Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

des gemeinen Wesens.
solcher gestalt würde die vermeinte Tapf-
ferkeit, als eine dem Gesetze der Natur zu-
wiederlauffende Sache, keine Tugend, son-
dern vielmehr ein Laster seyn (§. 64. Mor.).
Man hat sich aber nicht zu besorgen, daß
man anderen, wo man sich nicht auf sol-
che Weise rächet, Anlaß geben wird, zu
mehrerern Beleidigungen. Denn ich ha-
be schon errinnert, daß man diese mit
Ernst im gemeinen Wesen bestraffen, und
dadurch weitern Unfug abhalten soll (§.
373.). Und hat man auch deswegen im
gemeinen Wesen diejenigen mit gehöriger
Straffe anzusehen (§. 357.), welche andern
zum Schimpff auslegen wollen, wenn sie
nicht durch Duelle ihre Sachen mit ih-
ren Beleidigern ausmachen wollen.

§. 375.

Damit man aber in dergleichenWie man
sich da-
vor in
acht zu
nehmen.

Thorheit nicht durch andere gezogen wird,
die man nach diesem zu späte bereuet, wenn
man sich dadurch in Schaden und Un-
glück gestürtzet; so muß man auf seine
Wort und Wercke sorgfältig acht haben,
damit man nicht rede, noch thue, was der
andere übel nehmen kan, nicht leicht von
andern und ihrem Thun und Lassen urthei-
len, wo es nicht zu ihrem Lobe gereichet,
mit niemanden sich gar zu gemein ma-
chen, noch in allzu freyen Schertz einlas-
sen, und was dergleichen mehr ist, dadurch
entweder der andere Gelegenheit nehmen

kan

des gemeinen Weſens.
ſolcher geſtalt wuͤrde die vermeinte Tapf-
ferkeit, als eine dem Geſetze der Natur zu-
wiederlauffende Sache, keine Tugend, ſon-
dern vielmehr ein Laſter ſeyn (§. 64. Mor.).
Man hat ſich aber nicht zu beſorgen, daß
man anderen, wo man ſich nicht auf ſol-
che Weiſe raͤchet, Anlaß geben wird, zu
mehrerern Beleidigungen. Denn ich ha-
be ſchon errinnert, daß man dieſe mit
Ernſt im gemeinen Weſen beſtraffen, und
dadurch weitern Unfug abhalten ſoll (§.
373.). Und hat man auch deswegen im
gemeinen Weſen diejenigen mit gehoͤriger
Straffe anzuſehen (§. 357.), welche andern
zum Schimpff auslegen wollen, wenn ſie
nicht durch Duelle ihre Sachen mit ih-
ren Beleidigern ausmachen wollen.

§. 375.

Damit man aber in dergleichenWie man
ſich da-
vor in
acht zu
nehmen.

Thorheit nicht durch andere gezogen wird,
die man nach dieſem zu ſpaͤte bereuet, wenn
man ſich dadurch in Schaden und Un-
gluͤck geſtuͤrtzet; ſo muß man auf ſeine
Wort und Wercke ſorgfaͤltig acht haben,
damit man nicht rede, noch thue, was der
andere uͤbel nehmen kan, nicht leicht von
andern und ihrem Thun und Laſſen urthei-
len, wo es nicht zu ihrem Lobe gereichet,
mit niemanden ſich gar zu gemein ma-
chen, noch in allzu freyen Schertz einlaſ-
ſen, und was dergleichen mehr iſt, dadurch
entweder der andere Gelegenheit nehmen

kan
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0353" n="335"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des gemeinen We&#x017F;ens.</hi></fw><lb/>
&#x017F;olcher ge&#x017F;talt wu&#x0364;rde die vermeinte Tapf-<lb/>
ferkeit, als eine dem Ge&#x017F;etze der Natur zu-<lb/>
wiederlauffende Sache, keine Tugend, &#x017F;on-<lb/>
dern vielmehr ein La&#x017F;ter &#x017F;eyn (§. 64. <hi rendition="#aq">Mor.</hi>).<lb/>
Man hat &#x017F;ich aber nicht zu be&#x017F;orgen, daß<lb/>
man anderen, wo man &#x017F;ich nicht auf &#x017F;ol-<lb/>
che Wei&#x017F;e ra&#x0364;chet, Anlaß geben wird, zu<lb/>
mehrerern Beleidigungen. Denn ich ha-<lb/>
be &#x017F;chon errinnert, daß man die&#x017F;e mit<lb/>
Ern&#x017F;t im gemeinen We&#x017F;en be&#x017F;traffen, und<lb/>
dadurch weitern Unfug abhalten &#x017F;oll (§.<lb/>
373.). Und hat man auch deswegen im<lb/>
gemeinen We&#x017F;en diejenigen mit geho&#x0364;riger<lb/>
Straffe anzu&#x017F;ehen (§. 357.), welche andern<lb/>
zum Schimpff auslegen wollen, wenn &#x017F;ie<lb/>
nicht durch Duelle ihre Sachen mit ih-<lb/>
ren Beleidigern ausmachen wollen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 375.</head>
              <p>Damit man aber in dergleichen<note place="right">Wie man<lb/>
&#x017F;ich da-<lb/>
vor in<lb/>
acht zu<lb/>
nehmen.</note><lb/>
Thorheit nicht durch andere gezogen wird,<lb/>
die man nach die&#x017F;em zu &#x017F;pa&#x0364;te bereuet, wenn<lb/>
man &#x017F;ich dadurch in Schaden und Un-<lb/>
glu&#x0364;ck ge&#x017F;tu&#x0364;rtzet; &#x017F;o muß man auf &#x017F;eine<lb/>
Wort und Wercke &#x017F;orgfa&#x0364;ltig acht haben,<lb/>
damit man nicht rede, noch thue, was der<lb/>
andere u&#x0364;bel nehmen kan, nicht leicht von<lb/>
andern und ihrem Thun und La&#x017F;&#x017F;en urthei-<lb/>
len, wo es nicht zu ihrem Lobe gereichet,<lb/>
mit niemanden &#x017F;ich gar zu gemein ma-<lb/>
chen, noch in allzu freyen Schertz einla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, und was dergleichen mehr i&#x017F;t, dadurch<lb/>
entweder der andere Gelegenheit nehmen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kan</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[335/0353] des gemeinen Weſens. ſolcher geſtalt wuͤrde die vermeinte Tapf- ferkeit, als eine dem Geſetze der Natur zu- wiederlauffende Sache, keine Tugend, ſon- dern vielmehr ein Laſter ſeyn (§. 64. Mor.). Man hat ſich aber nicht zu beſorgen, daß man anderen, wo man ſich nicht auf ſol- che Weiſe raͤchet, Anlaß geben wird, zu mehrerern Beleidigungen. Denn ich ha- be ſchon errinnert, daß man dieſe mit Ernſt im gemeinen Weſen beſtraffen, und dadurch weitern Unfug abhalten ſoll (§. 373.). Und hat man auch deswegen im gemeinen Weſen diejenigen mit gehoͤriger Straffe anzuſehen (§. 357.), welche andern zum Schimpff auslegen wollen, wenn ſie nicht durch Duelle ihre Sachen mit ih- ren Beleidigern ausmachen wollen. §. 375.Damit man aber in dergleichen Thorheit nicht durch andere gezogen wird, die man nach dieſem zu ſpaͤte bereuet, wenn man ſich dadurch in Schaden und Un- gluͤck geſtuͤrtzet; ſo muß man auf ſeine Wort und Wercke ſorgfaͤltig acht haben, damit man nicht rede, noch thue, was der andere uͤbel nehmen kan, nicht leicht von andern und ihrem Thun und Laſſen urthei- len, wo es nicht zu ihrem Lobe gereichet, mit niemanden ſich gar zu gemein ma- chen, noch in allzu freyen Schertz einlaſ- ſen, und was dergleichen mehr iſt, dadurch entweder der andere Gelegenheit nehmen kan Wie man ſich da- vor in acht zu nehmen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/353
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/353>, abgerufen am 22.11.2024.