Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 6. Von der Regierung Wahren auch aus anderen Orten mit ge-ringeren Kosten zu haben sind, und man dannenhero besorgen muß, daß durch die gemachte Aufflagen der Handel sich von unserem Orte in einen andern ziehen wer- de. Und ist diese Vorsichtigkeit umb so viel nöthiger, je schweerer dem Versehen wiederumb abzuhelffen: denn wenn sich der Handel einmahl in einen anderen Ort gezogen, so ist er schweer wieder zurücke zubringen, theils weil niemand gerne oh- ne Ursache Aenderung trifft und auswerti- ge auf unser interesse nicht sehen, theils weil man besorget ist, man möchte einen nur wieder von neuem mit freundlichen Versprechungen anlocken und nach einiger Zeit wieder auf die alten Sprünge kom- men. Weil es der Kauffleute ihr Inter- esse ist, daß der Handel im Flor ist, so wird sie als interessirte Leute ihr eigen Vortheil antreiben ihn in Flor zu bringen und zu erhalten. Derowegen gehet es nicht besser, als wenn man ihnen ihren Willen lässet. Und die Erfahrung hat dieses bestetiget, aus welcher man ange- mercket; der Handel florire nirgends mehr, als wo er frey ist. sorgen/ daß das Geld wohl voulire. §. 487. Es ist aber nicht genung, daß ein,
Cap. 6. Von der Regierung Wahren auch aus anderen Orten mit ge-ringeren Koſten zu haben ſind, und man dannenhero beſorgen muß, daß durch die gemachte Aufflagen der Handel ſich von unſerem Orte in einen andern ziehen wer- de. Und iſt dieſe Vorſichtigkeit umb ſo viel noͤthiger, je ſchweerer dem Verſehen wiederumb abzuhelffen: denn wenn ſich der Handel einmahl in einen anderen Ort gezogen, ſo iſt er ſchweer wieder zuruͤcke zubringen, theils weil niemand gerne oh- ne Urſache Aenderung trifft und auswerti- ge auf unſer intereſſe nicht ſehen, theils weil man beſorget iſt, man moͤchte einen nur wieder von neuem mit freundlichen Verſprechungen anlocken und nach einiger Zeit wieder auf die alten Spruͤnge kom- men. Weil es der Kauffleute ihr Inter- eſſe iſt, daß der Handel im Flor iſt, ſo wird ſie als intereſſirte Leute ihr eigen Vortheil antreiben ihn in Flor zu bringen und zu erhalten. Derowegen gehet es nicht beſſer, als wenn man ihnen ihren Willen laͤſſet. Und die Erfahrung hat dieſes beſtetiget, aus welcher man ange- mercket; der Handel florire nirgends mehr, als wo er frey iſt. ſorgen/ daß das Geld wohl voulire. §. 487. Es iſt aber nicht genung, daß ein,
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Cap. 6. Von der Regierung
Wahren auch aus anderen Orten mit ge-
ringeren Koſten zu haben ſind, und man
dannenhero beſorgen muß, daß durch die
gemachte Aufflagen der Handel ſich von
unſerem Orte in einen andern ziehen wer-
de. Und iſt dieſe Vorſichtigkeit umb ſo
viel noͤthiger, je ſchweerer dem Verſehen
wiederumb abzuhelffen: denn wenn ſich
der Handel einmahl in einen anderen Ort
gezogen, ſo iſt er ſchweer wieder zuruͤcke
zubringen, theils weil niemand gerne oh-
ne Urſache Aenderung trifft und auswerti-
ge auf unſer intereſſe nicht ſehen, theils
weil man beſorget iſt, man moͤchte einen
nur wieder von neuem mit freundlichen
Verſprechungen anlocken und nach einiger
Zeit wieder auf die alten Spruͤnge kom-
men. Weil es der Kauffleute ihr Inter-
eſſe iſt, daß der Handel im Flor iſt, ſo
wird ſie als intereſſirte Leute ihr eigen
Vortheil antreiben ihn in Flor zu bringen
und zu erhalten. Derowegen gehet es
nicht beſſer, als wenn man ihnen ihren
Willen laͤſſet. Und die Erfahrung hat
dieſes beſtetiget, aus welcher man ange-
mercket; der Handel florire nirgends mehr,
als wo er frey iſt.
§. 487.Es iſt aber nicht genung, daß
eine hohe Landes-Obrigkeit alle moͤgliche
Anſtalten machet, daß das Geld im Lan-
de bleibe (§. 447. & ſeqq.) und mehr hin-
ein,
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