nun auch gleich etwas anders gesetzt wür- de in Erwegung des zukünfftigen, als des gegenwärtigen Zustandes; so wäre solches doch keines weges einander zuwieder. Was einem zuwieder seyn sol, muß in Erwegung einerley Zustandes geschehen (§. 11 Met.).
§. 349.
Weil die Straffe nicht so wohlWarum Ubeltdä- ter öffent lich zu straffen. zur Bessernng derer, die sie dulden, als hauptsächlich andern zum Exempel vollzo- gen werden (§. 347); so sol man auch kei- nen Ubelthäter heimlich oder im verborge- nen, sondern öffentlich für jedermanns Au- gen straffen, und daher auch solches vor- her kund machen, damit eine zahlreiche Menge der Execution beywohne. Es machet auch der Anblick der Ubelthäter mit ihrem kläglichen Bezeigen, und selbst die grosse Menge derer, welche zusehen, einen grossen Eindruck in das Gemüthe, und vermehren die Furcht für der Straffe, weil sie viel entsetzlicher vorkommet, als wenn man von allen diesen Umbständen nichts weiß und nur höret, daß einer auf eine solche, oder andere Art von dem Leben zum Tode gebracht worden. Ein ehrgei- tziger erweget hierbey die Schande, wel- che der Ubelthäter hat, indem er für so vie- ler Augen durch unehrliche Personen hin- geführet wird. Und diese Furcht für die- ser Schande vermag bey ihm mehr als die Furcht des Todes. Andere hingegen
die
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des gemeinen Weſens.
nun auch gleich etwas anders geſetzt wuͤr- de in Erwegung des zukuͤnfftigen, als des gegenwaͤrtigen Zuſtandes; ſo waͤre ſolches doch keines weges einander zuwieder. Was einem zuwieder ſeyn ſol, muß in Erwegung einerley Zuſtandes geſchehen (§. 11 Met.).
§. 349.
Weil die Straffe nicht ſo wohlWarum Ubeltdaͤ- ter oͤffent lich zu ſtraffen. zur Beſſernng derer, die ſie dulden, als hauptſaͤchlich andern zum Exempel vollzo- gen werden (§. 347); ſo ſol man auch kei- nen Ubelthaͤter heimlich oder im verborge- nen, ſondern oͤffentlich fuͤr jedermanns Au- gen ſtraffen, und daher auch ſolches vor- her kund machen, damit eine zahlreiche Menge der Execution beywohne. Es machet auch der Anblick der Ubelthaͤter mit ihrem klaͤglichen Bezeigen, und ſelbſt die groſſe Menge derer, welche zuſehen, einen groſſen Eindruck in das Gemuͤthe, und vermehren die Furcht fuͤr der Straffe, weil ſie viel entſetzlicher vorkommet, als wenn man von allen dieſen Umbſtaͤnden nichts weiß und nur hoͤret, daß einer auf eine ſolche, oder andere Art von dem Leben zum Tode gebracht worden. Ein ehrgei- tziger erweget hierbey die Schande, wel- che der Ubelthaͤter hat, indem er fuͤr ſo vie- ler Augen durch unehrliche Perſonen hin- gefuͤhret wird. Und dieſe Furcht fuͤr die- ſer Schande vermag bey ihm mehr als die Furcht des Todes. Andere hingegen
die
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des gemeinen Weſens.
nun auch gleich etwas anders geſetzt wuͤr-
de in Erwegung des zukuͤnfftigen, als des
gegenwaͤrtigen Zuſtandes; ſo waͤre ſolches
doch keines weges einander zuwieder. Was
einem zuwieder ſeyn ſol, muß in Erwegung
einerley Zuſtandes geſchehen (§. 11 Met.).
§. 349.Weil die Straffe nicht ſo wohl
zur Beſſernng derer, die ſie dulden, als
hauptſaͤchlich andern zum Exempel vollzo-
gen werden (§. 347); ſo ſol man auch kei-
nen Ubelthaͤter heimlich oder im verborge-
nen, ſondern oͤffentlich fuͤr jedermanns Au-
gen ſtraffen, und daher auch ſolches vor-
her kund machen, damit eine zahlreiche
Menge der Execution beywohne. Es
machet auch der Anblick der Ubelthaͤter mit
ihrem klaͤglichen Bezeigen, und ſelbſt die
groſſe Menge derer, welche zuſehen, einen
groſſen Eindruck in das Gemuͤthe, und
vermehren die Furcht fuͤr der Straffe, weil
ſie viel entſetzlicher vorkommet, als wenn
man von allen dieſen Umbſtaͤnden nichts
weiß und nur hoͤret, daß einer auf eine
ſolche, oder andere Art von dem Leben
zum Tode gebracht worden. Ein ehrgei-
tziger erweget hierbey die Schande, wel-
che der Ubelthaͤter hat, indem er fuͤr ſo vie-
ler Augen durch unehrliche Perſonen hin-
gefuͤhret wird. Und dieſe Furcht fuͤr die-
ſer Schande vermag bey ihm mehr als
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die
Warum
Ubeltdaͤ-
ter oͤffent
lich zu
ſtraffen.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/309>, abgerufen am 22.11.2024.
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