Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Gesetzen. mündigen etwas veräussern darf, er habedenn zuvor bey dem Vormundschaffts- Ambte solches gemeldet, die Ursachen, so ihn darzu bewegen, eröffnet und daß er es thun möge, auch auf was Art und Weise solches geschehen solle, die Einwilligung er- halten. Auf solche Weise erhält so wohl der Unmündige seine Sicherheit, daß er nicht betrogen wird, als auch der Vor- mund und seine Erben bleiben von aller Verantwortung frey, die ihnen sonst daher entstehen kan. Ja es können auch die bür- gerlichen Gesetze, damit die Gerichte mit dergleichen Untersuchungen nicht allzuviel belästiget werden, gar verordnen, daß von unbeweglichen Güttern nichts sol veräusert werden, wenn die nöthigen Auferziehungs- Kosten ohne die Veräuserung zu heben sind, unerachtet sonst die natürliche Billigkeit er- fordert, daß, wenn die Veräusserung mit grossem Vortheile des Unmündigen gesche- hen sollte, sie nicht unterlassen werde, weil der Vormund die Stelle des Unmündigen vertritt, und dannenhero alles dasjenige thun soll, was der Unmündige thun wür- de, wenn er geschickt wäre alles vernünff- tig zu überlegen (§. 151.). Allein eben deß- wegen, weil ein Vormund alles thun sol, was er vermeinet, daß der Unmündige selbst thun würde, wenn er den völligen Ge- brauch der Vernunfft hätte, kan man die- ses F f 2
Geſetzen. muͤndigen etwas veraͤuſſern darf, er habedenn zuvor bey dem Vormundſchaffts- Ambte ſolches gemeldet, die Urſachen, ſo ihn darzu bewegen, eroͤffnet und daß er es thun moͤge, auch auf was Art und Weiſe ſolches geſchehen ſolle, die Einwilligung er- halten. Auf ſolche Weiſe erhaͤlt ſo wohl der Unmuͤndige ſeine Sicherheit, daß er nicht betrogen wird, als auch der Vor- mund und ſeine Erben bleiben von aller Verantwortung frey, die ihnen ſonſt daher entſtehen kan. Ja es koͤnnen auch die buͤr- gerlichen Geſetze, damit die Gerichte mit dergleichen Unterſuchungen nicht allzuviel belaͤſtiget werden, gar verordnen, daß von unbeweglichen Guͤttern nichts ſol veraͤuſert werden, wenn die noͤthigen Auferziehungs- Koſten ohne die Veraͤuſerung zu heben ſind, unerachtet ſonſt die natuͤrliche Billigkeit er- fordert, daß, wenn die Veraͤuſſerung mit groſſem Vortheile des Unmuͤndigen geſche- hen ſollte, ſie nicht unterlaſſen werde, weil der Vormund die Stelle des Unmuͤndigen vertritt, und dannenhero alles dasjenige thun ſoll, was der Unmuͤndige thun wuͤr- de, wenn er geſchickt waͤre alles vernuͤnff- tig zu uͤberlegen (§. 151.). Allein eben deß- wegen, weil ein Vormund alles thun ſol, was er vermeinet, daß der Unmuͤndige ſelbſt thun wuͤrde, wenn er den voͤlligen Ge- brauch der Vernunfft haͤtte, kan man die- ſes F f 2
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Geſetzen.
muͤndigen etwas veraͤuſſern darf, er habe
denn zuvor bey dem Vormundſchaffts-
Ambte ſolches gemeldet, die Urſachen, ſo
ihn darzu bewegen, eroͤffnet und daß er es
thun moͤge, auch auf was Art und Weiſe
ſolches geſchehen ſolle, die Einwilligung er-
halten. Auf ſolche Weiſe erhaͤlt ſo wohl
der Unmuͤndige ſeine Sicherheit, daß er
nicht betrogen wird, als auch der Vor-
mund und ſeine Erben bleiben von aller
Verantwortung frey, die ihnen ſonſt daher
entſtehen kan. Ja es koͤnnen auch die buͤr-
gerlichen Geſetze, damit die Gerichte mit
dergleichen Unterſuchungen nicht allzuviel
belaͤſtiget werden, gar verordnen, daß von
unbeweglichen Guͤttern nichts ſol veraͤuſert
werden, wenn die noͤthigen Auferziehungs-
Koſten ohne die Veraͤuſerung zu heben ſind,
unerachtet ſonſt die natuͤrliche Billigkeit er-
fordert, daß, wenn die Veraͤuſſerung mit
groſſem Vortheile des Unmuͤndigen geſche-
hen ſollte, ſie nicht unterlaſſen werde, weil
der Vormund die Stelle des Unmuͤndigen
vertritt, und dannenhero alles dasjenige
thun ſoll, was der Unmuͤndige thun wuͤr-
de, wenn er geſchickt waͤre alles vernuͤnff-
tig zu uͤberlegen (§. 151.). Allein eben deß-
wegen, weil ein Vormund alles thun ſol,
was er vermeinet, daß der Unmuͤndige ſelbſt
thun wuͤrde, wenn er den voͤlligen Ge-
brauch der Vernunfft haͤtte, kan man die-
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