set. Jedoch hat man insonderheit darauf zu sehen, daß nicht eine Delicatesse in aus- ländischen Speisen gesuchet wird, die nur in der blossen Einbildung bestehet: indem dadurch ohne Noth viel Geld aus dem Lande kommet. Man siehet ohne mein Erinnern, daß, was von der Speise ge- saget worden, sich auch auf das Geträncke deuten lässet, und demnach finde ich nicht nöthig hiervon insbesondere zu reden. Weil aber ein jeder in Essen und Trincken sich nach seinem Stande richten soll (§. 458. Mor); so hat man im gemeinen We- sen Ordnungen zu machen, wie ein jeder nach seinem Stande bey öffentlichen Gast- gebothen tractiren sol: wiewohl da man zu- gleich auf den Beutel sehen sol (§. 458. Mor), man Vermögenden, die vornehme Gäste haben, verstatten kan, was andern nicht erlaubet.
§. 394.
Unter die Ergötzlichkeiten gehö-Beschaf- fenheit der Spie- le. ren auch mit die Spiele. Ehe sich aber beurtheilen lässet, was man derselben hal- ben im gemeinen Wesen zu veranstalten hat; so muß man zuförderst ihre Beschaf- henheit und was bey ihnen zuläßig ist, was auch im Gegentheile für Misbrauch sich da- bey einschleichet, wohl erwegen. Denn das zuläßige ist zu verstatten, weil die Spie- le in so weit mit zu der unschuldigen Lust gehören, wie bald mit mehrerem sol dar-
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des gemeinen Weſens.
ſet. Jedoch hat man inſonderheit darauf zu ſehen, daß nicht eine Delicateſſe in aus- laͤndiſchen Speiſen geſuchet wird, die nur in der bloſſen Einbildung beſtehet: indem dadurch ohne Noth viel Geld aus dem Lande kommet. Man ſiehet ohne mein Erinnern, daß, was von der Speiſe ge- ſaget worden, ſich auch auf das Getraͤncke deuten laͤſſet, und demnach finde ich nicht noͤthig hiervon insbeſondere zu reden. Weil aber ein jeder in Eſſen und Trincken ſich nach ſeinem Stande richten ſoll (§. 458. Mor); ſo hat man im gemeinen We- ſen Ordnungen zu machen, wie ein jeder nach ſeinem Stande bey oͤffentlichen Gaſt- gebothen tractiren ſol: wiewohl da man zu- gleich auf den Beutel ſehen ſol (§. 458. Mor), man Vermoͤgenden, die vornehme Gaͤſte haben, verſtatten kan, was andern nicht erlaubet.
§. 394.
Unter die Ergoͤtzlichkeiten gehoͤ-Beſchaf- fenheit der Spie- le. ren auch mit die Spiele. Ehe ſich aber beurtheilen laͤſſet, was man derſelben hal- ben im gemeinen Weſen zu veranſtalten hat; ſo muß man zufoͤrderſt ihre Beſchaf- henheit und was bey ihnen zulaͤßig iſt, was auch im Gegentheile fuͤr Misbrauch ſich da- bey einſchleichet, wohl erwegen. Denn das zulaͤßige iſt zu verſtatten, weil die Spie- le in ſo weit mit zu der unſchuldigen Luſt gehoͤren, wie bald mit mehrerem ſol dar-
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des gemeinen Weſens.
ſet. Jedoch hat man inſonderheit darauf
zu ſehen, daß nicht eine Delicateſſe in aus-
laͤndiſchen Speiſen geſuchet wird, die nur
in der bloſſen Einbildung beſtehet: indem
dadurch ohne Noth viel Geld aus dem
Lande kommet. Man ſiehet ohne mein
Erinnern, daß, was von der Speiſe ge-
ſaget worden, ſich auch auf das Getraͤncke
deuten laͤſſet, und demnach finde ich nicht
noͤthig hiervon insbeſondere zu reden.
Weil aber ein jeder in Eſſen und Trincken
ſich nach ſeinem Stande richten ſoll (§.
458. Mor); ſo hat man im gemeinen We-
ſen Ordnungen zu machen, wie ein jeder
nach ſeinem Stande bey oͤffentlichen Gaſt-
gebothen tractiren ſol: wiewohl da man zu-
gleich auf den Beutel ſehen ſol (§. 458.
Mor), man Vermoͤgenden, die vornehme
Gaͤſte haben, verſtatten kan, was andern
nicht erlaubet.
§. 394.Unter die Ergoͤtzlichkeiten gehoͤ-
ren auch mit die Spiele. Ehe ſich aber
beurtheilen laͤſſet, was man derſelben hal-
ben im gemeinen Weſen zu veranſtalten
hat; ſo muß man zufoͤrderſt ihre Beſchaf-
henheit und was bey ihnen zulaͤßig iſt, was
auch im Gegentheile fuͤr Misbrauch ſich da-
bey einſchleichet, wohl erwegen. Denn
das zulaͤßige iſt zu verſtatten, weil die Spie-
le in ſo weit mit zu der unſchuldigen Luſt
gehoͤren, wie bald mit mehrerem ſol dar-
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der Spie-
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/405>, abgerufen am 22.11.2024.
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