Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.der hohen Landes-Obrigkeit. keines von diesen dem anderen entgegenseyn muß, sondern vielmehr alle darinnen mit einander zusammenstimmen, daß Recht und Gerechtigkeit nach denen Gesetzen ge- handhabet werde. Und zu dem Ende müssen auch die kleineren Gerichte an die grösseren gewiesen werden, dergestalt, daß diese eine Gewalt haben zu untersuchen, wie jene ihr Ambt verrichten, auch zu dem En- de denen Partheyen, welche durch das Ur- theil beschweeret zu seyn vermeinen, die Freyheit gelassen werden auf das höhere Gerichte sich zu beruffen und daselbst über das ertheilte Urtheil erkennen zu lassen. Wenn nun ein Gerichte unter einem an- deren auf solche Weise stehet, so nennet man es ein Untetgerichte: hingegen die- jenigen, worunter die anderen stehen, wer- den Obergerichte genennet. Also da die Landes-Regierung in derselben Provintz kein höheres Gerichte über sich hat; so ist sie ein Ober-Gerichte: hingegen wenn die Stadt-Gerichte unter der Landes-Re- gierung stehen, so sind sie ein Untergerich- te. Gleichergestalt wo die Stadt-Vog- tey unter den Stadt-Gerichten stehet, so ist sie gleichfals ein Untergerichte. Es fin- det sich aber noch ein anderer Unterscheid der Gerichte, der von den Verrichtungen genommen wird. Nemlich wie aus dem vorhergehenden erhellet, so entscheiden ent- we-
der hohen Landes-Obrigkeit. keines von dieſen dem anderen entgegenſeyn muß, ſondern vielmehr alle darinnen mit einander zuſammenſtimmen, daß Recht und Gerechtigkeit nach denen Geſetzen ge- handhabet werde. Und zu dem Ende muͤſſen auch die kleineren Gerichte an die groͤſſeren gewieſen werden, dergeſtalt, daß dieſe eine Gewalt haben zu unterſuchen, wie jene ihr Ambt verrichten, auch zu dem En- de denen Partheyen, welche durch das Ur- theil beſchweeret zu ſeyn vermeinen, die Freyheit gelaſſen werden auf das hoͤhere Gerichte ſich zu beruffen und daſelbſt uͤber das ertheilte Urtheil erkennen zu laſſen. Wenn nun ein Gerichte unter einem an- deren auf ſolche Weiſe ſtehet, ſo nennet man es ein Untetgerichte: hingegen die- jenigen, worunter die anderen ſtehen, wer- den Obergerichte genennet. Alſo da die Landes-Regierung in derſelben Provintz kein hoͤheres Gerichte uͤber ſich hat; ſo iſt ſie ein Ober-Gerichte: hingegen wenn die Stadt-Gerichte unter der Landes-Re- gierung ſtehen, ſo ſind ſie ein Untergerich- te. Gleichergeſtalt wo die Stadt-Vog- tey unter den Stadt-Gerichten ſtehet, ſo iſt ſie gleichfals ein Untergerichte. Es fin- det ſich aber noch ein anderer Unterſcheid der Gerichte, der von den Verrichtungen genommen wird. Nemlich wie aus dem vorhergehenden erhellet, ſo entſcheiden ent- we-
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der hohen Landes-Obrigkeit.
keines von dieſen dem anderen entgegen
ſeyn muß, ſondern vielmehr alle darinnen
mit einander zuſammenſtimmen, daß Recht
und Gerechtigkeit nach denen Geſetzen ge-
handhabet werde. Und zu dem Ende
muͤſſen auch die kleineren Gerichte an die
groͤſſeren gewieſen werden, dergeſtalt, daß
dieſe eine Gewalt haben zu unterſuchen, wie
jene ihr Ambt verrichten, auch zu dem En-
de denen Partheyen, welche durch das Ur-
theil beſchweeret zu ſeyn vermeinen, die
Freyheit gelaſſen werden auf das hoͤhere
Gerichte ſich zu beruffen und daſelbſt uͤber
das ertheilte Urtheil erkennen zu laſſen.
Wenn nun ein Gerichte unter einem an-
deren auf ſolche Weiſe ſtehet, ſo nennet
man es ein Untetgerichte: hingegen die-
jenigen, worunter die anderen ſtehen, wer-
den Obergerichte genennet. Alſo da die
Landes-Regierung in derſelben Provintz
kein hoͤheres Gerichte uͤber ſich hat; ſo iſt
ſie ein Ober-Gerichte: hingegen wenn
die Stadt-Gerichte unter der Landes-Re-
gierung ſtehen, ſo ſind ſie ein Untergerich-
te. Gleichergeſtalt wo die Stadt-Vog-
tey unter den Stadt-Gerichten ſtehet, ſo
iſt ſie gleichfals ein Untergerichte. Es fin-
det ſich aber noch ein anderer Unterſcheid
der Gerichte, der von den Verrichtungen
genommen wird. Nemlich wie aus dem
vorhergehenden erhellet, ſo entſcheiden ent-
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