#x2014; Wo kein Humor mehr ist, da ist keine Vernunft! &#x2014; Liesbeth, ich sollte                mich einen ganzen Tag lang wundern, was für ein Narr ich war.</p><lb/>
        <p>Mein Liebster, mein Schatz bist du, Ohlerich, und weiter nichts! sagte die junge                Frau, und legte ihre Lippen wieder auf seinen Mund, um ihn nicht reden zu lassen. Sie                dachte an ihre eigene Narrheit, und er an die seine; und so saßen sie ganz stille da                und hielten sich umschlungen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0066] trete in unsre Marine. Zu diesen zwei Tagen hat sich viel entpuppt; ich bin eine Art von Mann geworden, Ohlerich! Ich will Admiral werden oder Kajütenjunge, mir ist Alles gleich, aber die Wasserratte will schwimmen, und ich werde schwimmen. Leben Sie wohl, Liesbeth! — Ich muß dir noch einmal sagen, Ohlerich, daß du ein ganzer Kerl bist. Machen Sie ihn glücklich, Liesbeth — machen Sie ihn glücklich! Ich werde mich fassen wie ein alter Philosoph; es wird schon gehen; — nur kann ich nicht heute Mittag mit euch Beefsteak essen! Auf Wiedersehen übers Jahr, — wenn wir ein Jahr älter sind, einen Backenbart tragen und keine Gefühle mehr haben. Ohlerich, ich achte dich! — Leben Sie wohl!“ — — Sie hatten zu Ende gelesen, Ohlerich legte das Blatt wieder zusammen. — Ein stilles Lächeln ging ihm übers Gesicht. Und vorgestern Abend — murmelte er — überlegte ich mir's noch, wie ich ihm am Besten das Lebenslicht ausblasen könnte, und mir hinterdrein! — Wo kein Humor mehr ist, da ist keine Vernunft! — Liesbeth, ich sollte mich einen ganzen Tag lang wundern, was für ein Narr ich war. Mein Liebster, mein Schatz bist du, Ohlerich, und weiter nichts! sagte die junge Frau, und legte ihre Lippen wieder auf seinen Mund, um ihn nicht reden zu lassen. Sie dachte an ihre eigene Narrheit, und er an die seine; und so saßen sie ganz stille da und hielten sich umschlungen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:21:33Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:21:33Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wilbrandt_ohlerich_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wilbrandt_ohlerich_1910/66
Zitationshilfe: Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilbrandt_ohlerich_1910/66>, abgerufen am 18.05.2024.