Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
Mühe gantz vergebens, wann man der-
gleichen vollkommenen Staat beschrei-
ben wolte: denn er wäre ein Spiegel,
darinnen wir die Unvollkommenheit
unserer Staate erblicken könten, und
ein Probier-Stein, daran sich das Gu-
te in unseren Staaten zu erkennen gä-
be. Allein da ich mir vor diesesmahl
nichts weiter vorgenommen, als nach
meiner Art, das ist, deutlich und gründ-
lich zu zeigen, wie sich ein Staat auf
unserem Erdboden einrichten lässet; so
habe ich auch solche Menschen dazu neh-
men müssen, wie wir auf dem Erdbo-
den antreffen. Man findet demnach
in diesem Buche zureichende Lehren,
daraus man von allem demjenigen, was
im gemeinen Wesen vorkommet, richtigen
Grund anzeigen und alles, was zu ei-
nem Staate gehöret, oder irgendswo
darinnen angetroffen wird, vernünff-
tig beurtheilen kan. Wer meine Art

ver-
)( 3

Vorrede.
Muͤhe gantz vergebens, wann man der-
gleichen vollkommenen Staat beſchrei-
ben wolte: denn er waͤre ein Spiegel,
darinnen wir die Unvollkommenheit
unſerer Staate erblicken koͤnten, und
ein Probier-Stein, daran ſich das Gu-
te in unſeren Staaten zu erkennen gaͤ-
be. Allein da ich mir vor dieſesmahl
nichts weiter vorgenommen, als nach
meiner Art, das iſt, deutlich und gruͤnd-
lich zu zeigen, wie ſich ein Staat auf
unſerem Erdboden einrichten laͤſſet; ſo
habe ich auch ſolche Menſchen dazu neh-
men muͤſſen, wie wir auf dem Erdbo-
den antreffen. Man findet demnach
in dieſem Buche zureichende Lehren,
daraus man von allem demjenigen, was
im gemeinen Weſen vorkom̃et, richtigen
Grund anzeigen und alles, was zu ei-
nem Staate gehoͤret, oder irgendswo
darinnen angetroffen wird, vernuͤnff-
tig beurtheilen kan. Wer meine Art

ver-
)( 3
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="preface">
        <p><pb facs="#f0009"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vorrede.</hi></hi></fw><lb/>
Mu&#x0364;he gantz vergebens, wann man der-<lb/>
gleichen vollkommenen Staat be&#x017F;chrei-<lb/>
ben wolte: denn er wa&#x0364;re ein Spiegel,<lb/>
darinnen wir die Unvollkommenheit<lb/>
un&#x017F;erer Staate erblicken ko&#x0364;nten, und<lb/>
ein Probier-Stein, daran &#x017F;ich das Gu-<lb/>
te in un&#x017F;eren Staaten zu erkennen ga&#x0364;-<lb/>
be. Allein da ich mir vor die&#x017F;esmahl<lb/>
nichts weiter vorgenommen, als nach<lb/>
meiner Art, das i&#x017F;t, deutlich und gru&#x0364;nd-<lb/>
lich zu zeigen, wie &#x017F;ich ein Staat auf<lb/>
un&#x017F;erem Erdboden einrichten la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et; &#x017F;o<lb/>
habe ich auch &#x017F;olche Men&#x017F;chen dazu neh-<lb/>
men mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wie wir auf dem Erdbo-<lb/>
den antreffen. Man findet demnach<lb/>
in die&#x017F;em Buche zureichende Lehren,<lb/>
daraus man von allem demjenigen, was<lb/>
im gemeinen We&#x017F;en vorkom&#x0303;et, richtigen<lb/>
Grund anzeigen und alles, was zu ei-<lb/>
nem Staate geho&#x0364;ret, oder irgendswo<lb/>
darinnen angetroffen wird, vernu&#x0364;nff-<lb/>
tig beurtheilen kan. Wer meine Art<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">)( 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0009] Vorrede. Muͤhe gantz vergebens, wann man der- gleichen vollkommenen Staat beſchrei- ben wolte: denn er waͤre ein Spiegel, darinnen wir die Unvollkommenheit unſerer Staate erblicken koͤnten, und ein Probier-Stein, daran ſich das Gu- te in unſeren Staaten zu erkennen gaͤ- be. Allein da ich mir vor dieſesmahl nichts weiter vorgenommen, als nach meiner Art, das iſt, deutlich und gruͤnd- lich zu zeigen, wie ſich ein Staat auf unſerem Erdboden einrichten laͤſſet; ſo habe ich auch ſolche Menſchen dazu neh- men muͤſſen, wie wir auf dem Erdbo- den antreffen. Man findet demnach in dieſem Buche zureichende Lehren, daraus man von allem demjenigen, was im gemeinen Weſen vorkom̃et, richtigen Grund anzeigen und alles, was zu ei- nem Staate gehoͤret, oder irgendswo darinnen angetroffen wird, vernuͤnff- tig beurtheilen kan. Wer meine Art ver- )( 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/9
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/9>, abgerufen am 21.11.2024.