Mor.) weitläufftig ausgeführet worden. Absonderlich finde ich hierzu sehr dienlich, wenn man Exempel anderer sich vor Augen stellet. Denn wenn ich mir einen Mann, der sich in derjenigen Lebens-Art, die man sich erwehlet, mit Ruhm hervorgethan, zum Muster vorstelle; so sehe ich nicht allein, was mir noch fehlet und wornach ich mich zu bemühen habe, sondern indem man bey ihm wahrnimmet, was uns noch abgehet, bekommet man dadurch einen neuen Trieb zu fernerem und mehrerem Fleisse. Jch rede, was ich erfahren, und ein jeder sie- het, daß dieses nicht allein für Kinder die- net, sondern bey jedermann gut thut, er mag es so weit gebracht haben als er wil.
Wie man sie klug machen sol.
§. 109.
Weil durch Klugheit ausge- führet wird, was weißlich erdacht worden (§. 327 Mor.); so hat man ferner davor zu sargen, daß die Kinder bey Zeiten klug gemacht werden: wozu dasjenige dienlich ist, was davon (§. 329 & seqq. Mor.) bey- gebracht worden. Absonderlich muß man ihnen allerhand Exempel vorstellen, damit sie aus den löblichen lernen, was zu thun ist; hingegen aus den unglücklichen, was sie meiden sollen (§. 333 Mor.). Und in dieser Absicht muß man sie gewöhnen auf der Menschen Thun und Lassen acht zu ha- ben, und dabey zu untersuchen, wie sie sich dadurch entweder Vortheil oder Schaden
schaf-
Das 3. Cap. Von der
Mor.) weitlaͤufftig ausgefuͤhret worden. Abſonderlich finde ich hierzu ſehr dienlich, wenn man Exempel anderer ſich vor Augen ſtellet. Denn wenn ich mir einen Mann, der ſich in derjenigen Lebens-Art, die man ſich erwehlet, mit Ruhm hervorgethan, zum Muſter vorſtelle; ſo ſehe ich nicht allein, was mir noch fehlet und wornach ich mich zu bemuͤhen habe, ſondern indem man bey ihm wahrnimmet, was uns noch abgehet, bekommet man dadurch einen neuen Trieb zu fernerem und mehrerem Fleiſſe. Jch rede, was ich erfahren, und ein jeder ſie- het, daß dieſes nicht allein fuͤr Kinder die- net, ſondern bey jedermann gut thut, er mag es ſo weit gebracht haben als er wil.
Wie man ſie klug machen ſol.
§. 109.
Weil durch Klugheit ausge- fuͤhret wird, was weißlich erdacht worden (§. 327 Mor.); ſo hat man ferner davor zu ſargen, daß die Kinder bey Zeiten klug gemacht werden: wozu dasjenige dienlich iſt, was davon (§. 329 & ſeqq. Mor.) bey- gebracht worden. Abſonderlich muß man ihnen allerhand Exempel vorſtellen, damit ſie aus den loͤblichen lernen, was zu thun iſt; hingegen aus den ungluͤcklichen, was ſie meiden ſollen (§. 333 Mor.). Und in dieſer Abſicht muß man ſie gewoͤhnen auf der Menſchen Thun und Laſſen acht zu ha- ben, und dabey zu unterſuchen, wie ſie ſich dadurch entweder Vortheil oder Schaden
ſchaf-
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Das 3. Cap. Von der
Mor.) weitlaͤufftig ausgefuͤhret worden.
Abſonderlich finde ich hierzu ſehr dienlich,
wenn man Exempel anderer ſich vor Augen
ſtellet. Denn wenn ich mir einen Mann,
der ſich in derjenigen Lebens-Art, die man
ſich erwehlet, mit Ruhm hervorgethan, zum
Muſter vorſtelle; ſo ſehe ich nicht allein,
was mir noch fehlet und wornach ich mich
zu bemuͤhen habe, ſondern indem man bey
ihm wahrnimmet, was uns noch abgehet,
bekommet man dadurch einen neuen Trieb
zu fernerem und mehrerem Fleiſſe. Jch
rede, was ich erfahren, und ein jeder ſie-
het, daß dieſes nicht allein fuͤr Kinder die-
net, ſondern bey jedermann gut thut, er
mag es ſo weit gebracht haben als er wil.
§. 109.Weil durch Klugheit ausge-
fuͤhret wird, was weißlich erdacht worden
(§. 327 Mor.); ſo hat man ferner davor
zu ſargen, daß die Kinder bey Zeiten klug
gemacht werden: wozu dasjenige dienlich
iſt, was davon (§. 329 & ſeqq. Mor.) bey-
gebracht worden. Abſonderlich muß man
ihnen allerhand Exempel vorſtellen, damit
ſie aus den loͤblichen lernen, was zu thun
iſt; hingegen aus den ungluͤcklichen, was
ſie meiden ſollen (§. 333 Mor.). Und in
dieſer Abſicht muß man ſie gewoͤhnen auf
der Menſchen Thun und Laſſen acht zu ha-
ben, und dabey zu unterſuchen, wie ſie ſich
dadurch entweder Vortheil oder Schaden
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/98>, abgerufen am 22.11.2024.
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