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Wolf, August: Der Stern der Schönheit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 303–322. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Sieh, ich kann dir das schwer ausdrücken, fuhr Fernando fort, mir ist aber, als müßte ich alle meine Kraft in ein Gedicht pressen und dies Gedicht zum Schönsten und Vollendetsten machen, das ich überhaupt machen kann, und immer und immer hab' ich an allen meinen Entwürfen Mängel entdeckt. Vielleicht, daß ich eine falsche Vorstellung von Dramen habe, oder daß ein anderer Grund da ist, den ich gar nicht kenne; genug, ich habe nie den Stoff gefunden, dem ich meine Seele ganz hätte hingeben können. Und das wollte ich, das brauchte ich, um zu dichten. Ich wollte nicht geistiges Handwerk treiben, es war mir unmöglich, Scheinpoesie zu machen, auch nur zum Theil. Ich fühlte die Regung in mir, aber ich habe den Boden nicht entdeckt, auf dem meine Seele sich frei hätte bewegen können. So bin ich stumm geblieben.

Hm! erwiderte Lope sehr nachdenklich, weißt du, daß es mir eigentlich auch so geht?

Fernando blieb stehen und schlug ein helles Gelächter auf.

Dir geht es so? rief er dann, dir mit deinen tausend Dramen, du Dintensäufer!

Höre nur, sagte Lope, noch immer sinnend. Ich will dir das erzählen. Aber wir sind bei unserem Francisco angelangt und wollen uns setzen.

Sie bogen zu einer Schenke ein, die am Wege lag, Lope rief nach Wein; Francisco, der dicke Wirth, brachte eine volle Flasche nebst Gläsern und stellte Beides

Sieh, ich kann dir das schwer ausdrücken, fuhr Fernando fort, mir ist aber, als müßte ich alle meine Kraft in ein Gedicht pressen und dies Gedicht zum Schönsten und Vollendetsten machen, das ich überhaupt machen kann, und immer und immer hab' ich an allen meinen Entwürfen Mängel entdeckt. Vielleicht, daß ich eine falsche Vorstellung von Dramen habe, oder daß ein anderer Grund da ist, den ich gar nicht kenne; genug, ich habe nie den Stoff gefunden, dem ich meine Seele ganz hätte hingeben können. Und das wollte ich, das brauchte ich, um zu dichten. Ich wollte nicht geistiges Handwerk treiben, es war mir unmöglich, Scheinpoesie zu machen, auch nur zum Theil. Ich fühlte die Regung in mir, aber ich habe den Boden nicht entdeckt, auf dem meine Seele sich frei hätte bewegen können. So bin ich stumm geblieben.

Hm! erwiderte Lope sehr nachdenklich, weißt du, daß es mir eigentlich auch so geht?

Fernando blieb stehen und schlug ein helles Gelächter auf.

Dir geht es so? rief er dann, dir mit deinen tausend Dramen, du Dintensäufer!

Höre nur, sagte Lope, noch immer sinnend. Ich will dir das erzählen. Aber wir sind bei unserem Francisco angelangt und wollen uns setzen.

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[0013] Sieh, ich kann dir das schwer ausdrücken, fuhr Fernando fort, mir ist aber, als müßte ich alle meine Kraft in ein Gedicht pressen und dies Gedicht zum Schönsten und Vollendetsten machen, das ich überhaupt machen kann, und immer und immer hab' ich an allen meinen Entwürfen Mängel entdeckt. Vielleicht, daß ich eine falsche Vorstellung von Dramen habe, oder daß ein anderer Grund da ist, den ich gar nicht kenne; genug, ich habe nie den Stoff gefunden, dem ich meine Seele ganz hätte hingeben können. Und das wollte ich, das brauchte ich, um zu dichten. Ich wollte nicht geistiges Handwerk treiben, es war mir unmöglich, Scheinpoesie zu machen, auch nur zum Theil. Ich fühlte die Regung in mir, aber ich habe den Boden nicht entdeckt, auf dem meine Seele sich frei hätte bewegen können. So bin ich stumm geblieben. Hm! erwiderte Lope sehr nachdenklich, weißt du, daß es mir eigentlich auch so geht? Fernando blieb stehen und schlug ein helles Gelächter auf. Dir geht es so? rief er dann, dir mit deinen tausend Dramen, du Dintensäufer! Höre nur, sagte Lope, noch immer sinnend. Ich will dir das erzählen. Aber wir sind bei unserem Francisco angelangt und wollen uns setzen. Sie bogen zu einer Schenke ein, die am Wege lag, Lope rief nach Wein; Francisco, der dicke Wirth, brachte eine volle Flasche nebst Gläsern und stellte Beides

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:44:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:44:15Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Wolf, August: Der Stern der Schönheit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 303–322. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolf_schoenheit_1910/13>, abgerufen am 03.12.2024.