mehreren Vortheil sie dabey zu gewarten hätten: so kan man zwar nicht läugnen, daß dergleichen Fälle möglich sind; jedoch wür- de man fast keine gute Anstalt machen kön- nen, wenn man sich davor fürchten wolte, daß sie durch die wiedrigen Affecten der Gewaltigen können gemißbrauchet werden. Unterdessen bleibet es freylich wahr, daß alsdenn die gröste Sorgfalt erfordert wird ungeschickte abzuhalten. Es lassen sich a- ber durch hohe Hand dergleichen Verord- nungen machen, daß auch nicht allezeit die Gewaltigen durch Mißbrauch ihrer Macht das gute verderben können. Nemlich hier- vor muß mit in denen Statuten und Pri- vilegien, die Schulen und Academien er- theilet werden, hinreichende Vorsehung ge- schehen.
§. 288.
Es haben auch Lehrende daraufLehren- de sollen Ansehen haben. zu sehen, daß sie bey Lernenden in gutem Ansehen sind, das ist, daß die Lernenden in den Gedancken stehen, sie verstehen das- jenige, was sie von ihnen lernen sollen, auf das beste. Denn wer in den Gedancken stehet, der andere verstehe, was er ihn leh- ren soll; der gläubet auch, er müsse das lernen, was er ihn lehret, und es auf die Art anfangen, die er vorschreibet, folgends er- weiset er sich in dem, was er lernen soll, fleis- sig. Hingegen wo man ein Mißtrauen in den Lehrenden setzet, als wenn er dasjenige,
was
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des gemeinen Weſens.
mehreren Vortheil ſie dabey zu gewarten haͤtten: ſo kan man zwar nicht laͤugnen, daß dergleichen Faͤlle moͤglich ſind; jedoch wuͤr- de man faſt keine gute Anſtalt machen koͤn- nen, wenn man ſich davor fuͤrchten wolte, daß ſie durch die wiedrigen Affecten der Gewaltigen koͤnnen gemißbrauchet werden. Unterdeſſen bleibet es freylich wahr, daß alsdenn die groͤſte Sorgfalt erfordert wird ungeſchickte abzuhalten. Es laſſen ſich a- ber durch hohe Hand dergleichen Verord- nungen machen, daß auch nicht allezeit die Gewaltigen durch Mißbrauch ihrer Macht das gute verderben koͤnnen. Nemlich hier- vor muß mit in denen Statuten und Pri- vilegien, die Schulen und Academien er- theilet werden, hinreichende Vorſehung ge- ſchehen.
§. 288.
Es haben auch Lehrende daraufLehren- de ſollen Anſehen haben. zu ſehen, daß ſie bey Lernenden in gutem Anſehen ſind, das iſt, daß die Lernenden in den Gedancken ſtehen, ſie verſtehen das- jenige, was ſie von ihnen lernen ſollen, auf das beſte. Denn wer in den Gedancken ſtehet, der andere verſtehe, was er ihn leh- ren ſoll; der glaͤubet auch, er muͤſſe das lernen, was er ihn lehret, und es auf die Art anfangen, die er vorſchreibet, folgends er- weiſet er ſich in dem, was er lernen ſoll, fleiſ- ſig. Hingegen wo man ein Mißtrauen in den Lehrenden ſetzet, als wenn er dasjenige,
was
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des gemeinen Weſens.
mehreren Vortheil ſie dabey zu gewarten
haͤtten: ſo kan man zwar nicht laͤugnen, daß
dergleichen Faͤlle moͤglich ſind; jedoch wuͤr-
de man faſt keine gute Anſtalt machen koͤn-
nen, wenn man ſich davor fuͤrchten wolte,
daß ſie durch die wiedrigen Affecten der
Gewaltigen koͤnnen gemißbrauchet werden.
Unterdeſſen bleibet es freylich wahr, daß
alsdenn die groͤſte Sorgfalt erfordert wird
ungeſchickte abzuhalten. Es laſſen ſich a-
ber durch hohe Hand dergleichen Verord-
nungen machen, daß auch nicht allezeit die
Gewaltigen durch Mißbrauch ihrer Macht
das gute verderben koͤnnen. Nemlich hier-
vor muß mit in denen Statuten und Pri-
vilegien, die Schulen und Academien er-
theilet werden, hinreichende Vorſehung ge-
ſchehen.
§. 288.Es haben auch Lehrende darauf
zu ſehen, daß ſie bey Lernenden in gutem
Anſehen ſind, das iſt, daß die Lernenden
in den Gedancken ſtehen, ſie verſtehen das-
jenige, was ſie von ihnen lernen ſollen, auf
das beſte. Denn wer in den Gedancken
ſtehet, der andere verſtehe, was er ihn leh-
ren ſoll; der glaͤubet auch, er muͤſſe das
lernen, was er ihn lehret, und es auf die Art
anfangen, die er vorſchreibet, folgends er-
weiſet er ſich in dem, was er lernen ſoll, fleiſ-
ſig. Hingegen wo man ein Mißtrauen in
den Lehrenden ſetzet, als wenn er dasjenige,
was
Lehren-
de ſollen
Anſehen
haben.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/233>, abgerufen am 24.11.2024.
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