Wie die Gewalt der Lan- des-O- brigkeit einge- schräncket wird.
§. 440.
Weil die Grund-Gesetze eines Staats dahin gehen, daß die Landes-O- brigkeit nicht schlechter Dinges befehlen darf, noch thun, was ihr gefället (§. 439.); so wird dadurch ihre Gewalt eingeschrän- cket (§. 435), und hat daher bloß Recht zu thun und zu befehlen, was ihnen gemäß ist. Es können aber diese Gesetze entwe- der determiniren, was in diesem oder je- nem Falle geschehen sol; oder die Landes- Obrigkeit kan dadurch bloß an andere (wel- che man die Stände zu nenne pfleget) ge- wiesen werden, denenselben vorzutragen, was sie in diesem oder jenem Falle vor nö- thig befindet, und nach diesem zu vollfüh- ren, was sie für gut befinden werden. Da- mit nun aber die Stände wissen, wenn sie zusammen kommen sollen, auch zusam- men kommen, wenn es geschehen sol; so muß die Landes-Obrigkeit Gewalt haben einen Land-Tag auszuschreiben und die Stände zu beruffen. Und weil bey einem jeden Befehle auch eine Verbindlichkeit seyn muß, indem Befehlen vor die lange Weile ist, wenn der andere nach erhalte- nem Befehle die Freyheit behält zu thun und zu lassen, was er wil; so muß gleich durch die Grund-Gesetze des Staates aus- gemacht werden, daß davor gehalten wird,
der-
Cap. 5. Von der Macht
von nach dieſem umbſtaͤndlich ſol geredet werden.
Wie die Gewalt der Lan- des-O- brigkeit einge- ſchraͤncket wird.
§. 440.
Weil die Grund-Geſetze eines Staats dahin gehen, daß die Landes-O- brigkeit nicht ſchlechter Dinges befehlen darf, noch thun, was ihr gefaͤllet (§. 439.); ſo wird dadurch ihre Gewalt eingeſchraͤn- cket (§. 435), und hat daher bloß Recht zu thun und zu befehlen, was ihnen gemaͤß iſt. Es koͤnnen aber dieſe Geſetze entwe- der determiniren, was in dieſem oder je- nem Falle geſchehen ſol; oder die Landes- Obrigkeit kan dadurch bloß an andere (wel- che man die Staͤnde zu nenne pfleget) ge- wieſen werden, denenſelben vorzutragen, was ſie in dieſem oder jenem Falle vor noͤ- thig befindet, und nach dieſem zu vollfuͤh- ren, was ſie fuͤr gut befinden werden. Da- mit nun aber die Staͤnde wiſſen, wenn ſie zuſammen kommen ſollen, auch zuſam- men kommen, wenn es geſchehen ſol; ſo muß die Landes-Obrigkeit Gewalt haben einen Land-Tag auszuſchreiben und die Staͤnde zu beruffen. Und weil bey einem jeden Befehle auch eine Verbindlichkeit ſeyn muß, indem Befehlen vor die lange Weile iſt, wenn der andere nach erhalte- nem Befehle die Freyheit behaͤlt zu thun und zu laſſen, was er wil; ſo muß gleich durch die Grund-Geſetze des Staates aus- gemacht werden, daß davor gehalten wird,
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Cap. 5. Von der Macht
von nach dieſem umbſtaͤndlich ſol geredet
werden.
§. 440.Weil die Grund-Geſetze eines
Staats dahin gehen, daß die Landes-O-
brigkeit nicht ſchlechter Dinges befehlen
darf, noch thun, was ihr gefaͤllet (§. 439.);
ſo wird dadurch ihre Gewalt eingeſchraͤn-
cket (§. 435), und hat daher bloß Recht
zu thun und zu befehlen, was ihnen gemaͤß
iſt. Es koͤnnen aber dieſe Geſetze entwe-
der determiniren, was in dieſem oder je-
nem Falle geſchehen ſol; oder die Landes-
Obrigkeit kan dadurch bloß an andere (wel-
che man die Staͤnde zu nenne pfleget) ge-
wieſen werden, denenſelben vorzutragen,
was ſie in dieſem oder jenem Falle vor noͤ-
thig befindet, und nach dieſem zu vollfuͤh-
ren, was ſie fuͤr gut befinden werden. Da-
mit nun aber die Staͤnde wiſſen, wenn
ſie zuſammen kommen ſollen, auch zuſam-
men kommen, wenn es geſchehen ſol; ſo
muß die Landes-Obrigkeit Gewalt haben
einen Land-Tag auszuſchreiben und die
Staͤnde zu beruffen. Und weil bey einem
jeden Befehle auch eine Verbindlichkeit
ſeyn muß, indem Befehlen vor die lange
Weile iſt, wenn der andere nach erhalte-
nem Befehle die Freyheit behaͤlt zu thun
und zu laſſen, was er wil; ſo muß gleich
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/484>, abgerufen am 22.11.2024.
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