Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.und Gewalt der Obrigkeit. Gewalt einer hohen Landes-Obrigkeit ein-schräncken lässet und aus was Ursachen solches geschehe; keines weges aber behau- ptet, daß solches überall geschehen müsse. Denn es ist ja zur Gnüge klar, daß sol- ches in der Monarchie und Aristocratie (§. 234. 235) nicht angehe, deren Möglich- keit ich gleichwohl (§. 247. 250) erwiesen. Und die Erfahrung stimmet auch mit ü- berein, daß dergleichen Mittel, die hier vorgeschlagen, würcklich beliebet werden, ob wir zwar nicht alles bey einander in einem Staate, sondern einige hier, die an- dern dort antreffen. Gleichwie ich nun aber keine Absicht auf einen gewissen Staat habe, sondern bloß überhaupt be- schreibe, was zu vernünfftiger Beurthei- lung aller Staate erfordert wird; so habe ich auch in diesem Stücke solches nicht ü- bergehen können. Auch will ich jetzt nicht die Frage ausmachen, ob es besser sey, daß Macht und Gewalt der hohen Obrig- keit unumbschräncket verbleibe, oder nicht: denn das letztere hat sowohl einige Grün- de vor sich, als das erstere. Beyde aber gegen einander zu halten und zu zeigen, welche unter ihnen die anderen überwie- gen, ist meinem gegenwärtigen Zwecke nicht gemäß, als welcher dergleichen Weitläufftigkeiten keines weges leidet. §. 551.
und Gewalt der Obrigkeit. Gewalt einer hohen Landes-Obrigkeit ein-ſchraͤncken laͤſſet und aus was Urſachen ſolches geſchehe; keines weges aber behau- ptet, daß ſolches uͤberall geſchehen muͤſſe. Denn es iſt ja zur Gnuͤge klar, daß ſol- ches in der Monarchie und Ariſtocratie (§. 234. 235) nicht angehe, deren Moͤglich- keit ich gleichwohl (§. 247. 250) erwieſen. Und die Erfahrung ſtimmet auch mit uͤ- berein, daß dergleichen Mittel, die hier vorgeſchlagen, wuͤrcklich beliebet werden, ob wir zwar nicht alles bey einander in einem Staate, ſondern einige hier, die an- dern dort antreffen. Gleichwie ich nun aber keine Abſicht auf einen gewiſſen Staat habe, ſondern bloß uͤberhaupt be- ſchreibe, was zu vernuͤnfftiger Beurthei- lung aller Staate erfordert wird; ſo habe ich auch in dieſem Stuͤcke ſolches nicht uͤ- bergehen koͤnnen. Auch will ich jetzt nicht die Frage ausmachen, ob es beſſer ſey, daß Macht und Gewalt der hohen Obrig- keit unumbſchraͤncket verbleibe, oder nicht: denn das letztere hat ſowohl einige Gruͤn- de vor ſich, als das erſtere. Beyde aber gegen einander zu halten und zu zeigen, welche unter ihnen die anderen uͤberwie- gen, iſt meinem gegenwaͤrtigen Zwecke nicht gemaͤß, als welcher dergleichen Weitlaͤufftigkeiten keines weges leidet. §. 551.
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und Gewalt der Obrigkeit.
Gewalt einer hohen Landes-Obrigkeit ein-
ſchraͤncken laͤſſet und aus was Urſachen
ſolches geſchehe; keines weges aber behau-
ptet, daß ſolches uͤberall geſchehen muͤſſe.
Denn es iſt ja zur Gnuͤge klar, daß ſol-
ches in der Monarchie und Ariſtocratie
(§. 234. 235) nicht angehe, deren Moͤglich-
keit ich gleichwohl (§. 247. 250) erwieſen.
Und die Erfahrung ſtimmet auch mit uͤ-
berein, daß dergleichen Mittel, die hier
vorgeſchlagen, wuͤrcklich beliebet werden,
ob wir zwar nicht alles bey einander in
einem Staate, ſondern einige hier, die an-
dern dort antreffen. Gleichwie ich nun
aber keine Abſicht auf einen gewiſſen
Staat habe, ſondern bloß uͤberhaupt be-
ſchreibe, was zu vernuͤnfftiger Beurthei-
lung aller Staate erfordert wird; ſo habe
ich auch in dieſem Stuͤcke ſolches nicht uͤ-
bergehen koͤnnen. Auch will ich jetzt nicht
die Frage ausmachen, ob es beſſer ſey,
daß Macht und Gewalt der hohen Obrig-
keit unumbſchraͤncket verbleibe, oder nicht:
denn das letztere hat ſowohl einige Gruͤn-
de vor ſich, als das erſtere. Beyde aber
gegen einander zu halten und zu zeigen,
welche unter ihnen die anderen uͤberwie-
gen, iſt meinem gegenwaͤrtigen Zwecke
nicht gemaͤß, als welcher dergleichen
Weitlaͤufftigkeiten keines weges leidet.
§. 551.
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