Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.des gemeinen Wesens. sächlich darauf zu sehen, daß die im ver-borgenen zum Schaden anderer begange- ne Ubelthaten kund werden, und man, so viel möglich, hinlängliche Mittel ersinne, wie man die Ubelthäter entweder zu eige- ner Geständniß ihres Verbrechens bringen oder auf andere Weise dergestalt überfüh- ren kan, daß sie sich schämen müssen, es länger zu läugnen. Es ist wahr, daß ü- ber dieses noch einige andere Ursachen sich finden, welche die Furcht für der Straffe benehmen: allein sie sind nicht so allge- mein wie die vorigen. Z. E. Einige ver- lassen sich darauf, daß sie der Straffe ent- rinnen und sich mit der Flucht erretten wol- len. Allein dieses sind Leute, die in einem Or- te gar nichts zu verlieren haben, und de- nen es gleich viel gielt, ob sie hier oder da sich aufhalten. Unerachtet nun aber in Ansehung der übrigen diese Zahl sehr ge- ringe ist, indem sie so eine Lebens-Art ha- ben müssen, daß man in andern Orten nicht nachfraget, wer sie sind und woher sie kommen; so hat man doch, um allen Hindernissen zu begegnen, so viel möglich ist, und öffters liederliches Gesinde nicht an anderen Orten mehr Unheil anrichten zu laßen, zugleich auf Mittel zu gedencken, wie man wegen begangener Ubelthaten flüchtige Personen verfolgen und ihrer hab- hafft werden könne. Einige pflegen sich auch U 2
des gemeinen Weſens. ſaͤchlich darauf zu ſehen, daß die im ver-borgenen zum Schaden anderer begange- ne Ubelthaten kund werden, und man, ſo viel moͤglich, hinlaͤngliche Mittel erſinne, wie man die Ubelthaͤter entweder zu eige- ner Geſtaͤndniß ihres Verbrechens bringen oder auf andere Weiſe dergeſtalt uͤberfuͤh- ren kan, daß ſie ſich ſchaͤmen muͤſſen, es laͤnger zu laͤugnen. Es iſt wahr, daß uͤ- ber dieſes noch einige andere Urſachen ſich finden, welche die Furcht fuͤr der Straffe benehmen: allein ſie ſind nicht ſo allge- mein wie die vorigen. Z. E. Einige ver- laſſen ſich darauf, daß ſie der Straffe ent- rinnen und ſich mit der Flucht erretten wol- len. Allein dieſes ſind Leute, die in einem Or- te gar nichts zu verlieren haben, und de- nen es gleich viel gielt, ob ſie hier oder da ſich aufhalten. Unerachtet nun aber in Anſehung der uͤbrigen dieſe Zahl ſehr ge- ringe iſt, indem ſie ſo eine Lebens-Art ha- ben muͤſſen, daß man in andern Orten nicht nachfraget, wer ſie ſind und woher ſie kommen; ſo hat man doch, um allen Hinderniſſen zu begegnen, ſo viel moͤglich iſt, und oͤffters liederliches Geſinde nicht an anderen Orten mehr Unheil anrichten zu laßen, zugleich auf Mittel zu gedencken, wie man wegen begangener Ubelthaten fluͤchtige Perſonen verfolgen und ihrer hab- hafft werden koͤnne. Einige pflegen ſich auch U 2
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des gemeinen Weſens.
ſaͤchlich darauf zu ſehen, daß die im ver-
borgenen zum Schaden anderer begange-
ne Ubelthaten kund werden, und man, ſo
viel moͤglich, hinlaͤngliche Mittel erſinne,
wie man die Ubelthaͤter entweder zu eige-
ner Geſtaͤndniß ihres Verbrechens bringen
oder auf andere Weiſe dergeſtalt uͤberfuͤh-
ren kan, daß ſie ſich ſchaͤmen muͤſſen, es
laͤnger zu laͤugnen. Es iſt wahr, daß uͤ-
ber dieſes noch einige andere Urſachen ſich
finden, welche die Furcht fuͤr der Straffe
benehmen: allein ſie ſind nicht ſo allge-
mein wie die vorigen. Z. E. Einige ver-
laſſen ſich darauf, daß ſie der Straffe ent-
rinnen und ſich mit der Flucht erretten wol-
len. Allein dieſes ſind Leute, die in einem Or-
te gar nichts zu verlieren haben, und de-
nen es gleich viel gielt, ob ſie hier oder da
ſich aufhalten. Unerachtet nun aber in
Anſehung der uͤbrigen dieſe Zahl ſehr ge-
ringe iſt, indem ſie ſo eine Lebens-Art ha-
ben muͤſſen, daß man in andern Orten
nicht nachfraget, wer ſie ſind und woher
ſie kommen; ſo hat man doch, um allen
Hinderniſſen zu begegnen, ſo viel moͤglich
iſt, und oͤffters liederliches Geſinde nicht
an anderen Orten mehr Unheil anrichten
zu laßen, zugleich auf Mittel zu gedencken,
wie man wegen begangener Ubelthaten
fluͤchtige Perſonen verfolgen und ihrer hab-
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