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Wild, Hermine [d. i. Adele Wesemael]: Eure Wege sind nicht meine Wege. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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beigewohnt; auch jetzt sagte sie nichts, aber in ihrem Herzen wühlte es und ließ ihr keine Ruhe. Was war es denn, was der Vater, zu dem sie stets nur mit tiefer Scheu, wie zu einem höheren Wesen, unfehlbar in seiner unerbittlichen Streng, aufgeblickt, was war es ,das er so sorgfältig, -- ja in dem Grunde ihrer Gedanken lag das Wort unausgesprochen: wie ein Verbrechen -- verbarg?

Ich muss doch dahinter kommen, sagte sie sinnend. Aber es war schwerer, als sie geglaubt.

Eines Tages war sie mit Otto im Walde.

Wir müssen heim, sagte er, es wird spät -- Oh, wir können den kürzeren Weg nehmen, meinte Leonie.

Dann müssen wir beim Thomas vorbei, und das thue ich nicht.

Der Thomas ist aber nicht zu Hause; ich hörte gestern wie die Leute sagten, er gehe heute nach der Stadt.

Das ist mir einerlei, war Otto's resolute Antwort.

So gehe ich allein, versetzte Leonie schnippisch.

Du weißt, der Vater hat's verboten, und ich sag's ihm, wenn du gehst.

Mir hat er's nicht verboten, erwiderte Leonie in gereiztem Tone. Aber du weißt, er mag mich nicht, und da freust du dich, wenn du mir einen Verdruss machen kannst.

Damit war nun freilich Otto geschlagen. Sein gutes Herz litt unter der größeren Liebe des Vaters, die er als eine Ungerechtigkeit gegen die Schwester empfand; aber sein Nachgeben zeigte sich nicht auf eine freundliche Art.

Du bist eine rechte Katze, sagte er ärgerlich und sah sie zornig an. Meinetwegen! thue was du willst. -- aber mit dir gehe ich nicht, und wenn's der Vater erfährt, so ist's meine Schuld nicht, wenn er dir ein Wetter macht.

beigewohnt; auch jetzt sagte sie nichts, aber in ihrem Herzen wühlte es und ließ ihr keine Ruhe. Was war es denn, was der Vater, zu dem sie stets nur mit tiefer Scheu, wie zu einem höheren Wesen, unfehlbar in seiner unerbittlichen Streng, aufgeblickt, was war es ,das er so sorgfältig, — ja in dem Grunde ihrer Gedanken lag das Wort unausgesprochen: wie ein Verbrechen — verbarg?

Ich muss doch dahinter kommen, sagte sie sinnend. Aber es war schwerer, als sie geglaubt.

Eines Tages war sie mit Otto im Walde.

Wir müssen heim, sagte er, es wird spät — Oh, wir können den kürzeren Weg nehmen, meinte Leonie.

Dann müssen wir beim Thomas vorbei, und das thue ich nicht.

Der Thomas ist aber nicht zu Hause; ich hörte gestern wie die Leute sagten, er gehe heute nach der Stadt.

Das ist mir einerlei, war Otto's resolute Antwort.

So gehe ich allein, versetzte Leonie schnippisch.

Du weißt, der Vater hat's verboten, und ich sag's ihm, wenn du gehst.

Mir hat er's nicht verboten, erwiderte Leonie in gereiztem Tone. Aber du weißt, er mag mich nicht, und da freust du dich, wenn du mir einen Verdruss machen kannst.

Damit war nun freilich Otto geschlagen. Sein gutes Herz litt unter der größeren Liebe des Vaters, die er als eine Ungerechtigkeit gegen die Schwester empfand; aber sein Nachgeben zeigte sich nicht auf eine freundliche Art.

Du bist eine rechte Katze, sagte er ärgerlich und sah sie zornig an. Meinetwegen! thue was du willst. — aber mit dir gehe ich nicht, und wenn's der Vater erfährt, so ist's meine Schuld nicht, wenn er dir ein Wetter macht.

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Zitationshilfe: Wild, Hermine [d. i. Adele Wesemael]: Eure Wege sind nicht meine Wege. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wild_wege_1910/21>, abgerufen am 21.11.2024.