Derowegen können sie auch zu derselben Zeit, da sie ihre Dienste zu ver- richten haben, nichts vornehmen, was sie allein vor ihre Person angehet, wenn es nicht mit Verwilligung der Herrschafft ge- schiehet, und lieget ihnen dannenhero ob die Herrschafft erst zu bitten, daß sie es er- lauben wolle. So sie es aber nicht erlau- ben will, müssen sie sich es gefallen lassen, weil in diesem Stücke der Wille der Herr- schafft ihr Wille seyn muß (§. 171). Ob nun zwar Herrschafft nicht nöthig hat ih- nen Rede und Antwort zugeben, warumb sie es nicht erlauben wil; so dienet es doch das Gesinde williger zu erhalten, wenn man ihnen zeiget, daß es mit Grunde ge- schehe, zumahl wenn sich Gelegenheiten er- eignen, da das beste des Gesindes selbst er- fordert, daß man in ihre Bitte nicht wil- liget. Unterdessen wenn sie sich gleich nicht wolten weissen lassen, so muß die Herr- schafft sich bloß auf ihren Willen beruffen, damit sie erkennen, daß sie gehalten sind in diesem Stücke den Willen der Herrschafft ihren Willen seyn zu lassen (§. 171).
Was Herr- schafft dem Ge- sindenicht zumuthen sol.
§. 173.
Weil die Herrschafft nicht wei- ter Macht hat dem Gesinde zu befehlen, als was seine Dienste sind, zu denen es sich ver- miethet (§. 171); so muß es ihm auch nichts zumuthen, was dazu nicht gehöret, und zwar umb so vielmehr, da sonst das Gesin-
de
Das 4. Capitel Von der
Wie weit das Ge- ſinde nichts vor ſich thun ſol.
§. 172.
Derowegen koͤnnen ſie auch zu derſelben Zeit, da ſie ihre Dienſte zu ver- richten haben, nichts vornehmen, was ſie allein vor ihre Perſon angehet, wenn es nicht mit Verwilligung der Herrſchafft ge- ſchiehet, und lieget ihnen dannenhero ob die Herrſchafft erſt zu bitten, daß ſie es er- lauben wolle. So ſie es aber nicht erlau- ben will, muͤſſen ſie ſich es gefallen laſſen, weil in dieſem Stuͤcke der Wille der Herr- ſchafft ihr Wille ſeyn muß (§. 171). Ob nun zwar Herrſchafft nicht noͤthig hat ih- nen Rede und Antwort zugeben, warumb ſie es nicht erlauben wil; ſo dienet es doch das Geſinde williger zu erhalten, wenn man ihnen zeiget, daß es mit Grunde ge- ſchehe, zumahl wenn ſich Gelegenheiten er- eignen, da das beſte des Geſindes ſelbſt er- fordert, daß man in ihre Bitte nicht wil- liget. Unterdeſſen wenn ſie ſich gleich nicht wolten weiſſen laſſen, ſo muß die Herr- ſchafft ſich bloß auf ihren Willen beruffen, damit ſie erkennen, daß ſie gehalten ſind in dieſem Stuͤcke den Willen der Herrſchafft ihren Willen ſeyn zu laſſen (§. 171).
Was Herr- ſchafft dem Ge- ſindenicht zumuthē ſol.
§. 173.
Weil die Herrſchafft nicht wei- ter Macht hat dem Geſinde zu befehlen, als was ſeine Dienſte ſind, zu denen es ſich ver- miethet (§. 171); ſo muß es ihm auch nichts zumuthen, was dazu nicht gehoͤret, und zwar umb ſo vielmehr, da ſonſt das Geſin-
de
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0138"n="120"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das 4. Capitel Von der</hi></fw><lb/><noteplace="left">Wie weit<lb/>
das Ge-<lb/>ſinde<lb/>
nichts<lb/>
vor ſich<lb/>
thun ſol.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 172.</head><p>Derowegen koͤnnen ſie auch zu<lb/>
derſelben Zeit, da ſie ihre Dienſte zu ver-<lb/>
richten haben, nichts vornehmen, was ſie<lb/>
allein vor ihre Perſon angehet, wenn es<lb/>
nicht mit Verwilligung der Herrſchafft ge-<lb/>ſchiehet, und lieget ihnen dannenhero ob die<lb/>
Herrſchafft erſt zu bitten, daß ſie es er-<lb/>
lauben wolle. So ſie es aber nicht erlau-<lb/>
ben will, muͤſſen ſie ſich es gefallen laſſen,<lb/>
weil in dieſem Stuͤcke der Wille der Herr-<lb/>ſchafft ihr Wille ſeyn muß (§. 171). Ob<lb/>
nun zwar Herrſchafft nicht noͤthig hat ih-<lb/>
nen Rede und Antwort zugeben, warumb<lb/>ſie es nicht erlauben wil; ſo dienet es doch<lb/>
das Geſinde williger zu erhalten, wenn<lb/>
man ihnen zeiget, daß es mit Grunde ge-<lb/>ſchehe, zumahl wenn ſich Gelegenheiten er-<lb/>
eignen, da das beſte des Geſindes ſelbſt er-<lb/>
fordert, daß man in ihre Bitte nicht wil-<lb/>
liget. Unterdeſſen wenn ſie ſich gleich nicht<lb/>
wolten weiſſen laſſen, ſo muß die Herr-<lb/>ſchafft ſich bloß auf ihren Willen beruffen,<lb/>
damit ſie erkennen, daß ſie gehalten ſind in<lb/>
dieſem Stuͤcke den Willen der Herrſchafft<lb/>
ihren Willen ſeyn zu laſſen (§. 171).</p><lb/><noteplace="left">Was<lb/>
Herr-<lb/>ſchafft<lb/>
dem Ge-<lb/>ſindenicht<lb/>
zumuthē<lb/>ſol.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 173.</head><p>Weil die Herrſchafft nicht wei-<lb/>
ter Macht hat dem Geſinde zu befehlen, als<lb/>
was ſeine Dienſte ſind, zu denen es ſich ver-<lb/>
miethet (§. 171); ſo muß es ihm auch nichts<lb/>
zumuthen, was dazu nicht gehoͤret, und<lb/>
zwar umb ſo vielmehr, da ſonſt das Geſin-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">de</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[120/0138]
Das 4. Capitel Von der
§. 172.Derowegen koͤnnen ſie auch zu
derſelben Zeit, da ſie ihre Dienſte zu ver-
richten haben, nichts vornehmen, was ſie
allein vor ihre Perſon angehet, wenn es
nicht mit Verwilligung der Herrſchafft ge-
ſchiehet, und lieget ihnen dannenhero ob die
Herrſchafft erſt zu bitten, daß ſie es er-
lauben wolle. So ſie es aber nicht erlau-
ben will, muͤſſen ſie ſich es gefallen laſſen,
weil in dieſem Stuͤcke der Wille der Herr-
ſchafft ihr Wille ſeyn muß (§. 171). Ob
nun zwar Herrſchafft nicht noͤthig hat ih-
nen Rede und Antwort zugeben, warumb
ſie es nicht erlauben wil; ſo dienet es doch
das Geſinde williger zu erhalten, wenn
man ihnen zeiget, daß es mit Grunde ge-
ſchehe, zumahl wenn ſich Gelegenheiten er-
eignen, da das beſte des Geſindes ſelbſt er-
fordert, daß man in ihre Bitte nicht wil-
liget. Unterdeſſen wenn ſie ſich gleich nicht
wolten weiſſen laſſen, ſo muß die Herr-
ſchafft ſich bloß auf ihren Willen beruffen,
damit ſie erkennen, daß ſie gehalten ſind in
dieſem Stuͤcke den Willen der Herrſchafft
ihren Willen ſeyn zu laſſen (§. 171).
§. 173.Weil die Herrſchafft nicht wei-
ter Macht hat dem Geſinde zu befehlen, als
was ſeine Dienſte ſind, zu denen es ſich ver-
miethet (§. 171); ſo muß es ihm auch nichts
zumuthen, was dazu nicht gehoͤret, und
zwar umb ſo vielmehr, da ſonſt das Geſin-
de
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/138>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.