Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
Von der Kunst unter den Hetruriern.

Die obern Götter haben sich die Hetrurier mit Würdigkeit vorgestel-C.
Bildung der
obern Götter.
a. mit Flü-
geln.

let und gebildet, und es ist von den ihnen beygelegten Eigenschaften erstlich
allgemein, und hernach insbesondere zu reden. Jupiter 1) auf einer alten
Paste; und auf einem Carniole des Stoßischen Musei, wie er in seiner
Herrlichkeit der Semele erscheinet, ist mit Flügeln vorgestellet. Diana ist,
wie bey den ältesten Griechen 2), also auch bey den Hetruriern geflügelt,
und die Flügel, welche man den Nymphen der Diana auf einer Begräb-
niß-Urne, im Campidoglio, gegeben, sind vermuthlich von den ältesten
Bildern derselben genommen. Minerva hat bey den Hetruriern nicht
allein Flügel auf den Achseln 3), sondern auch an den Füßen 4); und ein
Brittischer Scribent 5) irret sehr, wenn er vorgiebt, es finde sich keine ge-
flügelte Minerva, auch nicht einmal von Scribenten angeführet. Venus
findet sich ebenfalls mit Flügeln 6). Andern Gottheiten setzten die He-
trurier Flügel an dem Kopfe, wie der Liebe, der Proserpina, und den
Furien. Es finden sich so gar Wagen mit Flügeln 7); aber auch dieses
hatten sie mit den Griechen gemein: denn auf Eleusinischen Münzen 8)
sitzet Ceres auf einem solchen Wagen von zwo Schlangen gezogen.

Es gaben auch die Hetrurier neun Gottheiten den Donnerkeil, wieb. mit Don-
nerkeilen.

Plinius 9) lehret; er saget aber nicht, welche dieselben sind, und nie-
mand nach ihm. Wenn wir die bey den Griechen also bewaffnete Götter
sammlen, finden sich eben so viel. Unter den Göttern war, außer dem Ju-
piter, dem Apollo 10) zu Heliopolis in Assyrien verehret, der Donnerkeil
beygeleget, auch auf einer Münze 11) der Stadt Thyrria in Arcadien;

Mars
1) Descr. des Pier. gr. du Cab. de Stosch, p. 54. 55.
2) Pausan. L. 5. p. 424. l. 27.
3) Dempst. Etrur. tab. 6.
4) Cic. de Nat. deor. L. 3. c. 33.
5) Horsley Brit. Rom. p. 353.
6) Gori Mus. Etr. tab. 83.
7) Dempst. Etr. tab. 47.
8) Haym Tes. Brit. T. 2. p. 219.
9) H. N. L. 2. c. 53.
10) Macrob. Saturn. L. 1. c. 24. p. 254.
11) Golz. Graec. tab. 61.
Von der Kunſt unter den Hetruriern.

Die obern Goͤtter haben ſich die Hetrurier mit Wuͤrdigkeit vorgeſtel-C.
Bildung der
obern Goͤtter.
a. mit Fluͤ-
geln.

let und gebildet, und es iſt von den ihnen beygelegten Eigenſchaften erſtlich
allgemein, und hernach insbeſondere zu reden. Jupiter 1) auf einer alten
Paſte; und auf einem Carniole des Stoßiſchen Muſei, wie er in ſeiner
Herrlichkeit der Semele erſcheinet, iſt mit Fluͤgeln vorgeſtellet. Diana iſt,
wie bey den aͤlteſten Griechen 2), alſo auch bey den Hetruriern gefluͤgelt,
und die Fluͤgel, welche man den Nymphen der Diana auf einer Begraͤb-
niß-Urne, im Campidoglio, gegeben, ſind vermuthlich von den aͤlteſten
Bildern derſelben genommen. Minerva hat bey den Hetruriern nicht
allein Fluͤgel auf den Achſeln 3), ſondern auch an den Fuͤßen 4); und ein
Brittiſcher Scribent 5) irret ſehr, wenn er vorgiebt, es finde ſich keine ge-
fluͤgelte Minerva, auch nicht einmal von Scribenten angefuͤhret. Venus
findet ſich ebenfalls mit Fluͤgeln 6). Andern Gottheiten ſetzten die He-
trurier Fluͤgel an dem Kopfe, wie der Liebe, der Proſerpina, und den
Furien. Es finden ſich ſo gar Wagen mit Fluͤgeln 7); aber auch dieſes
hatten ſie mit den Griechen gemein: denn auf Eleuſiniſchen Muͤnzen 8)
ſitzet Ceres auf einem ſolchen Wagen von zwo Schlangen gezogen.

Es gaben auch die Hetrurier neun Gottheiten den Donnerkeil, wieb. mit Don-
nerkeilen.

Plinius 9) lehret; er ſaget aber nicht, welche dieſelben ſind, und nie-
mand nach ihm. Wenn wir die bey den Griechen alſo bewaffnete Goͤtter
ſammlen, finden ſich eben ſo viel. Unter den Goͤttern war, außer dem Ju-
piter, dem Apollo 10) zu Heliopolis in Aſſyrien verehret, der Donnerkeil
beygeleget, auch auf einer Muͤnze 11) der Stadt Thyrria in Arcadien;

Mars
1) Deſcr. des Pier. gr. du Cab. de Stoſch, p. 54. 55.
2) Pauſan. L. 5. p. 424. l. 27.
3) Dempſt. Etrur. tab. 6.
4) Cic. de Nat. deor. L. 3. c. 33.
5) Horsley Brit. Rom. p. 353.
6) Gori Muſ. Etr. tab. 83.
7) Dempſt. Etr. tab. 47.
8) Haym Teſ. Brit. T. 2. p. 219.
9) H. N. L. 2. c. 53.
10) Macrob. Saturn. L. 1. c. 24. p. 254.
11) Golz. Graec. tab. 61.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0137" n="87"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von der Kun&#x017F;t unter den Hetruriern.</hi> </fw><lb/>
            <p>Die obern Go&#x0364;tter haben &#x017F;ich die Hetrurier mit Wu&#x0364;rdigkeit vorge&#x017F;tel-<note place="right"><hi rendition="#aq">C.</hi><lb/>
Bildung der<lb/>
obern Go&#x0364;tter.<lb/><hi rendition="#aq">a.</hi> mit Flu&#x0364;-<lb/>
geln.</note><lb/>
let und gebildet, und es i&#x017F;t von den ihnen beygelegten Eigen&#x017F;chaften er&#x017F;tlich<lb/>
allgemein, und hernach insbe&#x017F;ondere zu reden. Jupiter <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">De&#x017F;cr. des Pier. gr. du Cab. de Sto&#x017F;ch, p.</hi> 54. 55.</note> auf einer alten<lb/>
Pa&#x017F;te; und auf einem Carniole des Stoßi&#x017F;chen Mu&#x017F;ei, wie er in &#x017F;einer<lb/>
Herrlichkeit der Semele er&#x017F;cheinet, i&#x017F;t mit Flu&#x0364;geln vorge&#x017F;tellet. Diana i&#x017F;t,<lb/>
wie bey den a&#x0364;lte&#x017F;ten Griechen <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Pau&#x017F;an. L. 5. p. 424. l.</hi> 27.</note>, al&#x017F;o auch bey den Hetruriern geflu&#x0364;gelt,<lb/>
und die Flu&#x0364;gel, welche man den Nymphen der Diana auf einer Begra&#x0364;b-<lb/>
niß-Urne, im Campidoglio, gegeben, &#x017F;ind vermuthlich von den a&#x0364;lte&#x017F;ten<lb/>
Bildern der&#x017F;elben genommen. Minerva hat bey den Hetruriern nicht<lb/>
allein Flu&#x0364;gel auf den Ach&#x017F;eln <note place="foot" n="3)"><hi rendition="#aq">Demp&#x017F;t. Etrur. tab.</hi> 6.</note>, &#x017F;ondern auch an den Fu&#x0364;ßen <note place="foot" n="4)"><hi rendition="#aq">Cic. de Nat. deor. L. 3. c.</hi> 33.</note>; und ein<lb/>
Britti&#x017F;cher Scribent <note place="foot" n="5)"><hi rendition="#aq">Horsley Brit. Rom. p.</hi> 353.</note> irret &#x017F;ehr, wenn er vorgiebt, es finde &#x017F;ich keine ge-<lb/>
flu&#x0364;gelte Minerva, auch nicht einmal von Scribenten angefu&#x0364;hret. Venus<lb/>
findet &#x017F;ich ebenfalls mit Flu&#x0364;geln <note place="foot" n="6)"><hi rendition="#aq">Gori Mu&#x017F;. Etr. tab.</hi> 83.</note>. Andern Gottheiten &#x017F;etzten die He-<lb/>
trurier Flu&#x0364;gel an dem Kopfe, wie der Liebe, der Pro&#x017F;erpina, und den<lb/>
Furien. Es finden &#x017F;ich &#x017F;o gar Wagen mit Flu&#x0364;geln <note place="foot" n="7)"><hi rendition="#aq">Demp&#x017F;t. Etr. tab.</hi> 47.</note>; aber auch die&#x017F;es<lb/>
hatten &#x017F;ie mit den Griechen gemein: denn auf Eleu&#x017F;ini&#x017F;chen Mu&#x0364;nzen <note place="foot" n="8)"><hi rendition="#aq">Haym Te&#x017F;. Brit. T. 2. p.</hi> 219.</note><lb/>
&#x017F;itzet Ceres auf einem &#x017F;olchen Wagen von zwo Schlangen gezogen.</p><lb/>
            <p>Es gaben auch die Hetrurier neun Gottheiten den Donnerkeil, wie<note place="right"><hi rendition="#aq">b.</hi> mit Don-<lb/>
nerkeilen.</note><lb/>
Plinius <note place="foot" n="9)"><hi rendition="#aq">H. N. L. 2. c.</hi> 53.</note> lehret; er &#x017F;aget aber nicht, welche die&#x017F;elben &#x017F;ind, und nie-<lb/>
mand nach ihm. Wenn wir die bey den Griechen al&#x017F;o bewaffnete Go&#x0364;tter<lb/>
&#x017F;ammlen, finden &#x017F;ich eben &#x017F;o viel. Unter den Go&#x0364;ttern war, außer dem Ju-<lb/>
piter, dem Apollo <note place="foot" n="10)"><hi rendition="#aq">Macrob. Saturn. L. 1. c. 24. p.</hi> 254.</note> zu Heliopolis in A&#x017F;&#x017F;yrien verehret, der Donnerkeil<lb/>
beygeleget, auch auf einer Mu&#x0364;nze <note place="foot" n="11)"><hi rendition="#aq">Golz. Graec. tab.</hi> 61.</note> der Stadt Thyrria in Arcadien;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Mars</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0137] Von der Kunſt unter den Hetruriern. Die obern Goͤtter haben ſich die Hetrurier mit Wuͤrdigkeit vorgeſtel- let und gebildet, und es iſt von den ihnen beygelegten Eigenſchaften erſtlich allgemein, und hernach insbeſondere zu reden. Jupiter 1) auf einer alten Paſte; und auf einem Carniole des Stoßiſchen Muſei, wie er in ſeiner Herrlichkeit der Semele erſcheinet, iſt mit Fluͤgeln vorgeſtellet. Diana iſt, wie bey den aͤlteſten Griechen 2), alſo auch bey den Hetruriern gefluͤgelt, und die Fluͤgel, welche man den Nymphen der Diana auf einer Begraͤb- niß-Urne, im Campidoglio, gegeben, ſind vermuthlich von den aͤlteſten Bildern derſelben genommen. Minerva hat bey den Hetruriern nicht allein Fluͤgel auf den Achſeln 3), ſondern auch an den Fuͤßen 4); und ein Brittiſcher Scribent 5) irret ſehr, wenn er vorgiebt, es finde ſich keine ge- fluͤgelte Minerva, auch nicht einmal von Scribenten angefuͤhret. Venus findet ſich ebenfalls mit Fluͤgeln 6). Andern Gottheiten ſetzten die He- trurier Fluͤgel an dem Kopfe, wie der Liebe, der Proſerpina, und den Furien. Es finden ſich ſo gar Wagen mit Fluͤgeln 7); aber auch dieſes hatten ſie mit den Griechen gemein: denn auf Eleuſiniſchen Muͤnzen 8) ſitzet Ceres auf einem ſolchen Wagen von zwo Schlangen gezogen. C. Bildung der obern Goͤtter. a. mit Fluͤ- geln. Es gaben auch die Hetrurier neun Gottheiten den Donnerkeil, wie Plinius 9) lehret; er ſaget aber nicht, welche dieſelben ſind, und nie- mand nach ihm. Wenn wir die bey den Griechen alſo bewaffnete Goͤtter ſammlen, finden ſich eben ſo viel. Unter den Goͤttern war, außer dem Ju- piter, dem Apollo 10) zu Heliopolis in Aſſyrien verehret, der Donnerkeil beygeleget, auch auf einer Muͤnze 11) der Stadt Thyrria in Arcadien; Mars b. mit Don- nerkeilen. 1) Deſcr. des Pier. gr. du Cab. de Stoſch, p. 54. 55. 2) Pauſan. L. 5. p. 424. l. 27. 3) Dempſt. Etrur. tab. 6. 4) Cic. de Nat. deor. L. 3. c. 33. 5) Horsley Brit. Rom. p. 353. 6) Gori Muſ. Etr. tab. 83. 7) Dempſt. Etr. tab. 47. 8) Haym Teſ. Brit. T. 2. p. 219. 9) H. N. L. 2. c. 53. 10) Macrob. Saturn. L. 1. c. 24. p. 254. 11) Golz. Graec. tab. 61.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/137
Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/137>, abgerufen am 04.12.2024.