Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 3. Von der Einrichtung sicherheit für die Reisenden entstanden,man hätte aber einen eingezogen, der nir- gends angesessen wäre, noch erweisen kön- te, daß er sich an einem Orte redlich geneh- ret, man findete bey ihm viele von den ge- raubeten Sachen und könnte er nicht an- zeigen, wie er dazu kommen wäre, es wäre ein starcker und gesunder Kerle, der gar wohl etwas ausstehen könnte, liesse aber dabey, wie man ihn vernommen, eine grosse Hartnäckigkeit, oder auch andere Merck- mahle der Boßheit spüren; so wäre um Sicherheit auf der Strasse zu schaffen höchst nöthig, daß der Strassen-Raub mit rechtem Ernst gestraffet würde (§. 357). Der Inquisit hätte den grösten Verdacht wieder sich, daß er einer von den Stras- sen-Räubern wäre, man dörffte auch nicht besorgen, daß er aus Furcht vor den Schmertzen unschuldiger Weise bekennen würde, was er nicht begangen, und wegen seiner Hartnäckigkeit wäre kein anderes Mittel übrig hinter die Wahrheit zukom- men als die peinliche Frage. Derowegen wäre nicht unrecht damit wieder ihn zu verfahren. Jch weiß wohl, daß einige die peinliche Frage überhaupt verwerffen wollen, weil auch unschuldige zur Bekänt- nis dessen können gebracht werden, was sie nicht verübet. Allein wenn alle die vor- hin erzehlten Umstände darbey in acht ge- nom-
Cap. 3. Von der Einrichtung ſicherheit fuͤr die Reiſenden entſtanden,man haͤtte aber einen eingezogen, der nir- gends angeſeſſen waͤre, noch erweiſen koͤn- te, daß er ſich an einem Orte redlich geneh- ret, man findete bey ihm viele von den ge- raubeten Sachen und koͤnnte er nicht an- zeigen, wie er dazu kommen waͤre, es waͤre ein ſtarcker und geſunder Kerle, der gar wohl etwas ausſtehen koͤnnte, lieſſe aber dabey, wie man ihn vernommen, eine groſſe Hartnaͤckigkeit, oder auch andere Merck- mahle der Boßheit ſpuͤren; ſo waͤre um Sicherheit auf der Straſſe zu ſchaffen hoͤchſt noͤthig, daß der Straſſen-Raub mit rechtem Ernſt geſtraffet wuͤrde (§. 357). Der Inquiſit haͤtte den groͤſten Verdacht wieder ſich, daß er einer von den Straſ- ſen-Raͤubern waͤre, man doͤrffte auch nicht beſorgen, daß er aus Furcht vor den Schmertzen unſchuldiger Weiſe bekennen wuͤrde, was er nicht begangen, und wegen ſeiner Hartnaͤckigkeit waͤre kein anderes Mittel uͤbrig hinter die Wahrheit zukom- men als die peinliche Frage. Derowegen waͤre nicht unrecht damit wieder ihn zu verfahren. Jch weiß wohl, daß einige die peinliche Frage uͤberhaupt verwerffen wollen, weil auch unſchuldige zur Bekaͤnt- nis deſſen koͤnnen gebracht werden, was ſie nicht veruͤbet. Allein wenn alle die vor- hin erzehlten Umſtaͤnde darbey in acht ge- nom-
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Cap. 3. Von der Einrichtung
ſicherheit fuͤr die Reiſenden entſtanden,
man haͤtte aber einen eingezogen, der nir-
gends angeſeſſen waͤre, noch erweiſen koͤn-
te, daß er ſich an einem Orte redlich geneh-
ret, man findete bey ihm viele von den ge-
raubeten Sachen und koͤnnte er nicht an-
zeigen, wie er dazu kommen waͤre, es waͤre
ein ſtarcker und geſunder Kerle, der gar
wohl etwas ausſtehen koͤnnte, lieſſe aber
dabey, wie man ihn vernommen, eine groſſe
Hartnaͤckigkeit, oder auch andere Merck-
mahle der Boßheit ſpuͤren; ſo waͤre um
Sicherheit auf der Straſſe zu ſchaffen
hoͤchſt noͤthig, daß der Straſſen-Raub
mit rechtem Ernſt geſtraffet wuͤrde (§. 357).
Der Inquiſit haͤtte den groͤſten Verdacht
wieder ſich, daß er einer von den Straſ-
ſen-Raͤubern waͤre, man doͤrffte auch nicht
beſorgen, daß er aus Furcht vor den
Schmertzen unſchuldiger Weiſe bekennen
wuͤrde, was er nicht begangen, und wegen
ſeiner Hartnaͤckigkeit waͤre kein anderes
Mittel uͤbrig hinter die Wahrheit zukom-
men als die peinliche Frage. Derowegen
waͤre nicht unrecht damit wieder ihn zu
verfahren. Jch weiß wohl, daß einige
die peinliche Frage uͤberhaupt verwerffen
wollen, weil auch unſchuldige zur Bekaͤnt-
nis deſſen koͤnnen gebracht werden, was
ſie nicht veruͤbet. Allein wenn alle die vor-
hin erzehlten Umſtaͤnde darbey in acht ge-
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