Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 3. Von der Einrichtung sen die Armen-Schulen, darinnen dieKinder der Eltern, welche das Schulgeld nicht verdienen können, umsonst in allem, was sie zu lernen nöthig haben, unterrich- tet werden. Für die übrigen, denen durch diese Anstalten nicht mag geholffen wer- den, hat das Allmosen-Amt zu sorgen, welches zu dem Ende aufgerichtet wird, damit diejenigen, welche Allmosen nöthig haben, so viel bekommen, als ihnen ge- bühret. Und lassen sich die Pflichten die- ses Ambtes und die dabey nöthige Einrich- tung aus demjenigen herleiten, was zur Gnüge jetzt ausgeführet worden. Es ist endlich bey diesen Anstalten auch noch die- ses nicht zu vergessen. Unterweilen haben einige zu ihrer Arbeit einen Verlag nöthig und, wenn sie von dem Gelde, was sie dazu borgen, auch nur die ordentlich gesetz- ten Zinsen abtragen sollen, so träget ihnen ihre Arbeit nicht mehr so viel ein als sie zu ihrem Unterhalt von nöthen haben. De- rowegen solte man auf solche Cassen be- dacht seyn, daraus man ihnen für gerin- gere Interessen Gelder vorstrecken könte. Man wird sich nicht wundern, warumb ich dieses hieher rechne. Der Nachlaß an den Interessen in Ansehung der Dürfftig- keit derer, die das Geld borgen, ist eine Art des Allmosens (§. 960 Mor.). §. 386.
Cap. 3. Von der Einrichtung ſen die Armen-Schulen, darinnen dieKinder der Eltern, welche das Schulgeld nicht verdienen koͤnnen, umſonſt in allem, was ſie zu lernen noͤthig haben, unterrich- tet werden. Fuͤr die uͤbrigen, denen durch dieſe Anſtalten nicht mag geholffen wer- den, hat das Allmoſen-Amt zu ſorgen, welches zu dem Ende aufgerichtet wird, damit diejenigen, welche Allmoſen noͤthig haben, ſo viel bekommen, als ihnen ge- buͤhret. Und laſſen ſich die Pflichten die- ſes Ambtes und die dabey noͤthige Einrich- tung aus demjenigen herleiten, was zur Gnuͤge jetzt ausgefuͤhret worden. Es iſt endlich bey dieſen Anſtalten auch noch die- ſes nicht zu vergeſſen. Unterweilen haben einige zu ihrer Arbeit einen Verlag noͤthig und, wenn ſie von dem Gelde, was ſie dazu borgen, auch nur die ordentlich geſetz- ten Zinſen abtragen ſollen, ſo traͤget ihnen ihre Arbeit nicht mehr ſo viel ein als ſie zu ihrem Unterhalt von noͤthen haben. De- rowegen ſolte man auf ſolche Caſſen be- dacht ſeyn, daraus man ihnen fuͤr gerin- gere Intereſſen Gelder vorſtrecken koͤnte. Man wird ſich nicht wundern, warumb ich dieſes hieher rechne. Der Nachlaß an den Intereſſen in Anſehung der Duͤrfftig- keit derer, die das Geld borgen, iſt eine Art des Allmoſens (§. 960 Mor.). §. 386.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0384" n="366"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 3. Von der Einrichtung</hi></fw><lb/> ſen die <hi rendition="#fr">Armen-Schulen,</hi> darinnen die<lb/> Kinder der Eltern, welche das Schulgeld<lb/> nicht verdienen koͤnnen, umſonſt in allem,<lb/> was ſie zu lernen noͤthig haben, unterrich-<lb/> tet werden. Fuͤr die uͤbrigen, denen durch<lb/> dieſe Anſtalten nicht mag geholffen wer-<lb/> den, hat das <hi rendition="#fr">Allmoſen-Amt</hi> zu ſorgen,<lb/> welches zu dem Ende aufgerichtet wird,<lb/> damit diejenigen, welche Allmoſen noͤthig<lb/> haben, ſo viel bekommen, als ihnen ge-<lb/> buͤhret. Und laſſen ſich die Pflichten die-<lb/> ſes Ambtes und die dabey noͤthige Einrich-<lb/> tung aus demjenigen herleiten, was zur<lb/> Gnuͤge jetzt ausgefuͤhret worden. Es iſt<lb/> endlich bey dieſen Anſtalten auch noch die-<lb/> ſes nicht zu vergeſſen. Unterweilen haben<lb/> einige zu ihrer Arbeit einen Verlag noͤthig<lb/> und, wenn ſie von dem Gelde, was ſie<lb/> dazu borgen, auch nur die ordentlich geſetz-<lb/> ten Zinſen abtragen ſollen, ſo traͤget ihnen<lb/> ihre Arbeit nicht mehr ſo viel ein als ſie zu<lb/> ihrem Unterhalt von noͤthen haben. De-<lb/> rowegen ſolte man auf ſolche Caſſen be-<lb/> dacht ſeyn, daraus man ihnen fuͤr gerin-<lb/> gere <hi rendition="#aq">Intereſſen</hi> Gelder vorſtrecken koͤnte.<lb/> Man wird ſich nicht wundern, warumb<lb/> ich dieſes hieher rechne. Der Nachlaß an<lb/> den <hi rendition="#aq">Intereſſen</hi> in Anſehung der Duͤrfftig-<lb/> keit derer, die das Geld borgen, iſt eine<lb/> Art des Allmoſens (§. 960 <hi rendition="#aq">Mor.</hi>).</p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch">§. 386.</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [366/0384]
Cap. 3. Von der Einrichtung
ſen die Armen-Schulen, darinnen die
Kinder der Eltern, welche das Schulgeld
nicht verdienen koͤnnen, umſonſt in allem,
was ſie zu lernen noͤthig haben, unterrich-
tet werden. Fuͤr die uͤbrigen, denen durch
dieſe Anſtalten nicht mag geholffen wer-
den, hat das Allmoſen-Amt zu ſorgen,
welches zu dem Ende aufgerichtet wird,
damit diejenigen, welche Allmoſen noͤthig
haben, ſo viel bekommen, als ihnen ge-
buͤhret. Und laſſen ſich die Pflichten die-
ſes Ambtes und die dabey noͤthige Einrich-
tung aus demjenigen herleiten, was zur
Gnuͤge jetzt ausgefuͤhret worden. Es iſt
endlich bey dieſen Anſtalten auch noch die-
ſes nicht zu vergeſſen. Unterweilen haben
einige zu ihrer Arbeit einen Verlag noͤthig
und, wenn ſie von dem Gelde, was ſie
dazu borgen, auch nur die ordentlich geſetz-
ten Zinſen abtragen ſollen, ſo traͤget ihnen
ihre Arbeit nicht mehr ſo viel ein als ſie zu
ihrem Unterhalt von noͤthen haben. De-
rowegen ſolte man auf ſolche Caſſen be-
dacht ſeyn, daraus man ihnen fuͤr gerin-
gere Intereſſen Gelder vorſtrecken koͤnte.
Man wird ſich nicht wundern, warumb
ich dieſes hieher rechne. Der Nachlaß an
den Intereſſen in Anſehung der Duͤrfftig-
keit derer, die das Geld borgen, iſt eine
Art des Allmoſens (§. 960 Mor.).
§. 386.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |