die Unterthanen nicht in Armuth gera- then (§. 476.); so soll man auch ohne Noth keine Kriege anfangen, ingleichen, wo man den Krieg, den andere anfan- gen wollen, vermeiden kan, nach allem Vermögen ihn abzuwenden suchen.
Wie bey vorfal- lendem Mißwach- se das Geld im Lande be- halten wird.
§. 481.
Wenn durch einen Miswachs Mangel am Getreyde und anderen Vi- etualien, oder auch durch eine Vieh- Seuche Mangel am Viehe vorfället, und man ist genöthiget, aus fremden Ländern zu hohlen, was man in seinem Lande nicht hat; so wird dadurch vieles Geld aus dem Lande gebracht. Denn in sol- chen Fällen, wo ein grosser Mangel ist, schläget der Preiß auf; je höher aber der Preiß ist, je mehr wird das Geld aus dem Lande getragen. Weil es nicht in unserer Gewalt stehet Miswachs zu ver- hüten; so bleibet nichts anders übrig, als daß man bey guten Jahren allzeit einen Vorrath im Lande übrig behält und nicht allen Uberfluß, den wir selbst nicht brau- chen, in auswärtige Länder verführet. Denn unerachtet dadurch Geld ins Land kommet, so ist doch in guten Zeiten der Preiß geringer, als in schlechten Jah- ren, wo Miswachs ist, und daher wird nach diesem mehr Geld aus dem Lande getragen, umb dasjenige wieder zu be-
kom-
Cap. 6. Von der Regierung
die Unterthanen nicht in Armuth gera- then (§. 476.); ſo ſoll man auch ohne Noth keine Kriege anfangen, ingleichen, wo man den Krieg, den andere anfan- gen wollen, vermeiden kan, nach allem Vermoͤgen ihn abzuwenden ſuchen.
Wie bey vorfal- lendem Mißwach- ſe das Geld im Lande be- halten wird.
§. 481.
Wenn durch einen Miswachs Mangel am Getreyde und anderen Vi- etualien, oder auch durch eine Vieh- Seuche Mangel am Viehe vorfaͤllet, und man iſt genoͤthiget, aus fremden Laͤndern zu hohlen, was man in ſeinem Lande nicht hat; ſo wird dadurch vieles Geld aus dem Lande gebracht. Denn in ſol- chen Faͤllen, wo ein groſſer Mangel iſt, ſchlaͤget der Preiß auf; je hoͤher aber der Preiß iſt, je mehr wird das Geld aus dem Lande getragen. Weil es nicht in unſerer Gewalt ſtehet Miswachs zu ver- huͤten; ſo bleibet nichts anders uͤbrig, als daß man bey guten Jahren allzeit einen Vorrath im Lande uͤbrig behaͤlt und nicht allen Uberfluß, den wir ſelbſt nicht brau- chen, in auswaͤrtige Laͤnder verfuͤhret. Denn unerachtet dadurch Geld ins Land kommet, ſo iſt doch in guten Zeiten der Preiß geringer, als in ſchlechten Jah- ren, wo Miswachs iſt, und daher wird nach dieſem mehr Geld aus dem Lande getragen, umb dasjenige wieder zu be-
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Cap. 6. Von der Regierung
die Unterthanen nicht in Armuth gera-
then (§. 476.); ſo ſoll man auch ohne
Noth keine Kriege anfangen, ingleichen,
wo man den Krieg, den andere anfan-
gen wollen, vermeiden kan, nach allem
Vermoͤgen ihn abzuwenden ſuchen.
§. 481.Wenn durch einen Miswachs
Mangel am Getreyde und anderen Vi-
etualien, oder auch durch eine Vieh-
Seuche Mangel am Viehe vorfaͤllet, und
man iſt genoͤthiget, aus fremden Laͤndern
zu hohlen, was man in ſeinem Lande
nicht hat; ſo wird dadurch vieles Geld
aus dem Lande gebracht. Denn in ſol-
chen Faͤllen, wo ein groſſer Mangel iſt,
ſchlaͤget der Preiß auf; je hoͤher aber der
Preiß iſt, je mehr wird das Geld aus
dem Lande getragen. Weil es nicht in
unſerer Gewalt ſtehet Miswachs zu ver-
huͤten; ſo bleibet nichts anders uͤbrig, als
daß man bey guten Jahren allzeit einen
Vorrath im Lande uͤbrig behaͤlt und nicht
allen Uberfluß, den wir ſelbſt nicht brau-
chen, in auswaͤrtige Laͤnder verfuͤhret.
Denn unerachtet dadurch Geld ins Land
kommet, ſo iſt doch in guten Zeiten der
Preiß geringer, als in ſchlechten Jah-
ren, wo Miswachs iſt, und daher wird
nach dieſem mehr Geld aus dem Lande
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/576>, abgerufen am 24.11.2024.
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