thun. Und deswegen können auch stehen- de Materien, als Bley, Zinn, Wachs etc. fliessend werden, ohne daß die Figur ihrer Theile geändert werden darf: auch werden ohne dergleichen Veränderung die- selben wieder stehend. Ja da selbst das Wasser und andere flüßige Materie bloß dadurch stehend werden, daß ihnen die Wärme entgehet (§. 55); so müssen auch die Theile des Wassers und anderer flüßiger Cörper so beschaffen seyn, daß sie feste an einander hangen können, wenn nur nichts vorhanden, welches ihre Berührung hin- dert.
§. 58.
Wir sehen auch hieraus ferner, daßUnter- scheid flüßiger Cörper und in einem Hauffen bey ein- ander lie- gender Theile. zur Flüßigkeit nicht genung ist, daß die Thei- le des Cörpers bloß von einander getrennet sind und in einem Hauffen bey einander lie- gen; sondern über dieses eine Materie er- fordert wird, die ihnen proportionirliche Theile hat, so sich zwischen jene gesellen. Und daher sehen wir den Unterscheid, wel- cher zwischen einem flüßigen Cörper und ei- nem Hauffen bey einander liegender Dinge von einerley Art, zum Exempel einem Korn-Hauffen, sich befindet. Nemlich hier ist keine veränderliche oder fremde Materie vorhanden, die in proportionirlichen Thei- len mit ihnen dergestalt vermischet wäre, daß zweyen Körnern Korn z. E. auch ein
Korn
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wegen der veraͤnderlichen Materie.
thun. Und deswegen koͤnnen auch ſtehen- de Materien, als Bley, Zinn, Wachs ꝛc. flieſſend werden, ohne daß die Figur ihrer Theile geaͤndert werden darf: auch werden ohne dergleichen Veraͤnderung die- ſelben wieder ſtehend. Ja da ſelbſt das Waſſer und andere fluͤßige Materie bloß dadurch ſtehend werden, daß ihnen die Waͤrme entgehet (§. 55); ſo muͤſſen auch die Theile des Waſſers und anderer fluͤßiger Coͤrper ſo beſchaffen ſeyn, daß ſie feſte an einander hangen koͤnnen, wenn nur nichts vorhanden, welches ihre Beruͤhrung hin- dert.
§. 58.
Wir ſehen auch hieraus ferner, daßUnter- ſcheid fluͤßiger Coͤrper und in einem Hauffen bey ein- ander lie- gender Theile. zur Fluͤßigkeit nicht genung iſt, daß die Thei- le des Coͤrpers bloß von einander getrennet ſind und in einem Hauffen bey einander lie- gen; ſondern uͤber dieſes eine Materie er- fordert wird, die ihnen proportionirliche Theile hat, ſo ſich zwiſchen jene geſellen. Und daher ſehen wir den Unterſcheid, wel- cher zwiſchen einem fluͤßigen Coͤrper und ei- nem Hauffen bey einander liegender Dinge von einerley Art, zum Exempel einem Korn-Hauffen, ſich befindet. Nemlich hier iſt keine veraͤnderliche oder fremde Materie vorhanden, die in proportionirlichen Thei- len mit ihnen dergeſtalt vermiſchet waͤre, daß zweyen Koͤrnern Korn z. E. auch ein
Korn
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wegen der veraͤnderlichen Materie.
thun. Und deswegen koͤnnen auch ſtehen-
de Materien, als Bley, Zinn, Wachs ꝛc.
flieſſend werden, ohne daß die Figur ihrer
Theile geaͤndert werden darf: auch
werden ohne dergleichen Veraͤnderung die-
ſelben wieder ſtehend. Ja da ſelbſt das
Waſſer und andere fluͤßige Materie bloß
dadurch ſtehend werden, daß ihnen die
Waͤrme entgehet (§. 55); ſo muͤſſen auch
die Theile des Waſſers und anderer fluͤßiger
Coͤrper ſo beſchaffen ſeyn, daß ſie feſte an
einander hangen koͤnnen, wenn nur nichts
vorhanden, welches ihre Beruͤhrung hin-
dert.
§. 58. Wir ſehen auch hieraus ferner, daß
zur Fluͤßigkeit nicht genung iſt, daß die Thei-
le des Coͤrpers bloß von einander getrennet
ſind und in einem Hauffen bey einander lie-
gen; ſondern uͤber dieſes eine Materie er-
fordert wird, die ihnen proportionirliche
Theile hat, ſo ſich zwiſchen jene geſellen.
Und daher ſehen wir den Unterſcheid, wel-
cher zwiſchen einem fluͤßigen Coͤrper und ei-
nem Hauffen bey einander liegender Dinge
von einerley Art, zum Exempel einem
Korn-Hauffen, ſich befindet. Nemlich hier
iſt keine veraͤnderliche oder fremde Materie
vorhanden, die in proportionirlichen Thei-
len mit ihnen dergeſtalt vermiſchet waͤre,
daß zweyen Koͤrnern Korn z. E. auch ein
Korn
Unter-
ſcheid
fluͤßiger
Coͤrper
und
in einem
Hauffen
bey ein-
ander lie-
gender
Theile.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/125>, abgerufen am 24.11.2024.
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