haupt verordnen könnten, daß kein Vor- mund für seine Mühe etwas haben sol (§. 401). Werden ihre Unmündige wohl erzo- gen, daß sie Verstand und Tugend erlan- gen; so werden sie nicht allein erkennen, was sie Gutes an ihnen gethan haben, und wie- viel Mühe sie ihrentwegen übernommen, sondern auch aus Danckbarkeit gegen sie (§. 156) für sich auf eine Erkäntlichkeit be- dacht seyn.
§. 432.
Aus denen bißher gegebenen E-Vorzug der na- türlichen Gesetze für den Bürger- lichen. rempeln erhellet zur Gnüge, was für ein Unterscheid zwischen denen natürlichen und Bürgerlichen Gesetzen sich befindet. Ab- sonderlich ist hieraus zu sehen, daß die Bür- gerlichen Gesetze keines Weges vollständiger sind als das Gesetze der Natur, auch die Meinung derer ungegründet sey, welche vorgeben, als wenn das Gesetze der Na- tur viele Handlungen der Menschen unent- schieden liesse, die nach diesem erst durch die Bürgerlichen Gesetze müsten entschieden werden: wie auch schon anderswo ange- mercket worden (§. 27. Mor.). Die Bür- gerlichen Gesetze sind vielmehr unvollstän- dig, weil sie viele Handlungen gantz unent- schieden lassen, oder doch auf eine unvoll- kommene Art entscheiden. Und demnach behalten in diesem Stücke die natürlichen Gesetze wohl allzeit den Vorzug vor den Bürgerlichen, wenn nur alles, was zu ih-
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Geſetzen.
haupt verordnen koͤnnten, daß kein Vor- mund fuͤr ſeine Muͤhe etwas haben ſol (§. 401). Werden ihre Unmuͤndige wohl erzo- gen, daß ſie Verſtand und Tugend erlan- gen; ſo werden ſie nicht allein erkennen, was ſie Gutes an ihnen gethan haben, und wie- viel Muͤhe ſie ihrentwegen uͤbernommen, ſondern auch aus Danckbarkeit gegen ſie (§. 156) fuͤr ſich auf eine Erkaͤntlichkeit be- dacht ſeyn.
§. 432.
Aus denen bißher gegebenen E-Vorzug der na- tuͤrlichen Geſetze fuͤr den Buͤrger- lichen. rempeln erhellet zur Gnuͤge, was fuͤr ein Unterſcheid zwiſchen denen natuͤrlichen und Buͤrgerlichen Geſetzen ſich befindet. Ab- ſonderlich iſt hieraus zu ſehen, daß die Buͤr- gerlichen Geſetze keines Weges vollſtaͤndiger ſind als das Geſetze der Natur, auch die Meinung derer ungegruͤndet ſey, welche vorgeben, als wenn das Geſetze der Na- tur viele Handlungen der Menſchen unent- ſchieden lieſſe, die nach dieſem erſt durch die Buͤrgerlichen Geſetze muͤſten entſchieden werden: wie auch ſchon anderswo ange- mercket worden (§. 27. Mor.). Die Buͤr- gerlichen Geſetze ſind vielmehr unvollſtaͤn- dig, weil ſie viele Handlungen gantz unent- ſchieden laſſen, oder doch auf eine unvoll- kommene Art entſcheiden. Und demnach behalten in dieſem Stuͤcke die natuͤrlichen Geſetze wohl allzeit den Vorzug vor den Buͤrgerlichen, wenn nur alles, was zu ih-
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Geſetzen.
haupt verordnen koͤnnten, daß kein Vor-
mund fuͤr ſeine Muͤhe etwas haben ſol (§.
401). Werden ihre Unmuͤndige wohl erzo-
gen, daß ſie Verſtand und Tugend erlan-
gen; ſo werden ſie nicht allein erkennen, was
ſie Gutes an ihnen gethan haben, und wie-
viel Muͤhe ſie ihrentwegen uͤbernommen,
ſondern auch aus Danckbarkeit gegen ſie
(§. 156) fuͤr ſich auf eine Erkaͤntlichkeit be-
dacht ſeyn.
§. 432.Aus denen bißher gegebenen E-
rempeln erhellet zur Gnuͤge, was fuͤr ein
Unterſcheid zwiſchen denen natuͤrlichen und
Buͤrgerlichen Geſetzen ſich befindet. Ab-
ſonderlich iſt hieraus zu ſehen, daß die Buͤr-
gerlichen Geſetze keines Weges vollſtaͤndiger
ſind als das Geſetze der Natur, auch die
Meinung derer ungegruͤndet ſey, welche
vorgeben, als wenn das Geſetze der Na-
tur viele Handlungen der Menſchen unent-
ſchieden lieſſe, die nach dieſem erſt durch
die Buͤrgerlichen Geſetze muͤſten entſchieden
werden: wie auch ſchon anderswo ange-
mercket worden (§. 27. Mor.). Die Buͤr-
gerlichen Geſetze ſind vielmehr unvollſtaͤn-
dig, weil ſie viele Handlungen gantz unent-
ſchieden laſſen, oder doch auf eine unvoll-
kommene Art entſcheiden. Und demnach
behalten in dieſem Stuͤcke die natuͤrlichen
Geſetze wohl allzeit den Vorzug vor den
Buͤrgerlichen, wenn nur alles, was zu ih-
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/471>, abgerufen am 25.11.2024.
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