Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.Vorrede. Grieche ohne Kenntniß der Kunst etwas würdiges von derselbenhätte sagen können. Untersuchungen und Kenntnisse der Kunst wird man verge- Eine Griechische und eine sogenannte Römische Arbeit wird chisch, 1) Fabret. Inser. p. 400. n. 293. 2) Pinaroli Rom. ant. mod. P. I. p. 106. Spectat. Vol. 3. b 2
Vorrede. Grieche ohne Kenntniß der Kunſt etwas wuͤrdiges von derſelbenhaͤtte ſagen koͤnnen. Unterſuchungen und Kenntniſſe der Kunſt wird man verge- Eine Griechiſche und eine ſogenannte Roͤmiſche Arbeit wird chiſch, 1) Fabret. Inſer. p. 400. n. 293. 2) Pinaroli Rom. ant. mod. P. I. p. 106. Spectat. Vol. 3. b 2
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0009" n="XI"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/> Grieche ohne Kenntniß der Kunſt etwas wuͤrdiges von derſelben<lb/> haͤtte ſagen koͤnnen.</p><lb/> <p>Unterſuchungen und Kenntniſſe der Kunſt wird man verge-<lb/> bens ſuchen in den großen und koſtbaren Werken von Beſchreibung<lb/> alter Statuen, die bis itzo bekannt gemachet worden ſind. Die<lb/> Beſchreibung einer Statue ſoll die Urſache der Schoͤnheit derſelben<lb/> beweiſen, und das beſondere in dem Stile der Kunſt angeben: es<lb/> muͤſſen alſo die Theile der Kunſt beruͤhret werden, ehe man zu einem<lb/> Urtheile von Werken derſelben gelangen kann. Wo aber wird geleh-<lb/> ret, worinnen die Schoͤnheit einer Statue beſteht? welcher Seribent<lb/> hat dieſelbe mit Augen eines weiſen Kuͤnſtlers angeſehen? Was zu<lb/> unſern Zeiten in dieſer Art geſchrieben worden, iſt nicht beſſer, als<lb/> die Statuen des <hi rendition="#fr">Calliſtratus;</hi> dieſer magere Sophiſt haͤtte<lb/> noch zehenmal ſo viel Statuen beſchreiben koͤnnen, ohne jemals ei-<lb/> ne einzige geſehen zu haben: unſere Begriffe ſchrunden bey den<lb/> mehreſten ſolcher Beſchreibungen zuſammen, und was groß gewe-<lb/> ſen, wird wie in einen Zoll gebracht.</p><lb/> <p>Eine Griechiſche und eine ſogenannte Roͤmiſche Arbeit wird<lb/> insgemein nach der Kleidung, oder nach deren Guͤte, angegeben:<lb/> ein auf der linken Schulter einer Figur zuſammengehefteter Man-<lb/> tel ſoll beweiſen, daß ſie von Griechen, ja in Griechenland gear-<lb/> beitet worden <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Fabret. Inſer. p. 400. n.</hi> 293.</note>. Man iſt ſogar darauf gefallen, das Vaterland<lb/> des Kuͤnſtlers der Statue des Marcus Aurelius, in dem Schopfe<lb/> Haare auf dem Kopfe des Pferdes zu ſuchen; man hat einige<lb/> Aehnlichkeit mit einer Eule an demſelben gefunden, und dadurch<lb/> ſoll der Kuͤnſtler Athen haben anzeigen wollen <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Pinaroli Rom. ant. mod. P. I. p. 106. Spectat. Vol.</hi> 3.</note>. So bald eine<lb/> gute Figur nur nicht als ein Senator gekleidet iſt, heißt ſie Grie-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">b 2</fw><fw place="bottom" type="catch">chiſch,</fw><lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [XI/0009]
Vorrede.
Grieche ohne Kenntniß der Kunſt etwas wuͤrdiges von derſelben
haͤtte ſagen koͤnnen.
Unterſuchungen und Kenntniſſe der Kunſt wird man verge-
bens ſuchen in den großen und koſtbaren Werken von Beſchreibung
alter Statuen, die bis itzo bekannt gemachet worden ſind. Die
Beſchreibung einer Statue ſoll die Urſache der Schoͤnheit derſelben
beweiſen, und das beſondere in dem Stile der Kunſt angeben: es
muͤſſen alſo die Theile der Kunſt beruͤhret werden, ehe man zu einem
Urtheile von Werken derſelben gelangen kann. Wo aber wird geleh-
ret, worinnen die Schoͤnheit einer Statue beſteht? welcher Seribent
hat dieſelbe mit Augen eines weiſen Kuͤnſtlers angeſehen? Was zu
unſern Zeiten in dieſer Art geſchrieben worden, iſt nicht beſſer, als
die Statuen des Calliſtratus; dieſer magere Sophiſt haͤtte
noch zehenmal ſo viel Statuen beſchreiben koͤnnen, ohne jemals ei-
ne einzige geſehen zu haben: unſere Begriffe ſchrunden bey den
mehreſten ſolcher Beſchreibungen zuſammen, und was groß gewe-
ſen, wird wie in einen Zoll gebracht.
Eine Griechiſche und eine ſogenannte Roͤmiſche Arbeit wird
insgemein nach der Kleidung, oder nach deren Guͤte, angegeben:
ein auf der linken Schulter einer Figur zuſammengehefteter Man-
tel ſoll beweiſen, daß ſie von Griechen, ja in Griechenland gear-
beitet worden 1). Man iſt ſogar darauf gefallen, das Vaterland
des Kuͤnſtlers der Statue des Marcus Aurelius, in dem Schopfe
Haare auf dem Kopfe des Pferdes zu ſuchen; man hat einige
Aehnlichkeit mit einer Eule an demſelben gefunden, und dadurch
ſoll der Kuͤnſtler Athen haben anzeigen wollen 2). So bald eine
gute Figur nur nicht als ein Senator gekleidet iſt, heißt ſie Grie-
chiſch,
1) Fabret. Inſer. p. 400. n. 293.
2) Pinaroli Rom. ant. mod. P. I. p. 106. Spectat. Vol. 3.
b 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |