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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.

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der Zeit unter den Griechen betrachtet.
von ihrem wahren Verständnisse. Jn Großgriechenland erfolgete ihr gänz-
licher Fall: sie hatte hier, nebst der Philosophie des Pythagoras und des
Zeno von Elea, in so vielen freyen und mächtigen Städten geblühet, und
wurde durch die Waffen und Barbarey der Römer vertilget.

Jn Griechenland selbst aber stieg aus der übrig gebliebenen WurzelF.
Und in Grie-
chenland durch
die innerlichen
Kriege des A-
chäischen Bun-
des mit den
Aetoliern.

der Freyheit, die durch viele Tyrannen, welche sich unter dem Könige An-
tigonus Gonatas in Macedonien, und durch dessen Handreichung aufge-
worfen hatten 1), war gekränket worden, eine neue Sprosse hervor, und
aus der Asche ihrer Voreltern wurden einige große Männer erwecket, die
sich der Liebe ihres Vaterlandes aufopferten, und den Macedoniern und
den Römern ein großes Aufmerken macheten. Es unternahmen drey oder
vier in der Geschichte kaum bekannte Städte, in der hundert und vier und
zwanzigsten Olympias, sich der Herrschaft der Macedonier zu entziehen:
es gelung ihnen, die Tyrannen, welche sich in jeder Stadt aufgeworfen
hatten, theils zu verjagen, theils zu ermorden, und weil man das Bünd-
niß dieser Städte von keiner Folge hielt, blieben sie ungekränkt: dieses war
der Grund und Anfang zu dem berühmten Achäischen Bunde. Viele große
Städte, ja selbst Athen, welche diesen Entschluß nicht gewaget hatten, be-
fanden sich beschämt, und suchten mit gleichem Muthe die Herstellung ihrer
Freyheit. Endlich trat ganz Achaja in ein Bündniß, entwarf neue Gese-
tze, und eine besondere Form in der Regierung; und da die Lacedämonier
und Aetolier aus Eifersucht gegen sie aufstunden, so traten Aratus und
Philopoemenes, die letzten Helden der Griechen, und jener schon im
zwanzigsten Jahre seines Alters, an ihre Spitze, und waren muthige Ver-
theidiger der Freyheit.

Griechenland aber war von seinem ehemaligen Flore sehr abgefallen,
und die Verfassung der Städte, so gar zu Sparta, welche bis auf diese

Zeit
1) Polyb. L. 2. p. 129. A.
Winckelm. Gesch. der Kunst. Z z

der Zeit unter den Griechen betrachtet.
von ihrem wahren Verſtaͤndniſſe. Jn Großgriechenland erfolgete ihr gaͤnz-
licher Fall: ſie hatte hier, nebſt der Philoſophie des Pythagoras und des
Zeno von Elea, in ſo vielen freyen und maͤchtigen Staͤdten gebluͤhet, und
wurde durch die Waffen und Barbarey der Roͤmer vertilget.

Jn Griechenland ſelbſt aber ſtieg aus der uͤbrig gebliebenen WurzelF.
Und in Grie-
chenland durch
die innerlichen
Kriege des A-
chaͤiſchen Bun-
des mit den
Aetoliern.

der Freyheit, die durch viele Tyrannen, welche ſich unter dem Koͤnige An-
tigonus Gonatas in Macedonien, und durch deſſen Handreichung aufge-
worfen hatten 1), war gekraͤnket worden, eine neue Sproſſe hervor, und
aus der Aſche ihrer Voreltern wurden einige große Maͤnner erwecket, die
ſich der Liebe ihres Vaterlandes aufopferten, und den Macedoniern und
den Roͤmern ein großes Aufmerken macheten. Es unternahmen drey oder
vier in der Geſchichte kaum bekannte Staͤdte, in der hundert und vier und
zwanzigſten Olympias, ſich der Herrſchaft der Macedonier zu entziehen:
es gelung ihnen, die Tyrannen, welche ſich in jeder Stadt aufgeworfen
hatten, theils zu verjagen, theils zu ermorden, und weil man das Buͤnd-
niß dieſer Staͤdte von keiner Folge hielt, blieben ſie ungekraͤnkt: dieſes war
der Grund und Anfang zu dem beruͤhmten Achaͤiſchen Bunde. Viele große
Staͤdte, ja ſelbſt Athen, welche dieſen Entſchluß nicht gewaget hatten, be-
fanden ſich beſchaͤmt, und ſuchten mit gleichem Muthe die Herſtellung ihrer
Freyheit. Endlich trat ganz Achaja in ein Buͤndniß, entwarf neue Geſe-
tze, und eine beſondere Form in der Regierung; und da die Lacedaͤmonier
und Aetolier aus Eiferſucht gegen ſie aufſtunden, ſo traten Aratus und
Philopoemenes, die letzten Helden der Griechen, und jener ſchon im
zwanzigſten Jahre ſeines Alters, an ihre Spitze, und waren muthige Ver-
theidiger der Freyheit.

Griechenland aber war von ſeinem ehemaligen Flore ſehr abgefallen,
und die Verfaſſung der Staͤdte, ſo gar zu Sparta, welche bis auf dieſe

Zeit
1) Polyb. L. 2. p. 129. A.
Winckelm. Geſch. der Kunſt. Z z
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[361/0049] der Zeit unter den Griechen betrachtet. von ihrem wahren Verſtaͤndniſſe. Jn Großgriechenland erfolgete ihr gaͤnz- licher Fall: ſie hatte hier, nebſt der Philoſophie des Pythagoras und des Zeno von Elea, in ſo vielen freyen und maͤchtigen Staͤdten gebluͤhet, und wurde durch die Waffen und Barbarey der Roͤmer vertilget. Jn Griechenland ſelbſt aber ſtieg aus der uͤbrig gebliebenen Wurzel der Freyheit, die durch viele Tyrannen, welche ſich unter dem Koͤnige An- tigonus Gonatas in Macedonien, und durch deſſen Handreichung aufge- worfen hatten 1), war gekraͤnket worden, eine neue Sproſſe hervor, und aus der Aſche ihrer Voreltern wurden einige große Maͤnner erwecket, die ſich der Liebe ihres Vaterlandes aufopferten, und den Macedoniern und den Roͤmern ein großes Aufmerken macheten. Es unternahmen drey oder vier in der Geſchichte kaum bekannte Staͤdte, in der hundert und vier und zwanzigſten Olympias, ſich der Herrſchaft der Macedonier zu entziehen: es gelung ihnen, die Tyrannen, welche ſich in jeder Stadt aufgeworfen hatten, theils zu verjagen, theils zu ermorden, und weil man das Buͤnd- niß dieſer Staͤdte von keiner Folge hielt, blieben ſie ungekraͤnkt: dieſes war der Grund und Anfang zu dem beruͤhmten Achaͤiſchen Bunde. Viele große Staͤdte, ja ſelbſt Athen, welche dieſen Entſchluß nicht gewaget hatten, be- fanden ſich beſchaͤmt, und ſuchten mit gleichem Muthe die Herſtellung ihrer Freyheit. Endlich trat ganz Achaja in ein Buͤndniß, entwarf neue Geſe- tze, und eine beſondere Form in der Regierung; und da die Lacedaͤmonier und Aetolier aus Eiferſucht gegen ſie aufſtunden, ſo traten Aratus und Philopoemenes, die letzten Helden der Griechen, und jener ſchon im zwanzigſten Jahre ſeines Alters, an ihre Spitze, und waren muthige Ver- theidiger der Freyheit. F. Und in Grie- chenland durch die innerlichen Kriege des A- chaͤiſchen Bun- des mit den Aetoliern. Griechenland aber war von ſeinem ehemaligen Flore ſehr abgefallen, und die Verfaſſung der Staͤdte, ſo gar zu Sparta, welche bis auf dieſe Zeit 1) Polyb. L. 2. p. 129. A. Winckelm. Geſch. der Kunſt. Z z

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/49>, abgerufen am 24.11.2024.