Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 6. Von der Regierung Landes befördert werden soll, die Rä-the hauptsächlich in den Stücken verstän- dig und weise seyn müssen, darinnen sie Rath ertheilen sollen. Es kan wohl einer in einer andern Sache sehr verständig und weise seyn, aber nicht in derjenigen, dar- innen er Rath ertheilen sol. Und daher wird er doch mit Recht für einen unver- ständigen und unweisen Rath gehalten, und muß man es bey seinen Rathschlägen wagen, daß Land und Leute verdorben werden. Es ist aber nicht genung, daß die Räthe verstehen, was in sich ereignen- den Fällen zum Besten des Landes gerei- chet; sondern sie müssen auch geneigt seyn dem Landes-Herrn ihren Rath nach ih- rem Wissen und Gewissen zu eröffnen, und nicht aus allerhand interessirten Ab- sichten entweder verschweigen, was die Wohlfahrt des Landes befördert, oder wohl gar rathen, was Schaden bringet. Weil nun ein Herr sich auf seine Räthe verlassen muß, und also seine gute Inten- tion, die er für das Land heget, ihn nichts hilfft, wenn die Räthe entweder unverstän- dig, oder nicht aufrichtig sind: so sollen keine Personen zu würcklichen Räthen an- genommen werden, als die bereits durch vielfältige Proben ihre gute Qualitäten bewiesen haben. Und also können nicht junge Leute zu Räthen angenommen wer- den,
Cap. 6. Von der Regierung Landes befoͤrdert werden ſoll, die Raͤ-the hauptſaͤchlich in den Stuͤcken verſtaͤn- dig und weiſe ſeyn muͤſſen, darinnen ſie Rath ertheilen ſollen. Es kan wohl einer in einer andern Sache ſehr verſtaͤndig und weiſe ſeyn, aber nicht in derjenigen, dar- innen er Rath ertheilen ſol. Und daher wird er doch mit Recht fuͤr einen unver- ſtaͤndigen und unweiſen Rath gehalten, und muß man es bey ſeinen Rathſchlaͤgen wagen, daß Land und Leute verdorben werden. Es iſt aber nicht genung, daß die Raͤthe verſtehen, was in ſich ereignen- den Faͤllen zum Beſten des Landes gerei- chet; ſondern ſie muͤſſen auch geneigt ſeyn dem Landes-Herrn ihren Rath nach ih- rem Wiſſen und Gewiſſen zu eroͤffnen, und nicht aus allerhand intereſſirten Ab- ſichten entweder verſchweigen, was die Wohlfahrt des Landes befoͤrdert, oder wohl gar rathen, was Schaden bringet. Weil nun ein Herr ſich auf ſeine Raͤthe verlaſſen muß, und alſo ſeine gute Inten- tion, die er fuͤr das Land heget, ihn nichts hilfft, wenn die Raͤthe entweder unverſtaͤn- dig, oder nicht aufrichtig ſind: ſo ſollen keine Perſonen zu wuͤrcklichen Raͤthen an- genommen werden, als die bereits durch vielfaͤltige Proben ihre gute Qualitaͤten bewieſen haben. Und alſo koͤnnen nicht junge Leute zu Raͤthen angenommen wer- den,
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Cap. 6. Von der Regierung
Landes befoͤrdert werden ſoll, die Raͤ-
the hauptſaͤchlich in den Stuͤcken verſtaͤn-
dig und weiſe ſeyn muͤſſen, darinnen ſie
Rath ertheilen ſollen. Es kan wohl einer
in einer andern Sache ſehr verſtaͤndig und
weiſe ſeyn, aber nicht in derjenigen, dar-
innen er Rath ertheilen ſol. Und daher
wird er doch mit Recht fuͤr einen unver-
ſtaͤndigen und unweiſen Rath gehalten,
und muß man es bey ſeinen Rathſchlaͤgen
wagen, daß Land und Leute verdorben
werden. Es iſt aber nicht genung, daß
die Raͤthe verſtehen, was in ſich ereignen-
den Faͤllen zum Beſten des Landes gerei-
chet; ſondern ſie muͤſſen auch geneigt ſeyn
dem Landes-Herrn ihren Rath nach ih-
rem Wiſſen und Gewiſſen zu eroͤffnen,
und nicht aus allerhand intereſſirten Ab-
ſichten entweder verſchweigen, was die
Wohlfahrt des Landes befoͤrdert, oder
wohl gar rathen, was Schaden bringet.
Weil nun ein Herr ſich auf ſeine Raͤthe
verlaſſen muß, und alſo ſeine gute Inten-
tion, die er fuͤr das Land heget, ihn nichts
hilfft, wenn die Raͤthe entweder unverſtaͤn-
dig, oder nicht aufrichtig ſind: ſo ſollen
keine Perſonen zu wuͤrcklichen Raͤthen an-
genommen werden, als die bereits durch
vielfaͤltige Proben ihre gute Qualitaͤten
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junge Leute zu Raͤthen angenommen wer-
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