Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Vorrede. sey bey ihnen umb soviel tieffer einge-wurtzelt, je unwissender sie wären. Bey diesen wäre das gröste Verbre- chen, wenn jemand etwas vorbrächte, was bey vielen, absonderlich aber bey Verständigen, Beyfall findete, indem sie immer in Furchten stünden, es möch- te ihr Ansehen fallen, woferne man es dahin kommen liesse, daß den Leuten die Augen auffgethan würden. Es findeten sich über dieses zancksüchtige Leute, denen verzehrete der Neid alle Farbe und ihr gantzer Safft vertrock- nete für Wiederwillen, daß sie nicht ge- nung zu zancken hätten. Diese legten sich auf harte Verleumdungen, damit sie eine Gelegenheit zu zancken von dem Zaune brechen und dabey ihre Zanck- sucht zubescheinigen einige Ursache fin- den möchten. Es wären eigensinnige Leute, die vermeinten ihre Meinungen wären privilegiret und sie hätten ein Recht alle Wahren zuverbieten, die sie in ihrem Krame nicht führeten. Es wären Bettler an Verstande, die ihren dürfftigen Zustand erkennten, daß sie nie- ):( 4
Vorrede. ſey bey ihnen umb ſoviel tieffer einge-wurtzelt, je unwiſſender ſie waͤren. Bey dieſen waͤre das groͤſte Verbre- chen, wenn jemand etwas vorbraͤchte, was bey vielen, abſonderlich aber bey Verſtaͤndigen, Beyfall findete, indem ſie immer in Furchten ſtuͤnden, es moͤch- te ihr Anſehen fallen, woferne man es dahin kommen lieſſe, daß den Leuten die Augen auffgethan wuͤrden. Es findeten ſich uͤber dieſes zanckſuͤchtige Leute, denen verzehrete der Neid alle Farbe und ihr gantzer Safft vertrock- nete fuͤr Wiederwillen, daß ſie nicht ge- nung zu zancken haͤtten. Dieſe legten ſich auf harte Verleumdungen, damit ſie eine Gelegenheit zu zancken von dem Zaune brechen und dabey ihre Zanck- ſucht zubeſcheinigen einige Urſache fin- den moͤchten. Es waͤren eigenſinnige Leute, die vermeinten ihre Meinungen waͤren privilegiret und ſie haͤtten ein Recht alle Wahren zuverbieten, die ſie in ihrem Krame nicht fuͤhreten. Es waͤren Bettler an Verſtande, die ihren duͤrfftigen Zuſtand erkennten, daß ſie nie- ):( 4
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0029"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/> ſey bey ihnen umb ſoviel tieffer einge-<lb/> wurtzelt, je unwiſſender ſie waͤren.<lb/> Bey dieſen waͤre das groͤſte Verbre-<lb/> chen, wenn jemand etwas vorbraͤchte,<lb/> was bey vielen, abſonderlich aber bey<lb/> Verſtaͤndigen, Beyfall findete, indem<lb/> ſie immer in Furchten ſtuͤnden, es moͤch-<lb/> te ihr Anſehen fallen, woferne man<lb/> es dahin kommen lieſſe, daß den Leuten<lb/> die Augen auffgethan wuͤrden. Es<lb/> findeten ſich uͤber dieſes zanckſuͤchtige<lb/> Leute, denen verzehrete der Neid alle<lb/> Farbe und ihr gantzer Safft vertrock-<lb/> nete fuͤr Wiederwillen, daß ſie nicht ge-<lb/> nung zu zancken haͤtten. Dieſe legten<lb/> ſich auf harte Verleumdungen, damit<lb/> ſie eine Gelegenheit zu zancken von dem<lb/> Zaune brechen und dabey ihre Zanck-<lb/> ſucht zubeſcheinigen einige Urſache fin-<lb/> den moͤchten. Es waͤren eigenſinnige<lb/> Leute, die vermeinten ihre Meinungen<lb/> waͤren privilegiret und ſie haͤtten ein<lb/> Recht alle Wahren zuverbieten, die ſie<lb/> in ihrem Krame nicht fuͤhreten. Es<lb/> waͤren Bettler an Verſtande, die ihren<lb/> duͤrfftigen Zuſtand erkennten, daß ſie<lb/> <fw place="bottom" type="sig">):( 4</fw><fw place="bottom" type="catch">nie-</fw><lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [0029]
Vorrede.
ſey bey ihnen umb ſoviel tieffer einge-
wurtzelt, je unwiſſender ſie waͤren.
Bey dieſen waͤre das groͤſte Verbre-
chen, wenn jemand etwas vorbraͤchte,
was bey vielen, abſonderlich aber bey
Verſtaͤndigen, Beyfall findete, indem
ſie immer in Furchten ſtuͤnden, es moͤch-
te ihr Anſehen fallen, woferne man
es dahin kommen lieſſe, daß den Leuten
die Augen auffgethan wuͤrden. Es
findeten ſich uͤber dieſes zanckſuͤchtige
Leute, denen verzehrete der Neid alle
Farbe und ihr gantzer Safft vertrock-
nete fuͤr Wiederwillen, daß ſie nicht ge-
nung zu zancken haͤtten. Dieſe legten
ſich auf harte Verleumdungen, damit
ſie eine Gelegenheit zu zancken von dem
Zaune brechen und dabey ihre Zanck-
ſucht zubeſcheinigen einige Urſache fin-
den moͤchten. Es waͤren eigenſinnige
Leute, die vermeinten ihre Meinungen
waͤren privilegiret und ſie haͤtten ein
Recht alle Wahren zuverbieten, die ſie
in ihrem Krame nicht fuͤhreten. Es
waͤren Bettler an Verſtande, die ihren
duͤrfftigen Zuſtand erkennten, daß ſie
nie-
):( 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |