Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.des gemeinen Wesens. Tagen, da man seine gewöhnliche Arbeitverrichtet. Weil man in denen Zusam- menkünfften zum guten angemahnet und vom bösen abgemahnet werden soll (§. 317. 318), hingegen bekand ist, wie uns die Sinnen, wenn sie mit andern Ge- dancken eingenommen werden, gar bald von dem, was wir gehöret, abbringen (§. 238. Met.): so ist es rathsamer, daß man den gantzen Tag über mit nichts anders zuthun hat, als daß man dasjenige, was man gehöret, bey sich überleget, seinen Wandel darnach untersuchet, und einen Vorsatz zum guten fasset. Wozu abson- derlich dienlich ist, was in dem 3. Capi- tel des ersten Theils der Gedancken von der Menschen Thun und Lassen von der Ausübung des Guten gesaget worden. Und hieraus erhellet zur Gnüge, daß es der Vernufft und folgendes dem Gesetze der Natur (§. 24. Mor.) gemäß ist, ge- wisse Festage anzuordnen, und darinnen von der gewöhnlichen Arbeit zufeyren, sie aber mit der Erkäntnis GOttes und Uber- legung seines Wandels zuzubringen. Weil man nun an den Feyertagen von seiner ordentlichen Arbeit feyren soll; so dürffen derselben nicht zuviel angeordnet werden, damit man nicht an der nöthigen Arbeit verabsäumet werde. Jedoch müß- ten sie auch nicht gar zu lange wegbleiben, damit man nicht von der Gottseeligkeit zu weit R 5
des gemeinen Weſens. Tagen, da man ſeine gewoͤhnliche Arbeitverrichtet. Weil man in denen Zuſam- menkuͤnfften zum guten angemahnet und vom boͤſen abgemahnet werden ſoll (§. 317. 318), hingegen bekand iſt, wie uns die Sinnen, wenn ſie mit andern Ge- dancken eingenommen werden, gar bald von dem, was wir gehoͤret, abbringen (§. 238. Met.): ſo iſt es rathſamer, daß man den gantzen Tag uͤber mit nichts anders zuthun hat, als daß man dasjenige, was man gehoͤret, bey ſich uͤberleget, ſeinen Wandel darnach unterſuchet, und einen Vorſatz zum guten faſſet. Wozu abſon- derlich dienlich iſt, was in dem 3. Capi- tel des erſten Theils der Gedancken von der Menſchen Thun und Laſſen von der Ausuͤbung des Guten geſaget worden. Und hieraus erhellet zur Gnuͤge, daß es der Vernufft und folgendes dem Geſetze der Natur (§. 24. Mor.) gemaͤß iſt, ge- wiſſe Feſtage anzuordnen, und darinnen von der gewoͤhnlichen Arbeit zufeyren, ſie aber mit der Erkaͤntnis GOttes und Uber- legung ſeines Wandels zuzubringen. Weil man nun an den Feyertagen von ſeiner ordentlichen Arbeit feyren ſoll; ſo duͤrffen derſelben nicht zuviel angeordnet werden, damit man nicht an der noͤthigen Arbeit verabſaͤumet werde. Jedoch muͤß- ten ſie auch nicht gar zu lange wegbleiben, damit man nicht von der Gottſeeligkeit zu weit R 5
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des gemeinen Weſens.
Tagen, da man ſeine gewoͤhnliche Arbeit
verrichtet. Weil man in denen Zuſam-
menkuͤnfften zum guten angemahnet und
vom boͤſen abgemahnet werden ſoll (§.
317. 318), hingegen bekand iſt, wie
uns die Sinnen, wenn ſie mit andern Ge-
dancken eingenommen werden, gar bald
von dem, was wir gehoͤret, abbringen (§.
238. Met.): ſo iſt es rathſamer, daß man
den gantzen Tag uͤber mit nichts anders
zuthun hat, als daß man dasjenige, was
man gehoͤret, bey ſich uͤberleget, ſeinen
Wandel darnach unterſuchet, und einen
Vorſatz zum guten faſſet. Wozu abſon-
derlich dienlich iſt, was in dem 3. Capi-
tel des erſten Theils der Gedancken von
der Menſchen Thun und Laſſen von der
Ausuͤbung des Guten geſaget worden.
Und hieraus erhellet zur Gnuͤge, daß es
der Vernufft und folgendes dem Geſetze
der Natur (§. 24. Mor.) gemaͤß iſt, ge-
wiſſe Feſtage anzuordnen, und darinnen
von der gewoͤhnlichen Arbeit zufeyren, ſie
aber mit der Erkaͤntnis GOttes und Uber-
legung ſeines Wandels zuzubringen.
Weil man nun an den Feyertagen von
ſeiner ordentlichen Arbeit feyren ſoll; ſo
duͤrffen derſelben nicht zuviel angeordnet
werden, damit man nicht an der noͤthigen
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