Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.I Theil. Viertes Capitel. dem Feste des Philesischen Apollo war 1) auf den gelehrtesten Kuß unterjungen Leuten ein Preis gesetzet. Eben dieses geschah unter Entscheidung eines Richters, wie vermuthlich auch dort zu Megara 2) bey dem Grabe des Diocles. Zu Sparta 3), und zu Lesbus 4), in dem Tempel der Juno, und bey den Parrhasiern 5) waren Wettstreite der Schönheit unter dem Weiblichen Geschlechte. Von der Ver- fassung u. Re- gierung unter den Griechen, unter welcher betrachtet wird In Absicht der Verfassung und Regierung von Griechenland ist die Die Beloh- nung der Lei- bes-Uebungen und anderer Verdienste mit Statuen. Die Kunst wurde schon sehr zeitig gebraucht, das Andenken einer finden 1) Lutat. ad Stat. Theb. L. 8. v. 198. conf. Barth. T. 3. p. 828. 2) Theocrit. Idyl. 12. v. 29. -- 34. 3) Mus. de Her. & Leand. amor. v. 75. 4) kalliseia genannt. v. Athen. Deipn. L. 13. p. 610. B. 5) Athen. l. c. p. 609. E. 6) Aristot. Polit. L. 3. c. 10. p. 87. ed. Sylburg. 7) Thucyd. L. 1. p. 5. l. 25. 8) Aristot. Eth. Nicom. L. 8. c. 11. p. 148. Dionys. Halic. Ant. Rom. L. 5. p. 322. l. 45. 9) Pind. Olymp. 9. v. 152.
I Theil. Viertes Capitel. dem Feſte des Phileſiſchen Apollo war 1) auf den gelehrteſten Kuß unterjungen Leuten ein Preis geſetzet. Eben dieſes geſchah unter Entſcheidung eines Richters, wie vermuthlich auch dort zu Megara 2) bey dem Grabe des Diocles. Zu Sparta 3), und zu Lesbus 4), in dem Tempel der Juno, und bey den Parrhaſiern 5) waren Wettſtreite der Schoͤnheit unter dem Weiblichen Geſchlechte. Von der Ver- faſſung u. Re- gierung unter den Griechen, unter welcher betrachtet wird In Abſicht der Verfaſſung und Regierung von Griechenland iſt die Die Beloh- nung der Lei- bes-Uebungen und anderer Verdienſte mit Statuen. Die Kunſt wurde ſchon ſehr zeitig gebraucht, das Andenken einer finden 1) Lutat. ad Stat. Theb. L. 8. v. 198. conf. Barth. T. 3. p. 828. 2) Theocrit. Idyl. 12. v. 29. ‒‒ 34. 3) Muſ. de Her. & Leand. amor. v. 75. 4) καλλιςεῖα genannt. v. Athen. Deipn. L. 13. p. 610. B. 5) Athen. l. c. p. 609. E. 6) Ariſtot. Polit. L. 3. c. 10. p. 87. ed. Sylburg. 7) Thucyd. L. 1. p. 5. l. 25. 8) Ariſtot. Eth. Nicom. L. 8. c. 11. p. 148. Dionyſ. Halic. Ant. Rom. L. 5. p. 322. l. 45. 9) Pind. Olymp. 9. v. 152.
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I Theil. Viertes Capitel.
dem Feſte des Phileſiſchen Apollo war 1) auf den gelehrteſten Kuß unter
jungen Leuten ein Preis geſetzet. Eben dieſes geſchah unter Entſcheidung
eines Richters, wie vermuthlich auch dort zu Megara 2) bey dem Grabe
des Diocles. Zu Sparta 3), und zu Lesbus 4), in dem Tempel der Juno,
und bey den Parrhaſiern 5) waren Wettſtreite der Schoͤnheit unter dem
Weiblichen Geſchlechte.
In Abſicht der Verfaſſung und Regierung von Griechenland iſt die
Freyheit die vornehmſte Urſache des Vorzugs der Kunſt. Die Freyheit
hat in Griechenland allezeit den Sitz gehabt, auch neben dem Throne 6)
der Koͤnige, welche vaͤterlich 7) regiereten, ehe die Aufklaͤrung der Ver-
nunft ihnen die Suͤßigkeit einer voͤlligen Freyheit ſchmecken ließ, und Ho-
merus nennet den Agamemnon 8) einen Hirten der Voͤlker, deſſen Liebe
fuͤr dieſelben, und Sorge fuͤr ihr Beſtes, anzudeuten. Ob ſich gleich nachher
Tyrannen aufwarfen, ſo waren ſie es nur in ihrem Vaterlande, und die
ganze Nation hat niemals ein einziges Oberhaupt erkannt. Daher ruhete
nicht auf einer Perſon allein das Recht, groß in ſeinem Volke zu ſeyn, und
ſich mit Ausſchließung anderer verewigen zu koͤnnen.
A.
Die Freyheit.
Die Kunſt wurde ſchon ſehr zeitig gebraucht, das Andenken einer
Perſon auch durch ſeine Figur zu erhalten, und hierzu ſtand einem jeden
Griechen der Weg offen. Da nun die aͤlteſten Griechen 9) das Gelernete
dem, wo ſich die Natur vornemlich aͤußerte, weit nachſetzten, ſo wur-
den auch die erſten Belohnungen auf Leibes-Uebungen geſetzt, und wir
finden
1) Lutat. ad Stat. Theb. L. 8. v. 198. conf. Barth. T. 3. p. 828.
2) Theocrit. Idyl. 12. v. 29. ‒‒ 34.
3) Muſ. de Her. & Leand. amor. v. 75.
4) καλλιςεῖα genannt. v. Athen. Deipn. L. 13. p. 610. B.
5) Athen. l. c. p. 609. E.
6) Ariſtot. Polit. L. 3. c. 10. p. 87. ed. Sylburg.
7) Thucyd. L. 1. p. 5. l. 25.
8) Ariſtot. Eth. Nicom. L. 8. c. 11. p. 148. Dionyſ. Halic. Ant. Rom. L. 5. p. 322. l. 45.
9) Pind. Olymp. 9. v. 152.
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